Martin Graf, Dritter Präsident des Nationalrats und Alter Herr der rechtsextremen Burschenschaft „Olympia“, hat wieder einmal Ungemach. Ausgerechnet während der Alte Herr und Präsident zu einem Arbeitsbesuch in Chile bzw. Paraguay weilt, bringt der „Falter“ einen Bericht mit dem Vorwurf von Harald Walser, Bildungssprecher der Grünen, wonach „unzensuriert.at“, der Infobrief von Graf, per Mail an Adressen verschickt wurde, die aus dem internen Mail-Verteiler von Seibersdorf stammen.
Seibersdorf, das war die Wirkungsstätte von Martin Graf zwischen seinen Nationalratsmandaten. Zwischen 2003 und 2006 werkte er dort als Prokurist und auch als Geschäftsführer der arc-business-GmbH und versorgte etliche Burschenschafter und Freiheitliche mit Jobs. Graf brachte es sogar zu einer Erwähnung im renommierten Wissenschaftsmagazin „Scientist“, das den blauen Nepotismus anprangerte.
Bei seinem Abgang aus Seibersdorf nimmt Graf 220.000 Euro Abfindung und eine Sonderprämie von 50.000 Euro mit. Und natürlich viele neue Kontakte. Einige Seibersdorfer Angestellte rätseln jedenfalls, warum sie den Newsletter von „unzensuriert“ erhalten, obwohl sie ihn nicht bestellt haben. Als Mailadresse wurde eine a1.net-Adresse verwendet, die nur im internen Verzeichnis des Forschungszentrums vorkommt: „Sonst findet man sie nirgends”, erklärt ein Betroffener dem „Falter“: „Entweder Graf hat sie mitgenommen, oder sie wurden ihm zugespielt. Es waren ja genügend von Graf installierte Burschenschafter dort tätig, die ihm sicher gerne den Gefallen getan haben.” (Falter Nr. 43, 27.10.2011)
Graf weist den Vorwurf des Datenklaus natürlich von sich: „Mein Adressatenkreis setzt sich aus Personen zusammen, mit denen ich im Lauf meiner politischen Karriere, aber auch privat in Kontakt gekommen bin und die an meiner politischen Tätigkeit interessiert sind“, lässt er über seinen Pressesprecher dem „Falter“ ausrichten. Von seinem Pressesprecher? Von Alexander Höferl? Der ist praktischerweise auch der stellvertretende Obmann des Vereins „unzensuriert”, der mittlerweile für die Homepage verantwortlich zeichnet und ein Print-Magazin gleichen Namens herausgibt. Den Obmann des Vereins darf Walter Asperl, Büroleiter des Dritten Präsidenten, spielen. Für sich selbst hat Martin Graf nur mehr die Rolle des Initiators und Gastkommentators vorgesehen. Dann und wann gewährt der Dritte Präsident „unzensuriert“ auch ein Interview mit sich. Ja, und dann wird der Newsletter von „unzensuriert“, bei Graf „Infobrief“ genannt, auch noch von Martin Graf verschickt. Dafür verwendet er den Mailabsender [email protected], verweist aber darauf, dass Antworten an diese Mailadresse nicht gelesen werden, man ihn jedoch unter der offiziellen Mailadresse des Parlaments kontaktieren könne.
„Antworten auf diese Email werden nicht gelesen”
Ob Martin Graf bzw. „unzensuriert“ da wirklich immer zwischen privaten, politischen, beruflichen und offiziellen Kontakten und Funktionen trennen können? Harald Walser will jedenfalls juristische Schritte prüfen.