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Braunau (OÖ): Wie weiter mit Hitler?

Johan­nes Waid­ba­cher (ÖVP), der Bür­ger­meis­ter von Brau­nau hat sich nach sei­nem Urlaub ziem­lich klar geäu­ßert: Weil die nächs­te regu­lä­re Gemein­de­rats­sit­zung erst im Okto­ber statt­fin­den wür­de, soll ein Son­der­ge­mein­de­rat am 14. Juli einen for­mel­len Aberken­nungs­be­schluss zur Ehren­bür­ger­schaft von Adolf Hit­ler fas­sen. Mal sehen! Denn im Übri­gen herrscht Klein­geis­te­rei. Schrä­ge Argu­men­te Mit ziem­lich schrä­gen Argu­men­ten wird versucht, […]

7. Jul 2011

Schräge Argumente

Mit ziem­lich schrä­gen Argu­men­ten wird ver­sucht, die Ehren­bür­ger­schaft Hit­lers, die in zumin­dest zwei Zei­tun­gen aus der Nazi-Zeit für Brau­nau doku­men­tiert wird, klein­zu­re­den. Die Ehren­bür­ger­schaft wur­de zum „Gerücht“ (Öster­reich, 3.7.2011) bzw. durch die ober­ös­ter­rei­chi­sche Gemein­de­ord­nung von 2008 als erlo­schen erklärt. Die Archi­va­re erklär­ten, dass sie nichts gefun­den hät­ten (OÖN, 30.6.2011) bzw. dass sie nichts fin­den konn­ten: „Die Akten­la­ge der Stadt ist eher dürf­tig.“ (Kurier, 5.7.2011)

Ein beson­ders ori­gi­nel­les Argu­ment: Die Ehren­bür­ger­schaft Hit­lers sei damals in den Medi­en eher bei­läu­fig abge­han­delt wor­den. (OÖN, 30.6.2011) Zur Erin­ne­rung: In den ers­ten Tagen und Wochen nach der Okku­pa­ti­on Öster­reichs wur­de ein gewal­ti­ger Pro­pa­gan­da­rum­mel in den Medi­en insze­niert. Der Anschluss wur­de beju­belt und die Volks­ab­stim­mung vor­be­rei­tet. Da war nur wenig Platz in den Medi­en, um die zahl­rei­chen Stra­ßen- und Platz­be­nen­nun­gen und die Ehren­bür­ger­schaf­ten abzufeiern.

Auch Ver­fas­sungs- und Ver­wal­tungs­ju­ris­ten betei­lig­ten sich. So erklär­te Andre­as Jan­ko, Vor­stand des Insti­tuts für Staats­recht an der Uni­ver­si­tät Linz, dass „rein juris­tisch“ kein Grund bestehe, eine Ehren­bür­ger­schaft abzu­er­ken­nen, da alle juris­ti­schen Nor­men mit NS-Bezug durch das Rechts­über­lei­tungs­ge­setz von 1945 außer Kraft gesetzt wor­den sei­en. Aller­dings haben die Nazis bis zum Okto­ber 1938 die ober­ös­ter­rei­chi­sche Gemein­de­ord­nung von 1936 über­nom­men – die Ehren­bür­ger­schaft Hit­lers ist also ver­mut­lich nach den Bestim­mun­gen eines Geset­zes aus dem Stän­de­staat bzw. Aus­tro­fa­schis­mus ver­lie­hen worden.


Ober­ös­ter­rei­chi­sche Gemein­de­ord­nung von 1936 über Ehrenbürgerschaften

Gablitz setzt symbolischen Akt

Der Gemein­de­rat von Gablitz (NÖ) woll­te gar kei­ne Zwei­fel auf­kom­men las­sen. Obwohl Gablitz im Jahr 1938, als die Gemein­den des Gerichts­be­zirks Neu­leng­bach in einer Amt­li­chen Mit­tei­lung Hit­ler für alle Gemein­den die Ehren­bür­ger­schaft ver­lie­hen, nicht zum Bezirk Neu­leng­bach gehör­te, stell­te der Gemein­de­rat fest, dass er Hit­ler eine mög­li­che Ehren­bür­ger­schaft aberken­ne. Gablitz wur­de erst spä­ter dem Gerichts­be­zirk Neu­leng­bach für eini­ge Jah­re zugeteilt.

Die Zeit­schrift „Kom­mu­nal“, das Organ des Gemein­de­bun­des, beschäf­tigt sich in sei­ner Aus­ga­be 6 C/2011 mit den Ehren­bür­ger­schaf­ten aus der Nazi-Zeit und kommt zu dem Ergeb­nis: „Mut­maß­lich gibt es noch rund ein Dut­zend wei­te­rer Gemein­den mit der­ar­ti­gen Ehrenbürgerschaften.“

„Kom­mu­nal“ spricht sich übri­gens, so wie auch alle befrag­ten Juris­ten, jen­seits einer recht­li­chen Wirk­sam­keit von Ehren­bür­ger­schaf­ten (bis zum Tod/ über den Tod hin­aus) für eine sym­bo­li­sche Aberken­nung von Nazi-Ehren­bür­ger­schaf­ten aus .

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