Die braune Leimrute „Unbequem“

Seit sechs Jahren ist die braune Leim­rute der Face­book-Seite „Unbe­quem“ aus­gelegt. Dann erwürgte in Wiener Neustadt vor weni­gen Tagen mut­maßlich Yazan, ein syrisch­er Asyl­wer­ber, die 16-jährige Manuela in einem Park. Den Zorn und die Trauer über den Mord ver­suchen recht­sex­treme Grup­pen für ihre Zwecke zu nutzen, auch die neon­azis­tis­che Seite „Unbe­quem“ aus Wiener Neustadt. Wir haben uns deshalb dort etwas genauer umgesehen.

Trotz deut­lich­er Ver­suche, die Empörung über den Mord mit recht­sex­tremen Parolen zu kanal­isieren, dürfte das wed­er beim Trauer­marsch am 19. Jän­ner noch bei der Gedenkver­anstal­tung am 21. Jän­ner gelun­gen sein. Schlimm genug, dass Recht­sex­treme wie der aus der FPÖ aus­geschlossene Markus Ripfl mit seinem Grüp­pchen „Die Stimme“ als Mitver­anstal­ter des Trauer­marsches auftreten und mit dem het­zerischen Trans­par­ent „Wie viele noch?“ die Spitze bilden durfte. (1) Es ist jeden­falls damit zu rech­nen, dass die Ver­suche, Trauer und Empörung auf recht­sex­treme Mühlen zu leit­en, nicht nur in Wiener Neustadt fort­ge­set­zt, son­dern auch an anderen Orten (Steyr, Tulln) wieder­holt werden.

Kritik an Ripfls Instrumentalisierungsversuch

Kri­tik an Ripfls Instrumentalisierungsversuch

Da kom­men dann auch Recht­sex­treme wie Markus Ripfl oder die Face­book-Seite „Unbe­quem“ ins Spiel. Wobei davon auszuge­hen ist, dass es zwis­chen denen keine Dif­ferenz gibt. Die Face­book-Seite „Unbe­quem“ hat sich als Sym­bol ein Megaphon gewählt, Ripfls Grüp­pchen det­to. Ripfls Grüp­pchen beze­ich­net sich als „die heimatliebende Alter­na­tive“, „Unbe­quem“ will sich als „unab­hängiges heimat­treues Infor­ma­tions­blatt aus Öster­re­ich“ sehen und hat damit sog­ar Erfolg beim „Kuri­er“, der diese Beze­ich­nung für „Unbe­quem“ in sein­er Aus­gabe vom Son­ntag, 20. Jän­ner, unhin­ter­fragt über­nom­men hat. Tat­säch­lich – und daran beste­ht nicht der allerg­er­ing­ste Zweifel – ist „Unbe­quem“, das seit 8. Jän­ner 2013 auf Face­book ein­gerichtet ist, eine neon­azis­tis­che Seite. Das wollen wir mit Fak­ten belegen.

Logo "Die Stimme" (Ripfl)

Logo „Die Stimme” (Ripfl)

Logo "Unbequem"

Logo „Unbe­quem”

Gle­ich unter dem vielfach geteil­ten und gelik­ten Post­ing von „Unbe­quem“ zum Mord an Manuela, der mit der Parole „Gren­zen schließen und Aus­län­der­rück­führung jet­zt!“ fol­gen Beiträge, in denen „Frei­heit für Horst Mahler“, den in Deutsch­land zu mehrfachen mehrjähri­gen Haft­strafen verurteil­ten Neon­azi, gefe­ordert wird. In anderen Beiträ­gen wird den Neon­azi-Idol­en Rudolf Heß, Jür­gen Rieger, Gerd Hon­sik und Her­bert Schweiger gehuldigt.

Auf der Seite find­et aber nicht nur die Ehrerbi­etung für braunen Heroen statt. „Die Demokrat­en brin­gen uns den Volk­stod“, heißt es in einem Foto­beitrag aus dem Jahr 2013. Die „Demokrat­en“, das sind die Feinde für „Unbe­quem“, die „Vertreter der inter­na­tionalen Plu­tokratie“, wom­it wir unmit­tel­bar bei NS-Word­ing ange­langt wären.

"Unbequem": "Die Demokraten bringen uns den Volkstod" (12.11.13)

„Unbe­quem”: „Die Demokrat­en brin­gen uns den Volk­stod” (12.11.13)

2015 erschienen einige von den (neon­azis­tis­chen) „Etschlichtern“ aus Südtirol über­nommene Beiträge, in denen nicht nur ihre Parolen erläutert, son­dern klar ihre ras­sis­tis­che Grund­lage ange­sprochen wird.

