Der militärische Zusammenbruch des NS-Regimes im Jahr 1945 führte zu Flucht- und Absetzbewegungen der mit den Nazis verbundenen kroatischen Streitkräfte, faschistischen Ustascha-Milizen und den Resten der Wehrmachtsverbände, die in Richtung Kärnten marschierten. Für sie war der Krieg mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 nicht zu Ende: die Heeresgruppe E kapitulierte etwa erst am 10.Mai, während die Truppen der Jugoslawischen Volksbefreiungsarmee schon am 8. Mai, wenige Stunden nach den Briten, in Klagenfurt einmarschiert waren.
Die Kampfhandlungen dauerten noch bis 14. Mai an. An diesem Tag ersuchten die Kommandeure der Truppen des Ustascha-Staates, die rund um Bleiburg eingekesselt waren, um Übernahme in britische Kriegsgefangenschaft, was abgelehnt wurde. Die bedingungslose Kapitulation, die daraufhin erfolgte, führte zur Übergabe an die Truppen der Jugoslawischen Befreiungsarmee mit dem Ziel eines Rücktransports nach Jugoslawien. Dabei kam es schon in Bleiburg, aber vor allem beim Rücktransport zu zahlreichen Massakern an den gefangenen Militärs, Ustascha-Milizen, aber auch ZivilistInnen.
Ustascha-Feiern in Bleiburg/Pliberk, 2008, Bildquelle: u‑berg.at
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Dieser Massaker von Bleiburg wird seit Jahrzehnten an der Gedenkstätte im Friedhof von Unterloibach und bei einer Festmesse im Bleiburger Feld gedacht. Zu Titos Zeiten war der Totenkult ein Aufmarsch von Ustascha-Anhängern, nach der Unabhängigkeit von Kroatien wurde es Teil der offiziellen kroatischen Gedenkkultur, in der eine positive Bezugnahme auf die Ustascha-Ideologie („Großkroatien“, ethnische Säuberungen) durchaus erwünscht war.
Erst in den letzten Jahren ist der Aufmarsch der kroatischen Trauernden in Bleiburg in der österreichischen Öffentlichkeit angekommen.
2006 berichtete die „Kleine Zeitung“ (16.5.2006), dass bei der offiziellen Gedenkfeier, die vom kroatischen Fernsehen live übertrag wurde, mehrere Personen die Symbole der Ustascha-Faschisten und auch des festgenommenen kroatischen Generals Ante Gotovina trugen. Gotovina stand zwischen 2008 und 2011 vor dem Haager Kriegsverbrecher-Tribunal und wurde wegen verschiedener Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Mord, Vertreibung, Plünderung) zu einer hohen Haftstrafe verurteilt.
Der „Falter“, der den Aufmarsch 2008 beobachtet hatte, sah nicht nur Einzelne, sondern neben der offiziellen Trauergemeinde „wohl an die hundert Personen“ mit Ustascha- und anderen schwarzen Fahnen: „Jugendliche Neofaschisten fotografierten einander in aller kroatischen Öffentlichkeit, aber auch wiederholt mit zum Hitlergruß erhobener Hand. Auffällig waren auch weitere T‑Shirt-Motive, etwa Porträts des kroatischen „Führers“ und Kriegsverbrechers Ante Pavelic, der sich im Unterschied zu den 1945 in Bleiburg an Tito Ausgelieferten dank Unterstützung katholischer Würdenträger in Sicherheit bringen konnte, Bilder des kroatischen Generals Ante Gotovina, aber auch zahlreiche Darstellungen, die Marko Perkovic alias Thompson zeigen. Der nationalistische Popsänger, dem offene Sympathien für das faschistische Kroatien vorgeworfen werden, hatte kürzlich für einen Kärntner Eklat gesorgt: nach Protesten war ein in St. Andrä im Lavanttal für kroatische Fussballfans geplantes Konzert abgesagt worden, nun will Landeshauptmann Jörg Haider (BZÖ) den Sänger zur Entschädigung zu einem EM-Spiel nach Klagenfurt einladen“ (Falter Nr. 21 vom 21.5.2008).
Ustascha-Feiern in Bleiburg/Pliberk, 2008, Bildquelle: u‑berg.at
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Nach den Eklats der Vorjahre versuchte die konservative Regierung Kroatiens 2010 eine allzu positive Bezugnahme auf das Ustascha-Regime bei den Gedenkfeiern zu vermeiden. Die Veranstaltung wurde mit Videokameras überwacht, kroatische und österreichische Ordnungsdienste hatten eine „mobile Haft“ für alle jene, die österreichische Gesetze verletzen, eingerichtet: „Einige Teilnehmer ließen sich nicht davon abhalten, ihre Sympathie für die Ustascha-Bewegung in Form militärischer Abzeichen offenzulegen“ (Kleine Zeitung, 16.5.2010).
Zu den Totenehrungen 2012 reisten an die 8.000 Kroaten an. Die neue linksliberale kroatische Regierung hatte schon zuvor beschlossen, künftig die Veranstaltung nicht mehr zu finanzieren und auch keinen Ehrenschutz mehr zu übernehmen. Die katholische Kirche Kroatiens war hingegen mit einem Bischof und zahlreichen Geistlichen präsent. Die „Kleine Zeitung“ berichtete am 13.5. 2012 über die Gedenkfeier vom Vortag etwas zu optimistisch:
„Die kroatischen Veranstalter hatten mit eigenen Sicherheitsleuten dafür gesorgt, dass es zu keinen nationalistischen Auswüchsen bei der Gedenkveranstaltung kam. In der Menge der Teilnehmer waren zwar kurz geschorene Männer mit einschlägigen Parolen auf ihren T‑Shirts zu sehen, sie verhielten sich bei der Kundgebung jedoch ruhig“ (Kleine Zeitung, 13.5.2012).
Einer offensichtlich nicht. Der Kroate Davor T. sitzt, wie die „Krone“ vom 29.6.2012 meldet, in Klagenfurt in U‑Haft, weil er bei der Gedenkveranstaltung die rechte Hand zum einschlägigen Gruß gehoben und dabei „Sieg Heil“ gerufen haben soll. Damit würde auch die Ausrede, es habe sich um den Ustascha-Gruß gehandelt, nicht mehr ziehen. Die Ustascha-Grußformel wird ebenfalls mit der rechten Hand ausgeführt, dabei wird allerdings „Za Dom –Spremni!“(Für die Heimat- Bereit!) gerufen. Der Anwalt von Davor T. ist mit Haftprüfungsanträgen bisher abgeblitzt und rechnet ebenfalls mit einem Geschworenenprozess wegen NS-Wiederbetätigung („Krone“, 29.6.2012).
Siehe auch: Memoiren von Pavla Apovnik, DÖW.