Schräge Argumente
Mit ziemlich schrägen Argumenten wird versucht, die Ehrenbürgerschaft Hitlers, die in zumindest zwei Zeitungen aus der Nazi-Zeit für Braunau dokumentiert wird, kleinzureden. Die Ehrenbürgerschaft wurde zum „Gerücht“ (Österreich, 3.7.2011) bzw. durch die oberösterreichische Gemeindeordnung von 2008 als erloschen erklärt. Die Archivare erklärten, dass sie nichts gefunden hätten (OÖN, 30.6.2011) bzw. dass sie nichts finden konnten: „Die Aktenlage der Stadt ist eher dürftig.“ (Kurier, 5.7.2011)
Ein besonders originelles Argument: Die Ehrenbürgerschaft Hitlers sei damals in den Medien eher beiläufig abgehandelt worden. (OÖN, 30.6.2011) Zur Erinnerung: In den ersten Tagen und Wochen nach der Okkupation Österreichs wurde ein gewaltiger Propagandarummel in den Medien inszeniert. Der Anschluss wurde bejubelt und die Volksabstimmung vorbereitet. Da war nur wenig Platz in den Medien, um die zahlreichen Straßen- und Platzbenennungen und die Ehrenbürgerschaften abzufeiern.
Auch Verfassungs- und Verwaltungsjuristen beteiligten sich. So erklärte Andreas Janko, Vorstand des Instituts für Staatsrecht an der Universität Linz, dass „rein juristisch“ kein Grund bestehe, eine Ehrenbürgerschaft abzuerkennen, da alle juristischen Normen mit NS-Bezug durch das Rechtsüberleitungsgesetz von 1945 außer Kraft gesetzt worden seien. Allerdings haben die Nazis bis zum Oktober 1938 die oberösterreichische Gemeindeordnung von 1936 übernommen – die Ehrenbürgerschaft Hitlers ist also vermutlich nach den Bestimmungen eines Gesetzes aus dem Ständestaat bzw. Austrofaschismus verliehen worden.
Oberösterreichische Gemeindeordnung von 1936 über Ehrenbürgerschaften
Gablitz setzt symbolischen Akt
Der Gemeinderat von Gablitz (NÖ) wollte gar keine Zweifel aufkommen lassen. Obwohl Gablitz im Jahr 1938, als die Gemeinden des Gerichtsbezirks Neulengbach in einer Amtlichen Mitteilung Hitler für alle Gemeinden die Ehrenbürgerschaft verliehen, nicht zum Bezirk Neulengbach gehörte, stellte der Gemeinderat fest, dass er Hitler eine mögliche Ehrenbürgerschaft aberkenne. Gablitz wurde erst später dem Gerichtsbezirk Neulengbach für einige Jahre zugeteilt.
Die Zeitschrift „Kommunal“, das Organ des Gemeindebundes, beschäftigt sich in seiner Ausgabe 6 C/2011 mit den Ehrenbürgerschaften aus der Nazi-Zeit und kommt zu dem Ergebnis: „Mutmaßlich gibt es noch rund ein Dutzend weiterer Gemeinden mit derartigen Ehrenbürgerschaften.“
„Kommunal“ spricht sich übrigens, so wie auch alle befragten Juristen, jenseits einer rechtlichen Wirksamkeit von Ehrenbürgerschaften (bis zum Tod/ über den Tod hinaus) für eine symbolische Aberkennung von Nazi-Ehrenbürgerschaften aus .