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Martin Graf – der Anwalt der Rechten

Für die Rech­ten in der FPÖ und die Bur­schen­schaf­ter ist er ihr Anwalt im Par­la­ment – ein Rechts­an­walt ist Mar­tin Graf, Drit­ter Prä­si­dent des Natio­nal­rats, Alter Herr der rechts­extre­men Bur­schen­schaft Olym­pia, den­noch nicht. War­um bezeich­ne­te ihn die FPÖ aber so? Zwi­schen 1992 und 2002 werk­te Mar­tin Graf als Rechts­an­walts­an­wär­ter. Für die Zulas­sung zur Rechts­an­walts­prü­fung sind unter […]

13. Jun 2012

Zwi­schen 1992 und 2002 werk­te Mar­tin Graf als Rechts­an­walts­an­wär­ter. Für die Zulas­sung zur Rechts­an­walts­prü­fung sind unter ande­rem drei Jah­re Prak­ti­kum Vor­aus­set­zung. War­um Graf zehn Jah­re für die Prü­fung durch­star­te­te, ent­zieht sich unse­rer Kennt­nis. Aber Mar­tin Graf war auch damals schon ein viel­be­schäf­tig­ter Mann: Abge­ord­ne­ter zum Natio­nal­rat, Rechts­an­walts­an­wär­ter, geschäfts­füh­ren­der Gesell­schaf­ter im Restau­rant Micha­el Graf und zuletzt auch noch Mit­glied des Über­lei­tungs­aus­schus­ses der Pen­si­ons­ver­si­che­rungs­an­stalt (PVA).

Bei so vie­len ver­ant­wor­tungs­vol­len Tätig­kei­ten könn­te es schon zu einer klei­nen Unauf­merk­sam­keit kom­men, z.B. einem Ein­trag auf dem Wahl­vor­schlag, der Mar­tin Graf als Rechts­an­walt aus­weist. Es könn­te ja auch die Behör­de die Berufs­be­zeich­nung falsch über­tra­gen haben?

Nach­dem die „Kro­ne“ ver­öf­fent­licht hat­te, dass Graf 1994 auf der Wahl­vor­schlags­lis­te der FPÖ (Regio­nal­wahl­kreis Wien Nord) und 1999 auf der Bun­des­par­tei­lis­te der FPÖ für die Natio­nal­rats­wah­len die Berufs­be­zeich­nung „Rechts­an­walt“ trug, muss­te Her­bert Kickl als Gene­ral­se­kre­tär der FPÖ gleich mehr­mals aus­rü­cken, um jeden Schat­ten eines Ver­dachts zu demen­tie­ren. Zunächst schien die Sache noch eine Rou­ti­ne­übung zu sein. Kickl orte­te ein­mal mehr eine „gehäs­si­ge Medi­en­kam­pa­gne“:

„Ich bin schon gespannt, wel­che Ent­hül­lun­gen über Mar­tin Graf mor­gen die Titel­blät­ter der hei­mi­schen Zei­tun­gen fül­len wer­den”, meint Kickl. „Kommt nach dem Erb­schlei­cher und dem Hoch­stap­ler jetzt noch der Kin­der­schän­der? Oder der Ter­ro­rist? Oder Bank­räu­ber?” (APA, 9.6.2012). Es hand­le sich gewiss um einen „Feh­ler bei der Lis­ten­er­stel­lung oder ‑ver­öf­fent­li­chung”, so Kickl weiter.

Als dann am 11.6. von der Wie­ner Stadt­rä­tin San­dra Frau­en­ber­ger bekannt­ge­ge­ben wur­de, dass Mar­tin Graf bei fünf Wah­len auf ins­ge­samt elf Wahl­lis­ten mit der Berufs­be­zeich­nung „Rechts­an­walt“ ange­führt war und ein Ver­se­hen der Behör­de „sehr unwahr­schein­lich“ sei, ruder­te Kickl etwas zurück. „Graf hat Berufs­be­zeich­nung immer völ­lig kor­rekt ange­ge­ben“ (OTS 0188, 11.6.2012), wuss­te der Gene­ral­se­kre­tär zu berich­ten und erzähl­te die neue Ver­si­on vom „Feh­ler der dama­li­gen Geschäfts­stel­le im Zuge der Wei­ter­lei­tung der Lis­ten an die zustän­di­ge Wahl­be­hör­de“. Qua­si Sabo­ta­ge im eige­nen Lager! Erleich­tert zeig­te sich Kickl dar­über, dass „unter der Admi­nis­tra­ti­on von HC Stra­che“ kein der­ar­ti­ger „büro­kra­ti­scher Feh­ler“ mehr pas­siert sei.

Wir hät­ten da den­noch Fra­gen! Am 22. 6. 1994 prä­sen­tier­te der dama­li­ge Wie­ner FPÖ-Lan­des­par­tei­vor­sit­zen­de Rai­ner Paw­ko­wicz, übri­gens auch ein Olym­pe, die Wie­ner Lan­des­lis­te der FPÖ mit Mar­tin Graf als „Rechts­an­walt“ (OTS 0026 vom 22.6.1994). Paw­ko­wicz ist mitt­ler­wei­le ver­stor­ben, kann also dazu nicht mehr befragt wer­den, aber: Weiß ein Lan­des­vor­sit­zen­der und Olym­pe nicht, was sein Kan­di­dat und Olym­pen-Bru­der beruf­lich macht?

1999 ver­kün­de­te der nächs­te Wie­ner FPÖ-Obmann, Hil­mar Kabas, die Spit­zen­kan­di­da­tIn­nen der FPÖ und stell­te neu­er­lich Mar­tin Graf als „Rechts­an­walt“ vor (OTS0076 vom 3.8.1999). Feh­ler, Irr­tum!!! In besag­ter Aus­sendung wur­de Mar­tin Graf als Micha­el Graf, Rechts­an­walt, vor­ge­stellt. Drei Stun­den spä­ter folg­te eine neu­er­li­che Aus­sendung des Frei­heit­li­chen Pres­se­diens­tes, in der ein­zig der fal­sche Vor­na­me auf Mar­tin kor­ri­giert wur­de – der „Anwalt“ blieb (OTS, 3.8.1999).

Her­bert Kickl hat noch kei­ne Erklä­rung nach­ge­lie­fert, war­um zwei Par­tei­vor­sit­zen­de der Wie­ner FPÖ in ihren Pres­se­au­sen­dun­gen Mar­tin Graf als „Anwalt“ bezeich­net haben, aber wir sind sicher, es kommt noch was nach. Eine Erklä­rung, dass Par­tei­vor­sit­zen­de der (Wie­ner) FPÖ rela­tiv häu­fig das nach­plap­pern, was ihnen omi­nö­se Geschäfts­stel­len der FPÖ vor­ge­ben, hal­ten wir nicht für wahrscheinlich.

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