Die Corona-Arbeitsfront

Auf den ersten Blick möchte man meinen, dass sich da ein paar Unternehmer einen Jux machen, aber sie meinen es offen­sichtlich wirk­lich ernst. Drei Unternehmer, die die Pan­demie und die Coro­na-Maß­nah­men etwas durcheinan­dergewirbelt haben, bilden den Vor­stand eines Vere­ins, der sich „Union Sou­veränität“ nen­nt und eine Gew­erkschaft simulieren will. Wir haben uns ein wenig umgeschaut bei den union­is­tis­chen Souveränen.

Laut Vere­in­sreg­is­ter wurde der Vere­in „Union Sou­veränität“ (US) am 5. Jän­ner 2022 gegrün­det. Das Telegram-Licht der Welt erblick­te er am 7. Feb­ru­ar „mit Stolz und Freude“, wobei da schon „zwei Monate harte Arbeit an Vor­bere­itun­gen (…) hin­ter uns“ liegen.

Union Souveränität auf Facebook

Union Sou­veränität auf Facebook

Welche Vor­bere­itun­gen?

Wir nehmen ein­mal an, irgendw­er wird sich wohl Gedanken gemacht haben, die es halt so braucht, um einen Vere­in zu grün­den. Beispiel­sweise benötigt jed­er Vere­in ein Statut, son­st gibt’s ihn gar nicht in Öster­re­ich. Die „Union Sou­veränität“ hat eines – und wie sich’s geziemt für eine Unternehmergew­erkschaft, ein ziem­lich schlankes. Aktive Mit­glieder etwa müssen Mit­glieds­beiträge zahlen und dür­fen an Gen­er­alver­samm­lun­gen teil­nehmen. Ob und wie sie Organe des Vere­ins wählen dür­fen, ste­ht nicht in diesem Statut. Ist ver­mut­lich nicht so wichtig bei der US, weil den Vor­stand gibt’s ja schon. Seit dem 3. Feb­ru­ar einen Präsi­den­ten (Max Puch­er, der zuvor als Pseudowis­senschafter Pseudowis­senschaftlich­es auf Ste­fan Mag­nets „AUF1“ schwurbeln durfte) und einen Vizepräsi­den­ten (Daniel Braun­müller), denen dann mit 1.3. noch ein weit­er­er Vize (Gün­ther Per­je) beigestellt wurde.

Und da ist auch zu sehen, wie fix die von der US sind! Am 25.2. schreibt Gün­ther Per­je auf der Face­book-Seite, die drei Tage zuvor erstellt wurde, den schme­ichel­haften Kom­men­tar: „Die ERSTE Gew­erkschaft für alle Bürg­er, ohne Parteibindung, da bin ich dabei.

Perje ist dabei (Screenshot FB)

Per­je ist dabei (Screen­shot FB)

Die union­is­tis­chen Unternehmerpräsidenten

Und – schwup­ps! – vier Tage später ist er schon Vizepräsi­dent. Nun ja, da müssen wir schon was richtig­stellen. Parteibindung gibt’s auch beim ÖGB nicht für Mit­glieder, aber als Unternehmer kön­nte Gün­ther natür­lich nicht dem ÖGB beitreten und, soweit wir das mit unser­er eingeschränk­ten Sichtweise überblick­en, hof­fentlich auch keinem anderen Vere­in, der sich Gew­erkschaft nen­nen will! Bei der US wer­den die Unternehmer aber nicht bloß Mit­glieder, son­dern gle­ich deren Präsi­den­ten bzw. Vor­stand. Für zunächst ein­mal fünf Jahre. Danach ist der Vere­in US hof­fentlich Geschichte – auf deren Müll­haufen am besten.

Vorstand der "Union Souveränität" (Screenshot Website): lauter "Untenehmer"

Vor­stand der „Union Sou­veränität” (Screen­shot Web­site): lauter „Untenehmer”

Gew­erkschaften sind/vertreten Arbeitnehmer*innen

Gew­erkschaften sind Zusam­men­schlüsse von Arbeitnehmer*innen und ihnen ähn­lich­er Inter­es­sen­grup­pen, aber sich­er nicht Zusam­men­schlüsse von Arbeitnehmer*innen und Unternehmer*innen, in denen dann auch noch die Unternehmer – und nur diese – die bes­tim­menden Funk­tio­nen ausüben. Selb­st der Aus­tro­faschis­mus hat sich das nicht getraut. 1934 wur­den zwar die freien Gew­erkschaften ver­boten und ihre Funktionär*innen ver­fol­gt, an ihrer Stelle aber eine staatlich dirigierte Ein­heits­gew­erkschaft einge­set­zt, um den „Anschein ein­er Dauer­funk­tion“ zu wahren, wie Engel­bert Doll­fuß zynisch anmerkte.

