Die letzten „aktuellen“ Meldungen auf der Homepage der IBÖ stammen vom September 2019. Das wirkt nicht sehr überzeugend und schon gar nicht motivierend! Wenig motivierend ist auch, dass der Mitgründer und Co-Chef vom Martin, Patrick Lenart, seit Jahr und Tag, genauer seit Oktober 2018 auf Weitreise ist. Damit fällt der Oberidentitäre Patrick für die identitäre Verteidigung Europas ziemlich aus. Nachdem wir über seine Absenz berichtet haben, hat Patrick seine Facebook-Präsenz deutlich eingeschränkt.
Der Leiberl-bzw. Online-Versand „Phalanx Europa“, über den Patrick Lenart und Martin Sellner seit 2013 ihre identitären Sprücherl verkauft haben, ist im Herbst 2019 in Österreich abgewickelt und in Rostock neu installiert worden – mit einem alten Aktivisten der Identitären, Daniel Sebbin. Sebbin betreibt gemeinsam mit dem deutschen Oberidi Daniel Fiß an der gleichen Adresse auch die „Okzident Media UG“.
„Wir müssen reden“, ist der Titel einer Kampagne der IBÖ. Dafür scheint es zu spät. Nicht zuletzt, nachdem der ideologische Leithammel der Neuen Rechten, Götz Kubitschek, an dessen „Institut für Staatspolitik“ in Schnellroda auch Martin als Lehrbub Aufnahme gefunden hatte, ausgerechnet in der rechtsextremen Zeitschrift „Neue Ordnung“ (Ares-Verlag) sein Verdikt über die Identitäre Bewegung sprach: „Zum einen ist dieser wirklich gute Ansatz einer patriotischen, nicht-extremen und sehr kreativen Jugendbewegung nun bis zur Unberührbarkeit kontaminiert. Das bedeutet: Es wird nichts Großes mehr daraus.“
Einmal in Fahrt gekommen, lässt Kubitschek aber wirklich nichts mehr aus:
„Manche Leute und Gruppierungen werden zu ‚weißen Billiardkugeln’ gemacht, mit denen dann andere Kugeln ins Loch gestoßen werden sollen – Sie kennen das Spiel, nehme ich an. Mit Blick auf die Identitären war das zu erwarten, es war ziemlich bald klar, dass diese Rolle genau dieser Bewegung zugedacht wäre. Jung, aktivistisch, die eine oder andere einschlägige Biographie von rechtsextremistisch zu identitär (…): Das sind die Zutaten für einen miesen Cocktail, und alle Beteuerungen und Alltagsbeweise für die völlige Friedfertigkeit haben nichts mehr retten können.“
Was Kubitschek zu dieser deutlichen Absage an seine Gesinnungsfreunde veranlasst hat, darüber wird in der Szene gerätselt. Zunächst bedeutet es Stunk. Der neurechte Blog „Philosophia Perennis“, den Identitären ebenfalls lange zugetan, rätselte etwa genüsslich über die Motive:
“….finanzieller Neid könnte eine Rolle spielen: wie die Spenden- und Steuerskandale der letzten Monate zeigen, haben Aktivisten der IB ungeheure Summen an Spenden generiert – die allerdings nicht in Kubitscheks Spendensammelprojekt ‚EinProzent’ flossen. Inhaltliche Differenzen oder gar Einsicht wird man – nach dem, was man von Kubitschek seit vielen Jahren kennt – in jedem Fall ausschließen können.“
Kubitscheks Lehrbub Martin zieht jedenfalls Konsequenzen: Er will sich neu erfinden – mit einer neuen Identität ausstatten. Zeitgerecht zum Akademikerball der FPÖ kündigt er ein Gründungstreffen seiner neuen Truppe an, die sich „Die Österreicher“ nennt – mit dem Kürzel DO5, das möglicherweise für Deutschösterreicher steht. Beim Burschi- alias FPÖ-Akademikerball kann er sicher einige Burschen dazu motivieren, am nächsten Tag ihn als neuen Chef zu bejubeln. Nüchternheit wäre da geradezu ein Hindernis!
Wobei der Martin diesmal ganz bescheiden möglicherweise einem anderen den Vortritt lässt. Pro Forma jedenfalls. Das hat sich schon beim ersten Auftritt der neuen Sellner-Truppe am 7. Jänner 2020 gezeigt, wo tapfer gegen die „linksradikalste und totalitärste Regierung“ demonstriert wurde. So richtig auf eigenen Beinen stand die wackelige „DO5“ da noch nicht, das Zitat kam vom Georg Nagel, dem gescheiterten Pegida-Sprecher, und das Fußvolk bildeten ebenfalls AktivistInnen der diversen gescheiterten rechtsextremen Grüppchen von Pegida über Partei des Volkes bis hin zu den Identitären, die man ja jetzt auch schon getrost zu den Gescheiterten rechnen kann.
Der Martin hielt sich mit seiner rund 20-minütigen Rede ziemlich dezent im Hintergrund und überließ die Restredezeit von ein paar Minuten dann dem neuen Sternchen der „DO5“, Jakob Gunacker. Der muss noch ein bisschen üben als Redner und Chef, obwohl er als esoterischer Guru schon ziemliche Erfahrung hat, wie der lesenswerte Blogbeitrag von Christian Kreil auf standard.at belegt.
Wir warten gespannt auf die weiteren Entwicklungen bei dem seltsamen Verein und seinem Spitzenduo. Immerhin hatte der Martin bisher mit allen seinen Co-Vorsitzenden Probleme – aber das ist eine andere Geschichte.
Das allmähliche Absterben der IBÖ bedeutet jedoch nicht, dass damit die dahinterliegenden Strukturen verschwinden. In Oberösterreich folgte auf den „Verein für lebendige Kultur und Brauchtumspflege“, der im Mai 2019 von der Behörde aufgelöst wurde, der „Verein für nachhaltige Kulturarbeit“, der von einem bekannten identitären Aktivisten geleitet wird.
Und weil wir wussten, dass manche Patrioten ein Problem damit haben würden, auf die DO5-Website zu gelangen, haben wir rechtzeitig ausgeholfen und einen Willkommensgruß an die Patriottel samt Link zur Aufklärung über Rechtsextremismus eingerichtet.