Vandalismus in Graz

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In die­ser Woche wur­de in Graz zuerst die Syn­ago­ge Ziel eines Van­da­lis­mus­ak­tes, danach das Ver­eins­lo­kal der Gra­zer LGBTI­QA-Com­mu­ni­ty, den „Rosa­Li­la Pan­the­rIn­nen“. Hier dazu eini­ge Stellungnahmen.

Pres­se­aus­sendung der Jüdi­schen Gemein­de Graz

Die Syn­ago­ge und das Gemein­de­haus der Jüdi­schen Gemein­de Graz sind in der Nacht von Diens­tag auf Mitt­woch Ziel eines Van­da­len­ak­tes geworden.

Ein bis­her unbe­kann­ter Täter besprüh­te das his­to­ri­sche Zie­gel­werk des Got­tes­hau­ses sowie die Fas­sa­de des benach­bar­ten jüdi­schen Gemein­de­hau­ses dabei mit pro­pa­läs­ti­nen­si­schen Paro­len. Laut Anga­be der Jüdi­schen Gemein­de Graz ent­stand ins­be­son­de­re durch die Beschmie­rung des aus Zie­geln der 1938 zer­stör­ten Syn­ago­ge gebil­de­ten Sicht­zie­gel­gür­tels beträcht­li­cher Sachschaden.

In einem Pres­se­state­ment erklär­te der Prä­si­dent der jüdi­schen Gemein­de, Elie Rosen, der Anschlag bestä­ti­ge ein in den letz­ten Jah­ren deut­lich wahr­nehm­ba­res Anstei­gen des Anti­se­mi­tis­mus. Dabei kom­me, wie sich auch gegen­ständ­lich zei­ge, dem israe­l­ori­en­tier­ten Anti­se­mi­tis­mus star­ke Bedeu­tung zu. Rosen selbst hat­te in die­sem Zusam­men­hang in der Ver­gan­gen­heit immer wie­der medi­en­wirk­sam kri­tisch gegen die anti­s­rae­li­sche BDS-Bewe­gung und die Stei­ri­sche Frie­dens­platt­form sowie den Gra­zer Völ­ker­recht­ler Wolf­gang Bene­dek Stel­lung bezogen.

FB-State­ment des Bezirks­vor­ste­hers Graz-Gries Tris­tan Amme­rer (Grü­ne)

In der Nacht auf Mitt­woch wur­de ein mas­si­ver Angriff auf die Gra­zer jüdi­sche Gemein­de ver­übt. Ein, oder meh­re­re Anti­se­mi­ten beschmier­ten die Wän­de der Gra­zer Syn­ago­ge groß­flä­chig mit ras­sis­ti­schen und anti­se­mi­ti­schen Paro­len. Auf die Gebäu­de wur­den Stei­ne gewor­fen, zumin­dest ein Fens­ter ging zu Bruch.

Als Bezirks­vor­ste­her ver­ur­tei­le ich die­sen fei­gen, anti­se­mi­ti­schen Angriff aufs Schärfs­te. Hier gibt es auch kei­ne Dis­kus­si­on, ich ste­he soli­da­risch an der Sei­te der Jüdi­schen Gemein­de Graz. Anti­se­mi­tis­mus und Antisemit*innen gehört offen der Kampf ange­sagt, alles ande­re ist unzu­läng­lich. Dass Anti­se­mi­ten sich in Graz nun so sicher füh­len, dass sie ihren Anti­se­mi­tis­mus in gewalt­vol­le Taten umset­zen, ist für mich aber lei­der weder „scho­ckie­rend”, noch „erschre­ckend”. Bei­des wür­de näm­lich sug­ge­rie­ren, dass ich über­rascht bin.

Aber dass der Anti­se­mi­tis­mus in Graz und Öster­reich viru­lent ist, stel­len wir in einer sol­chen Regel­mä­ßig­keit fest, dass sich scho­ckiert zu zei­gen schon lan­ge nicht mehr ange­mes­sen ist. Erst vor weni­gen Mona­ten wur­de ein Gra­zer Schü­ler, weil er einen erkenn­ba­ren David­stern trug, zusam­men­ge­schla­gen. Und auch damals waren alle ganz „erschro­cken” und „über­rascht”. (…) Die­se stän­di­ge „Über­ra­schung” zeugt beim X‑ten Mal nur noch von einer erschre­cken­den Igno­ranz gegen­über den Ver­tre­tern der jüdi­schen Gemein­den, bzw. israe­li­ti­schen Kul­tus­ge­mein­den. Die­se zei­gen die gesell­schaft­li­che Ent­wick­lung des Anti­se­mi­tis­mus näm­lich schon seit Jah­ren offen und scho­nungs­los auf. Wer jetzt noch auf über­rascht und scho­ckiert macht, hat wohl noch nie zuge­hört was die Betrof­fe­nen seit Jah­ren berichten.

