FPÖ: Umerziehungslager für Jugendliche?!

Auch die FPÖ hat einen Jugend­sprech­er. Er heißt Chris­t­ian Höbart, ist Nation­al­ratsab­ge­ord­neter und Alter Herr der pen­nalen Burschen­schaft Tau­riska in Baden, also aus­re­ichend qual­i­fiziert, um für die frei­heitliche Jugend zu sprechen. Mit anderen Jugendlichen hat Höbart näm­lich nichts am Hut, vor allem wenn sie links oder migrantis­ch­er Herkun­ft sind.

Über linke Jugendliche ließ sich Höbart in einem offe­nen Brief an das Doku­men­ta­tion­sarchiv des Öster­re­ichis­chen Wider­standes (DÖW), der beze­ich­nen­der­weise von den Alpen-Donau-Nazis veröf­fentlicht wurde, so aus:

„Am Abend ballen dann diese selb­ster­nan­nten Pseudokämpfer für Demokratie, Möchte­gern-Antifaschis­ten und andere Links­be­wegte, nach­dem sie zu Mit­tag von Mut­ti ordentlich gefüt­tert wur­den, die Fäuste und fühlen sich dabei sehr rev­o­lu­tionär“.


Alpen-Donau veröf­fentlicht Brief von Chris­t­ian Höbart
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Höbarts Mei­n­ung von Jugendlichen mit Migra­tionsh­in­ter­grund ist noch schlechter. Höbart liest die Krim­i­nal­sta­tis­tik des Bun­deskrim­i­nalamtes (BKA) und begin­nt zu hyper­ven­tilieren: „Im ersten Hal­b­jahr des heuri­gen Jahres wur­den fast 16 Prozent mehr Straftat­en angezeigt als im Vor­jahr“. Das wäre besorgnis­er­re­gend, ist aber falsch. Tat­säch­lich stieg die Zahl der Anzeigen von 257.486 im ersten Hal­b­jahr 2011 auf 264.931 im ersten Hal­b­jahr 2012, also um 2,9%. Wie Höbart zu seinen „fast 16 Prozent“ Steigerung kommt, bleibt sein Geheim­nis. Nicht sein einziges! Denn im zweit­en Schritt will Höbart näm­lich wis­sen, wer für diesen rapi­den, aber falschen Anstieg der Krim­i­nal­ität ver­ant­wortlich ist: „Ein Großteil der Tatverdächti­gen sind vor allem junge Aus­län­der oder Zuge­wan­derte“. Aha – und wo ste­ht das? Jeden­falls nicht in der Krim­i­nal­sta­tis­tik des BKA für das erste Hal­b­jahr 2012.

Der Anteil von Jugendlichen ins­ge­samt an allen Tatverdächti­gen lag 2011 bei etwas mehr als 10 Prozent (28.045 Jugendliche bei 252.692 Tatverdächti­gen ins­ge­samt im Jahr 2011). Wenn also „junge Aus­län­der oder Zuge­wan­derte“ im ersten Hal­b­jahr 2012 den „Großteil der Tatverdächti­gen“ aus­machen wür­den, dann würde diese Steigerung um mehr als 1000 Prozent bei annäh­ernd gle­ich­er Zahl von Tatverdächti­gen die heimis­che Szene von Krim­inellen weit­ge­hend arbeit­s­los gemacht haben.

Aufmerk­same LeserIn­nen bemerken die Absicht­en Höbarts und sind ver­stimmt. Doch der lässt sich nicht aus der Fas­sung brin­gen und „über­denkt“ bere­its Maß­nah­men, mit denen jugendliche (migrantis­che) Tatverdächtige von dieser Steigerung abge­hal­ten wer­den könnten.

„In Ameri­ka haben sich ‚Boot Camps’ bere­its gut etabliert, worauf auch viele Befür­worter hin­weisen“, denkt FPÖ-Jugend­sprech­er Höbart in sein­er OTS- Aussendung vom 30. August 2012 in einem klas­sis­chen Zirkelschluss an: dass die Befür­worter von Boot-Camps darauf hin­weisen, dass sich Boot-Camps „gut etabliert“ haben, ist eigentlich klar.


Bildquelle: Project NoSpank
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Mit der Real­ität hat das freilich nichts zu tun. Die Boot-Camps der USA sind kein Mit­tel der Strafjus­tiz, son­dern eine frei wählbare Alter­na­tive dazu. Verurteil­ten jugendlichen Straftä­terIn­nen wird bisweilen die Wahl eröffnet, sechs Monate ins Boot-Camp zu gehen, statt z.B. zwei Jahre in Strafhaft. Der „Erfolg“ der Boot-Camps ist mehr als zweifel­haft: Die Dropout-Rate liegt bei weit über 40%, und die Rück­fall­häu­figkeit ist im Wesentlichen genau­so hoch wie bei Straftä­terIn­nen, die kein Boot-Camp akzep­tieren. Allein im Jahr 2005 reg­istri­erte das US-Jus­tizmin­is­teri­um mehr als 1600 Über­griffe in Boot-Camps. Kein Wun­der: Das Brechen der Per­sön­lichkeit der InsassIn­nen ist das Prinzip von Boot-Camps…

Einen frei­heitlichen Jugend­sprech­er der FPÖ, der alter Herr ist, braucht das nicht zu beküm­mern. Im Gegen­teil: „Junge Leute erfahren dort Diszi­plin und mil­itärischen Drill, was sie auf einen besseren Lebensweg brin­gen soll.“ (OTS Höbart).

Aber eigentlich ist es Höbart ja gar nicht um jugendliche Delin­quenz gegan­gen, son­dern um eine bil­lige, wenn auch falsche Polemik gegen „aus­ländis­che“ Tatverdächtige.