In der nation­al­sozial­is­tis­chen Ide­olo­gie der Volks­ge­mein­schaft waren nicht nur die Gle­ich­schal­tung und Unterord­nung aller divergieren­den Inter­essen unter das imag­inierte „Volkswohl“ des deutschen Volkes, son­dern auch der Auss­chluss, die Ver­fol­gung aller davon abwe­ichen­den Inter­essen und Mei­n­un­gen mit Gewalt enthal­ten. Dementsprechend wur­den die Gew­erkschaften sofort nach der Machtüber­nahme mit Gewalt aufgelöst und durch die „Deutsche Arbeits­front”, den Ein­heitsver­band von Arbeitnehmer*innen und Arbeit­ge­bern ersetzt.

Plakat "Deutsche Arbeiterfront" (1933)

Plakat „Deutsche Arbeit­er­front” (1933)

Ziele und Pro­gram­matik der Unternehmerunion

Max Puch­er, der Präsi­dent der US, beru­flich natür­lich Unternehmer, for­muliert etwas schwammig, aber wieder­holt und immer in Ver­salien, auf Telegram: „Wir müssen uns gegen die Pläne der Glob­al­is­ten europaweit vere­ini­gen und uns langfristig unab­hängig machen.“ Von wem die „Union Sou­veränität“ unab­hängig wer­den will, sagt er nicht. Generell über­wiegt in dem, was die US unter Prinzip­i­en, Leit­sätzen auf ihrer Web­site veröf­fentlicht, das Unbes­timmte, Unge­fähre: „Die Ereignisse, die wir ger­ade erleben sind ein Feldzug ein­er glob­alen Finanzelite, die mit­tels der Kap­i­tal­macht der Hedge­fonds die Prinzip­i­en des freien Mark­tes und der Demokratie per­vertiert haben.“

Welche Ereignisse, die wir ger­ade erleben, sind damit gemeint? Jeden­falls das Coro­na-Virus, von der US als „Pseu­do-Pan­demie“ ent­larvt, aber auch der Krieg gegen die Ukraine, der bei der US nur als „Kon­flikt“ vorkommt, der auf die „Kriegstreiberei der EU und NATO zur Ukraine“ zurück­zuführen sei, wie ein Ich-Erzäh­ler für die US auf Telegram for­muliert. An ander­er Stelle geht der namen­lose Ich-Erzäh­ler für die US naht­los zur Ver­schwörungserzäh­lung über.

Mit Putin und Musk gegen Glob­al­is­ten und ÖGB?

Putin ist nur ein Meilen­stein der auf dem Weg der Glob­al­is­ten zur Weltherrschaft fall­en muss. Ich heisse seinen Ein­marsch in Ukraine nicht gut und muss geste­hen ich dachte er wird sich nicht hineinziehen [sic!] lassen. Da wir aber nicht wis­sen was wirk­lich los ist kann es sein, dass er einen Plan hat der die Glob­al­is­ten aushe­belt. Daher laufen ger­ade im Hin­ter­grund die Aktiv­itäten um die Sit­u­a­tion so gut als möglich auszunutzen und Putin zu schaden.

Wenn der Ich-Erzäh­ler geste­hen muss, dass er nichts weiß, geht er zum „Wir“ über und orakelt, dass Putin vielle­icht einen Plan bei seinem „hineinge­zo­ge­nen“ Angriff­skrieg hat, mit dem er die „Glob­al­is­ten“ aushe­belt. Damit ist er natür­lich dem Ich-Erzäh­ler und der US poten­ziell sym­pa­thisch, ein Ver­bün­de­ter sozusagen, dem man wohl nicht ein­mal die Mit­glied­schaft ver­weigern würde (siehe oben: „Wir müssen uns gegen die Pläne der Glob­al­is­ten europaweit vere­ini­gen.“).

