Botschafter aus Russland und Belarus von Mauthausen-Befreiungsfeier ausgeladen

Die tra­di­tio­nel­le Befrei­ungs­fei­er in der KZ-Geden­k­­stä­t­­te Maut­hau­sen am 15. Mai soll heu­er ohne rus­si­sche und bela­rus­si­sche Offi­zi­el­le statt­fin­den. Die Bot­schaf­ter von Russ­land und Bela­rus wer­den in einem per­sön­li­chen Mail gebe­ten, nicht teil­zu­neh­men. Dar­auf haben sich das Maut­hau­sen Komi­tee Öster­reich, das Inter­na­tio­na­le Maut­hau­sen Komi­tee und die Gedenk­stät­te ver­stän­digt. Hilfs­or­ga­ni­sa­tio­nen, Über­le­ben­de und deren Ange­hö­ri­ge sei­en aber eingeladen. […]

21. Apr 2022
Mauthausen Befreiungsfeier 2019

„Die enor­men Opfer, die die Sowjet­uni­on als Teil der Alli­ier­ten im Kampf gegen den Natio­nal­so­zia­lis­mus und bei der Befrei­ung vie­ler Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger erbracht hat, sind für alle Zei­ten unver­gess­lich und unab­ding­ba­rer Teil der Geschich­te unse­res Kon­ti­nents. Auch die Erin­ne­rung an das unvor­stell­ba­re Leid, das den sowje­ti­schen Kriegs­ge­fan­ge­nen im KZ-Sys­tem Maut­hau­sen ange­tan wur­de, und ihr Wider­stand gegen die NS-Bar­ba­rei ist und bleibt ein zen­tra­ler Auf­trag der Gedenk­ar­beit unse­rer Insti­tu­tio­nen”, heißt es in einer gemein­sa­men Erklä­rung. „Was aller­dings den Krieg Russ­lands gegen die Ukrai­ne betrifft, kön­nen wir ange­sichts der aus­ge­üb­ten unge­recht­fer­tig­ten Gewalt und schwers­ter Ver­let­zun­gen der Men­schen­rech­te nicht umhin, die­sen mit aller Deut­lich­keit zu ver­ur­tei­len.” In die­sem Sin­ne for­de­re man auch ein sofor­ti­ges Ende des Krieges.

„Eine Teil­nah­me bei­der Län­der wäre unver­ein­bar mit dem Maut­hau­sen-Schwur der über­le­ben­den Häft­lin­ge und deren Wunsch nach Frie­de und Frei­heit”, begrün­det Wil­li Mer­nyi, Vor­sit­zen­der des Maut­hau­sen Komi­tees Öster­reich, den Schritt. Daher habe man sich „lei­der” dazu ent­schlie­ßen müs­sen. Es sei aber sicher­ge­stellt, dass an den Denk­mä­lern von Russ­land und Bela­rus, wenn kei­ne offi­zi­el­len Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter anwe­send sind, Krän­ze und Buketts nie­der­ge­legt wer­den. Die welt­weit größ­te KZ-Befrei­ungs­fei­er steht heu­er unter der Über­schrift „Poli­ti­scher Wider­stand”. In dem zitier­ten Schwur heißt es unter ande­rem: „Wir wer­den einen gemein­sa­men Weg beschrei­ten, den Weg der unteil­ba­ren Frei­heit aller Völ­ker, den Weg der gegen­sei­ti­gen Ach­tung, den Weg der Zusam­men­ar­beit am gro­ßen Werk des Auf­baus einer neu­en, für alle gerech­ten, frei­en Welt.” Er wur­de bei der ers­ten Befrei­ungs­fei­er 1945 und der Ver­ab­schie­dung der Über­le­ben­den — vie­le von ihnen aus dem heu­ti­gen Russ­land und der heu­ti­gen Ukrai­ne — in ihre Hei­mat­län­der erst­mals verlesen.

Seit Kriegs­en­de wird jedes Jahr der Befrei­ung des KZ in den ers­ten Mai­ta­gen 1945 durch US-Trup­pen gedacht. Dazu kom­men tra­di­tio­nell Abord­nun­gen aus den Her­kunfts­län­dern der Opfer. Zwi­schen 1938 und 1945 waren in Maut­hau­sen und sei­nen 49 Neben­la­gern rund 200.000 Men­schen gefan­gen, knapp die Hälf­te von ihnen wur­de ermor­det oder starb in Fol­ge der grau­sa­men Haft­be­din­gun­gen. Die Häft­lin­ge kamen aus mehr als 70 Natio­nen, unter ihnen waren auch zahl­rei­che sowje­ti­sche (Kriegs-)Gefangene.