Die Gra­zer Bevöl­ke­rung hat 1938 die Syn­ago­ge eigen­hän­dig nie­der­ge­brannt. (…) Nach dem Ende des Natio­nal­so­zia­lis­mus hat es bis 1998 (!!!) gedau­ert, bis die Stadt Graz über­haupt poli­tisch soweit war die Syn­ago­ge am ursprüng­li­chen Stand­ort wiederzuerrichten.

Dass sich Antisemit*innen 75 Jah­re nach Ende des natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Staa­tes in Graz so sicher füh­len, dass sie zu gewalt­vol­len Über­grif­fen schrei­ten, beweist dass die Stadt Graz in der Auf­ar­bei­tung ihrer geschicht­li­chen Ver­ant­wor­tung ver­sagt hat. (…) Wir begnü­gen uns ja damit den Anti­se­mi­tis­mus zu beschrei­ben und selbst das gilt schon als „kon­tro­ver­ses” The­ma. Beim Kampf gegen Antisemit*innen las­sen wir unse­re jüdi­schen Mitbürger*innen schon immer und grund­sätz­lich im Stich.

FB-State­ment Rosa­Li­la PantherInnen

Wir machen wei­ter, bis der Hass ein Ende nimmt!

Letz­te Nacht wur­de das Schau­fens­ter unse­res Ver­eins­lo­kals ein­ge­schla­gen. Das beweist wie­der, dass unse­re Arbeit noch lan­ge nicht getan ist. Dass es den CSD für Sicht­bar­keit braucht. Dass wir wei­ter­hin für Akzep­tanz und Gleich­be­rech­ti­gung ein­tre­ten. Dass unse­re Arbeit wert­voll ist und wir uns wei­ter für die Rech­te der LGBTIA* Com­mu­ni­ty stark machen.

Kom­men­tar Nina Mül­ler, Klei­ne Zeitung

Zwei Näch­te, zwei Atta­cken: In der Nacht auf Mitt­woch wur­den die Außen­mau­ern der Gra­zer Syn­ago­ge mit Paro­len beschmiert. In der Nacht auf Don­ners­tag dann die Fens­ter­schei­ben in der Aus­la­ge des les­bi-schwu­len Ver­eins „Rosa­Li­la Pan­the­rIn­nen” in der Annen­stra­ße ein­ge­schla­gen. Ein Zusam­men­hang zwi­schen bei­den Taten ist wohl eher schwer herzustellen. (…)

Betrof­fen machen bei­de Fäl­le. Die Zie­gel der Syn­ago­ge — es sind die­sel­ben Zie­gel, die nach der Pogrom­nacht 1938 wie­der auf­ge­sam­melt wur­den, als das jüdi­sche Gebets­haus von den Nazis in Schutt und Asche gelegt wur­de — zu beschmie­ren, ist unters­te Schub­la­de. Vor allem auch im Licht des in ganz Euro­pa offen­bar erwa­chen­den Antisemitismus.

Und einen Ver­ein anzu­grei­fen, der mit sei­ner wert­vol­len Arbeit jun­gen Män­nern, Frau­en — und auch allen dazwi­schen! — bei­steht, die nichts ande­res tun, als anders zu lie­ben, das gehört in die Schub­la­de dane­ben. Bei­de Taten sind zutiefst zu ver­ur­tei­len — egal ob wir nun in einer Stadt leben, die sich Men­schen­rechts­stadt nennt, oder nicht.

Update 22.8.20, 11h45: Am Frei­tag, 23.8. warf eine Per­son Beton­klum­pen gegen die Fens­ter der Gra­zer Syn­ago­ge, die teil­wei­se zu Bruch gingen.

Meh­re­re Beton­klum­pen hat ein Unbe­kann­ter Frei­tag­nacht gegen die Fens­ter der Gra­zer Syn­ago­ge gewor­fen, wobei fünf Fens­ter beschä­digt wur­den. Damit ist die Syn­ago­ge zum zwei­ten Mal inner­halb weni­ger Tage zum Angriffs­ziel gewor­den. (steiermark.orf.at, 24.8.20)