Der Antisemitismus als Mittel zum Zweck

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In Tou­lou­se wur­den jüdi­sche Kin­der ermor­det – vor­geb­lich als Ver­gel­tung für getö­te­te paläs­ti­nen­si­sche Kin­der. Im Mit­tel­al­ter wur­den Juden ver­folgt und ermor­det, weil sie angeb­lich christ­li­che Kin­der geschän­det und getö­tet hät­ten. Der Natio­nal­so­zia­lis­mus ver­such­te, Jüdin­nen und Juden sys­te­ma­tisch und indus­tri­ell zu ver­nich­ten. Anti­se­mi­tis­mus ist auch heu­te noch gut ver­an­kert in der Gesell­schaft- das zei­gen vie­le Umfra­gen. Jetzt machen sich Rech­te und Rechts­extre­me Sor­gen um den Anti­se­mi­tis­mus. Berechtigt?

Jan Acker­mei­er, aktu­ell Chef vom Dienst bei „Zur Zeit“, Bur­schen­schaf­ter der Teu­to­nia Wien und der Nor­man­nia Nibe­lun­gen in Bie­le­feld, beschäf­tigt sich in einem Kom­men­tar in „Zur Zeit“ (Nr. 5–6/2012) mit dem Anti­se­mi­tis­mus in Deutsch­land. Der sar­kas­ti­sche Unter­ton ist schon im Ein­lei­tungs­satz bemerkbar:

„Es waren wie­der ein­mal alar­mie­ren­de Neu­ig­kei­ten, die uns im bun­des­deut­schen Blät­ter­wald ent­ge­gen­rausch­ten“, mokiert sich Ackermeier.


Bild: dpa, Bild­quel­le: taz.de
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Laut einer neu­en Stu­die der Uni­ver­si­tät Bie­le­feld ist jeder fünf­te Deut­sche latent oder offen anti­se­mi­tisch. Kei­nes der eta­blier­ten Medi­en – so Acker­mei­er kla­gend – hin­ter­fra­ge die „Metho­den und die Fra­gen in der Stu­die“. Auf wel­che Stu­die sich Acker­mei­er bezieht, ver­schweigt er aber. Gemeint ist die Lang­zeit­stu­die des Sozi­al­wis­sen­schaf­ters Wil­helm Heit­mey­er, der seit Jah­ren empi­risch und ana­ly­tisch die „Deut­schen Zustän­de“ und Befind­lich­kei­ten beforscht. In sei­nem jüngs­ten Bericht „Deut­sche Zustän­de“ (erschie­nen bei Suhr­kamp) stellt Heit­mey­er im Rah­men sei­ner Lang­zeit­un­ter­su­chung „Grup­pen­be­zo­ge­ne Men­schen­feind­lich­keit“ die neu­es­ten Ergeb­nis­se vor und ver­gleicht sie mit vor­an­ge­gan­ge­nen Jahren.

Acker­mei­er aber geht es nicht um die Ergeb­nis­se die­ser Stu­die, die für Deutsch­land eine rela­ti­ve Abnah­me (!) anti­se­mi­ti­scher Vor­ur­tei­le fest­hal­ten, son­dern um die ver­wen­de­ten Fra­gen. Die zustim­men­de Bewer­tung von Aus­sa­gen wie „Juden haben in Deutsch­land zu viel Ein­fluss“, „Juden ver­su­chen heu­te Vor­tei­le dar­aus zu zie­hen, dass sie wäh­rend der Nazi-Zeit die Opfer gewe­sen sind“ oder „Bei der Poli­tik, die Isra­el macht, kann man gut ver­ste­hen, dass man Juden nicht mag“ hat für Acker­mei­er nichts mit Anti­se­mi­tis­mus zu tun: „Was die­ses Ansicht mit Juden­feind­lich­keit zu tun haben könn­te, ver­schwei­gen die Stu­di­en­ma­cher aller­dings“.

Die Stu­di­en­ma­cher soll­ten sich lie­ber mit dem Anti­se­mi­tis­mus, der „vor allem von den mas­sen­haft zuge­wan­der­ten Stein­zeit-Isla­mis­ten“ impor­tiert wor­den sei, beschäftigen.

Nun, die Stu­die setzt sich auch mit dem Anti­se­mi­tis­mus von Migran­tIn­nen aus­ein­an­der – das inter­es­siert Acker­mei­er aber gar nicht. Er igno­riert auch die Zunah­me von Vor­ur­tei­len gegen­über Obdach­lo­sen so wie die rela­tiv star­ke Ableh­nung von Mus­li­men, die bei den Deut­schen fest­ge­stellt wur­de. Ja, er nutzt den auch bei Zuwan­de­rern vor­han­de­nen Anti­se­mi­tis­mus als Mit­tel zum Zweck, die ras­sis­ti­sche Ableh­nung aller Men­schen, die zufäl­lig Mus­li­me sind, kräf­tig zu schü­ren („Stein­zeit-Isla­mis­ten“).

Aber ist der Anti­se­mi­tis­mus bei Zuwan­de­rern stär­ker aus­ge­prägt? Ergeb­nis­se einer Stu­die aus Ober­ös­ter­reich ver­nei­nen dies.

Seit den Mord­an­schlä­gen von Tou­lou­se, bei denen der Atten­tä­ter auch jüdi­sche Kin­der ermor­det hat, sor­gen sich Rech­te und Rechts­extre­me ver­mehrt um den Anti­se­mi­tis­mus bei Zuwan­de­rern. Dabei hät­ten sie so wie Acker­mei­er, der Teu­to­ne, jeden Grund, vor der eige­nen Türe zu keh­ren!