Unter „Warum Rück­führung?“ wird aus­ge­führt: „Nur so kön­nen wir den biokul­turellen Charak­ter unseres Volkes und die damit ver­bun­dene Sou­veränität in unserem Land erhal­ten.

Und an ander­er Stelle: „Kein Gericht, kein Beamter, kein Poli­tik­er und kein Papi­er kön­nen einen Asi­at­en oder einen Neger zu einem Deutschen machen“.

"Unbequem:" Deutsche Volksgemeinschaft (26.8.14)

„Unbe­quem:” Deutsche Volks­ge­mein­schaft (26.8.14)

Was da ver­schämt mit der Erhal­tung des „biokul­turellen Charak­ters“ ange­sprochen wird, wächst sich mit den fol­gen­den Sätzen zu einem klar nation­al­sozial­is­tis­chen Beken­nt­nis aus – in aller ras­sis­tis­chen Bru­tal­ität und Eindeutigkeit:

Für uns kann somit ein deutsch­er Staat nur ein Nation­al­staat sein, in dem genetis­che Kri­te­rien über den Regelun­gen der Jus­tiz ste­hen. (…) Unser Ziel ist die Vere­ini­gung des deutschen Volk­skör­pers im Rah­men der eth­nis­chen Selb­st­bes­tim­mung und die Schaf­fung eines sou­verä­nen deutschen Volksstaates.“ (1.8.2015)

Das sollte eigentlich den Ver­dacht der Wieder­betä­ti­gung begründen!

"Unbequem": Nationaler Sozialismus (30.7.13)

„Unbe­quem”: Nationaler Sozial­is­mus (30.7.13)

"Unbequem": Verhältnis Nationalsozialisten – Identitäre (9.6.15): "In Wahrheit verbindet Nationalsozialisten, Nationalisten und die meisten Identitären ein kameradschaftlicher Umgang und ein gemeinsames Wollen. Auf Anfrage von Identitären haben sich also rund 20 Nationalsozialisten zur Unterstützung aufgemacht."

„Unbe­quem”: Ver­hält­nis Nation­al­sozial­is­ten – Iden­titäre (9.6.15): „In Wahrheit verbindet Nation­al­sozial­is­ten, Nation­al­is­ten und die meis­ten Iden­titären ein kam­er­ad­schaftlich­er Umgang und ein gemein­sames Wollen. Auf Anfrage von Iden­titären haben sich also rund 20 Nation­al­sozial­is­ten zur Unter­stützung aufgemacht.”

Seit ihrer Grün­dung 2013 hat die Seite „Unbe­quem“ zu ihren einzel­nen Beiträ­gen im Durch­schnitt zwis­chen ein und fünf Likes erhal­ten – die meis­ten von ihnen aus klar neon­azis­tisch definierten Zusam­men­hän­gen. Würde man die Haft­strafen divers­er Lik­er auf­sum­mieren, käme man auf eine ordentliche Jahreszahl.

Ver­mut­lich hält sich die Zahl der Per­so­n­en, die im Ver­lauf der sechs Jahre die Seite betrieben haben und betreiben, in sehr engen Gren­zen. Es dürfte auch nicht beson­ders schwierig sein, den Admin­is­tra­tor der Seite aus­find­ig zu machen.

"Unbequem": Aufstand mit Krawatte und Anzug

„Unbe­quem”: Auf­s­tand mit Krawat­te und Anzug

Bis zum Mord an Manuela war die Seite „Unbe­quem“ kaum öffentlich – gemeint: jen­seits inter­essiert­er Kreise und Per­so­n­en – bekan­nt. In einem Beitrag , der sich auf die recht­sex­tremen Auss­chre­itun­gen nach dem gewalt­samen Tod eines Chem­nitzers im August 2018 bezieht, erläutern deutsche Neon­azis in einem Beitrag auf „Unbe­quem“, wie sie von steigen­der Verun­sicherung, Polar­isierung und einem öffentlichen Diskurs, der immer deut­lich­er nach Rechts weg­bricht, zu prof­i­tieren hof­fen: „Das ist fein­ster Sprengstoff und wird die demokratis­che Gesellschaft, die ohne­hin nur ein auf Pump finanziertes Kollek­tiv darstellt, auseinan­der­di­vi­dieren.“ Ent­lar­ven­der geht es wohl nicht mehr.

 

1 Das DÖW hat sich mit Ripfl und sein­er Kle­in­st­partei genauer beschäftigt: Neues von ganz Rechts – Mobil­isierungser­folg für recht­sex­treme Kleinpartei