Das dürfte wohl auch für einen anderen gel­ten, den aktuell reich­sten Men­schen der Erde. Ja, Elon Musk wird vom US-Ich-Erzäh­ler (es ist wohl der Präsi­dent!) ganz offen­sichtlich nicht zu den Glob­al­is­ten gezählt, son­dern erhält das neck­ische Attrib­ut „ehrlich­er Träumer“! Auch ein Sym­pa­thi­eträger für die US also – im Unter­schied zu den nicht namentlich genan­nten „Glob­al­is­ten“, bei denen die vom US schon wis­sen, wer da dahin­ter­steckt, oder?

Die "Union Souveränität" schwurbelt und "stoppt die Globalisten" (Screenshot Telegram und Website)

Die „Union Sou­veränität” schwurbelt und „stoppt die Glob­al­is­ten” (Screen­shot Telegram und Website)

Ziem­lich aus der Zeit gefall­en und daneben wirkt auch die Fes­tle­gung, wonach sich die ange­blich sozialdemokratis­chen Regierun­gen „mit der Finanzelite und Hedge­fonds kon­trol­lierten Medi­en und NGOs, als auch die Organe der UNO zu einem total­itären Staatsmod­ell zusam­menge­tan und gewan­delt hät­ten“. Jeden­falls leit­et die US daraus das Recht ab, ihre Mit­tel, auch einen Streik, einzuset­zen, „wenn in Öster­re­ich faschis­tis­che, reak­tionäre und total­itäre Bestre­bun­gen in der Gesellschaft sicht­bar wer­den. Diese Sit­u­a­tion ist nun einge­treten und es ist die Auf­gabe ein­er Bürg­ergew­erkschaft sich dage­gen zu organ­isieren.

Nach dieser pro­fun­den US-Analyse hät­ten wir also mit Türkis- oder Schwarz-Grün in Öster­re­ich derzeit eine sozialdemokratis­che Regierung, deren faschis­tis­che und total­itäre Bestre­bun­gen ger­ade sicht­bar gewor­den seien. Präzis­er geht’s nicht mehr! Das gilt auch für ein anderes Prob­lem: die Exis­tenzberech­ti­gung der „Union Sou­veränität“ näm­lich. Die bleibt näm­lich trotz ihres selt­sam rück­wärts­ge­wandten Ansatzes, die Inter­essen von Arbeitnehmer*innen ver­meintlich dadurch durchzuset­zen, dass sie mit und von Unternehmern for­muliert wer­den, beim ÖGB hän­gen: „Wir vertreten die gle­ichen Ziele wie der ÖGB“, for­muliert die US forsch. Aber warum dann eine eigene Gew­erkschaft? Weil der ÖGB – im Unter­schied zur US, Elon Musk und mut­maßlich auch Putin – nicht wirk­lich gegen die „Glob­al­is­ten“ kämpft und, da wirft sich die US dann fast schon klassenkämpferisch in die Brust, zu wenig streikt: „Der let­zte grosse Streik des ÖGB in 2013 gegen die geplante Pen­sion­sre­form. Er war allerd­ings gegen die kon­ser­v­a­tive Regierung nur poli­tisch motiviert.

Union Souveränität und der ÖGB

Union Sou­veränität und der ÖGB

Inter­es­sant: Wenn der ÖGB gegen die Pen­sion­sre­form ein­er kon­ser­v­a­tiv­en Regierung streikt, dann wäre das ein poli­tisch motiviert­er und nach Ansicht der US offen­sichtlich abzulehnen­der Streik. Wenn aber die US 2022 gegen eine ange­blich sozialdemokratis­che und faschis­tis­che Regierung den Wider­stand organ­isieren möchte, dann wäre es selb­st dann eine legit­ime Auf­gabe, wenn sich die US bei den Far­ben der Regierung geir­rt hätte?

Wir geben ohne­hin Ent­war­nung! Wed­er haben wir eine sozialdemokratis­che noch eine faschis­tis­che Regierung mit total­itären Bestre­bun­gen und 2013 gab es auch keine geplante Pen­sion­sre­form, gegen die der ÖGB gestreikt hätte oder streiken hätte müssen.

Union Sou­veränität, zurück zum Start, Ihr macht Euch nur lächerlich!