Einen Unter­schied zwi­schen Rus­sen und Ukrai­nern mach­te man damals nicht, wie die Geschich­te eines Mas­sen­aus­bruchs vor Augen führt: In der Nacht auf den 2. Febru­ar 1945 wag­ten rund 500 sowje­ti­sche Häft­lin­ge einen orga­ni­sier­ten Flucht­ver­such. Die dar­auf­fol­gen­de Men­schen­hatz, die von der SS zynisch als „Mühl­viert­ler Hasen­jagd” bezeich­net wur­de, über­leb­te nur ein gutes Dut­zend. Erst vor einem Jahr hat­te der rus­si­sche Prä­si­dent Wla­di­mir Putin die Ober­ös­ter­rei­che­rin Maria Lang­tha­ler (1888–1975) post­hum geehrt, die zwei sowje­ti­sche KZ-Aus­bre­cher geret­tet hat­te — bei­de stamm­ten aus der heu­ti­gen Ukrai­ne. (APA via nachrichten.at)

Mauthausen Befreiungsfeier 2019
Maut­hau­sen Befrei­ungs­fei­er 2019

Gemein­sa­me Erklä­rung des MKÖ, der Gedenk­stät­te und dem Comi­té Inter­na­tio­nal de Maut­hau­sen zum Krieg in der Ukraine

Im Jahr 2022 jährt sich die Befrei­ung des KZ Maut­hau­sen und sei­ner Außen­la­ger im Mai 1945 bereits zum 77. Mal. Die enor­men Opfer, die die Sowjet­uni­on als Teil der Alli­ier­ten im Kampf gegen den Natio­nal­so­zia­lis­mus und bei der Befrei­ung vie­ler Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger erbracht hat, sind für alle Zei­ten unver­gess­lich und unab­ding­ba­rer Teil der Geschich­te unse­res Kontinents.

Auch die Erin­ne­rung an das unvor­stell­ba­re Leid, das den sowje­ti­schen Häft­lin­gen im KZ-Sys­tem Maut­hau­sen ange­tan wur­de, und an ihren Wider­stand gegen die NS-Bar­ba­rei ist und bleibt ein zen­tra­ler Auf­trag der Gedenk­ar­beit unse­rer Institutionen.

Was aller­dings den Krieg Russ­lands gegen die Ukrai­ne betrifft, kön­nen wir ange­sichts der aus­ge­üb­ten unge­recht­fer­tig­ten Gewalt und schwers­ter Ver­let­zun­gen der Men­schen­rech­te nicht umhin, die­sen mit aller Deut­lich­keit zu verurteilen.

Wir möch­ten dar­an erin­nern, dass am 16. Mai 1945 am Appell­platz des KZ Maut­hau­sen die ers­te Befrei­ungs­fei­er statt­fand. Aus Anlass der dabei erfolg­ten, gemein­schaft­li­chen Ver­ab­schie­dung der in ihre Hei­mat zurück­keh­ren­den sowje­ti­schen Häft­lin­ge, unter ihnen Men­schen aus Russ­land und der Ukrai­ne, ver­la­sen die Ver­tre­ter des Inter­na­tio­na­len Häft­lings­ko­mi­tees den „Maut­hau­sen-Schwur“.

Dar­in heißt es:

„Der Frie­de und die Frei­heit sind die Garan­ten des Glücks der Völ­ker, und der Auf­bau der Welt auf neu­en Grund­la­gen sozia­ler und natio­na­ler Gerech­tig­keit ist der ein­zi­ge Weg zur fried­li­chen Zusam­men­ar­beit der Staa­ten und Völ­ker. Wir wol­len nach erlang­ter eige­ner Frei­heit und nach Erkämp­fung der Frei­heit unse­rer Natio­nen die inter­na­tio­na­le Soli­da­ri­tät des Lagers in unse­rem Gedächt­nis bewah­ren und dar­aus die Leh­ren ziehen: 

Wir wer­den einen gemein­sa­men Weg beschrei­ten, den Weg der unteil­ba­ren Frei­heit aller Völ­ker, den Weg der gegen­sei­ti­gen Ach­tung, den Weg der Zusam­men­ar­beit am gro­ßen Werk des Auf­baus einer neu­en, für alle gerech­ten, frei­en Welt.“ 

In die­sem Sin­ne for­dern wir ein sofor­ti­ges Ende des Krieges! 

Wil­li Mernyi
Vorsitzender
Maut­hau­sen Komi­tee Österreich

Bar­ba­ra Glück
Direktorin
KZ-Gedenk­stät­te Mauthausen

Guy Docken­dorf
Präsident
Comi­té Inter­na­tio­nal de Mauthausen

Quel­le: mkoe.at

➡️ Befrei­ungs­fei­er 15.5.2022

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