Zuviel „Aufwand“ für Menschenleben?

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Wie viel ist eigent­lich ein Men­schen­le­ben wert, wie viel darf oder soll eine Volks­wirt­schaft zur Ret­tung von Leben aus­ge­ben? Und was machen wir, wenn hier eine Zahl genannt wird, eine Ober­gren­ze? Sper­ren wir Risi­ko­grup­pen weg oder las­sen wir die Men­schen ster­ben? Die­se Fra­gen soll­ten zwei Lin­zer FPÖ-Gemein­de­rä­te beantworten.

Fast 96.000 Tote zählt mit heu­ti­gem Tag die Johns Hop­kins Uni­ver­si­tät, die an oder mit dem Cora­na-Virus ver­stor­ben sind. Mehr als 18.000 davon hat unser Nach­bar­land Ita­li­en zu bekla­gen. In vie­len Spi­tä­lern muss ent­schie­den wer­den, wer leben darf und wer nicht. Und dann lesen wir das:

Irgend­wann wird wohl jemand auf die Idee kom­men, die Fra­ge zu stel­len, ob sol­che Sterb­lich­keits­ra­ten die­sen Auf­wand, einen volks­wirt­schaft­li­chen Scha­den von bis zu 100 Mil­li­ar­den Euro und hun­dert­tau­sen­de Arbeits­lo­se rechtfertigen.

FB-Kommentar W.H. und Reaktionen

FB-Kom­men­tar W.H. und Reaktionen

Das schreibt ein Lin­zer Medi­en­mann auf Face­book. Gelikt wur­de der Kom­men­tar u.a. von der Lin­zer FPÖ-Gemein­de­rä­tin Susan­ne Wal­cher und von Gemein­de­rat Žel­j­ko Maleše­vić, der zugleich als Büro­lei­ter von Stadt­rat Micha­el Raml tätig ist. Ramls Zustän­dig­keit umfasst übri­gens auch den Bereich Gesundheit.

Likes von Malesevic und Walcher

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Wal­cher setzt noch eines drauf und likt den Kom­men­tar: „Reli­gio­nen unse­rer Zeit: Kli­ma­wan­del dann Coronavirus“

Like von Walcher

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Abge­spielt haben sich die „Über­le­gun­gen“ just an jenem Tag, als aus Ita­li­en ein Rekord an Coro­na-Toten ver­mel­det wur­de. Der Zynis­mus, einen volks­wirt­schaft­li­chen Scha­den mit den mög­li­chen Toten gegen­zu­rech­nen, fügt sich in ein Den­ken, das lan­ge Tra­di­ti­on hat.

Die  Berech­nung von Kos­ten und Nut­zen eines Men­schen begann nicht erst mit den Natio­nal­so­zia­lis­ten, wur­de aber dort ohne jeg­li­chen Wider­spruch bru­tal auf den Höhe­punkt getrie­ben und führ­te direkt in die Tötung „unwer­ten Lebens“.

Der NS hat­te genau berech­net, wie viel „Erspar­nis“ die Tötung von „unpro­duk­ti­ven“ Leben brin­gen wür­de. In der ers­ten Pha­se der „Euthanasie“-Morde von Janu­ar 1940 bis August 1941 ergibt sich allein eine Erspar­nis auf zehn Jah­re hoch­ge­rech­net von 885.439.800 Reichsmark.

„Die Berech­nung des Net­to­er­trags­werts eines Men­schen im Sti­le Fried­rich Zahns führ­te dazu, daß Töten – sta­tis­tisch gese­hen – zur Leis­tung wur­de, denn der leben­di­ge Mensch, der eine nega­ti­ve Leis­tungs­bi­lanz auf­wies, ver­ur­sach­te tote Kos­ten.“ (Götz Aly, Karl Heinz Roth) (1)

Es blei­ben zwei Fra­gen: Wer­den uns die bei­den FPÖ-Gemein­de­rä­te eine Zahl nen­nen, wie viel uns, der Volks­wirt­schaft, die Ret­tung von Men­schen­le­ben kos­ten darf? Und was meint Frau Wal­cher, wenn sie zustimmt, dass das Coro­na­vi­rus eine Reli­gi­on sei? Bei­de soll­ten aller­dings vor­her die Über­le­gun­gen von Nata­scha Strobl lesen:

P.S.: Wal­cher hat­te sich schon 2016 her­vor­ge­tan und ihr Men­schen­bild unter Beweis gestellt, als sie Geflüch­te­te als „not­gei­le jun­ge Musel­ma­ne“ diffamierte.

1 zit. nach: Anne Allex, Diet­rich Kalkan (Hg.): aus­ge­steu­ert – aus­ge­grenzt … angeb­lich aso­zi­al. Neu-Ulm 2009, S. 165.