“Freie Österreicher“ ohne Fakten

Net­zw­erke wie Face­book sind nicht ger­ade arm an völ­lig absur­den, lügner­ischen und het­zerischen G’schichterln. Die exter­nen Fak­ten-Check­er, mit denen Face­book die Ver­bre­itung von Fak­e­news ange­blich bekämpfen will, sind jeden­falls noch nicht bis zu den völ­lig fak­ten­freien blauen Face­book-Grup­pen und ‑Seit­en vorge­drun­gen. Eine davon nen­nt sich „Freie Öster­re­ich­er“ und strotzt nur so von het­zerisch­er Dummheit.

Die „Freien Öster­re­ich­er“ haben nicht nur auf ein kor­rek­tes Impres­sum verzichtet, son­dern auch auf die kor­rek­te Selb­st­beze­ich­nung als „Fak­ten­freie Öster­re­ich­er“. Dass sie als „Kon­takt“ die Web­seite der FPÖ angeben, stößt offen­sichtlich nicht auf die Ablehnung der FPÖ, mit der sie sich schon im Vorstel­lungskasterl inten­siv ver­bun­den zeigen: „Freie Öster­re­ich­er unter­stützen tatkräftig die Frei­heitliche Partei Öster­re­ichs …“ Unter diesem Arbeit­sti­tel haben sie auch ca. 4.600 Fans (Stand 22.11.18) auf ihrer Seite versammelt.

Profil- und Header-Foto (Facebook) der Faktenfreien Österreicher

Pro­fil- und Head­er-Foto (Face­book) der Fak­ten­freien Österreicher

Natür­lich wollen die fak­ten­freien Öster­re­ich­er die öster­re­ichis­che Gesellschaft „vor allem vor rot­faschis­tis­chen Ide­olo­gien wie Kom­mu­nis­mus und Sozial­is­mus in all seinen Aus­prä­gun­gen und Erschei­n­ungs­for­men, aber auch vor religiösem Fanatismus, wie Islamis­mus“ schützen. Der Schutz vor Blöd­heit und Het­ze ste­ht lei­der nicht auf der Agenda.

Impressum noch etwas mangelhaft: "Wir sind ganz sicher nicht in der Löwelstraße zu finden! Unsere Heimat ist das christlich geprägte Österreich, das wir über alles lieben. Und das wir vor Unheil schützen, also vor Rotfaschismus, Kommunismus, Sozialismus, Marxismus und Islamismus."

Impres­sum noch etwas mangelhaft

Deshalb kön­nen die fak­ten­freien Öster­re­ich­er auch so etwas als Botschaft verbreiten:

Die meis­ten mus­lim­is­chen Staat­en wer­den von Sozial­is­tis­chen Parteien regiert. Und Ihr wun­dert Euch, weshalb SPÖ und Grüne für ille­gale Ein­wan­derung aus dem mus­lim­is­chen Raum und gegen das Kopf­tuchver­bot sind?“ (19.11.2018)

Dazu gibt’s noch die Auf­forderung: “Nach­denken! Über­denken! Schlüsse ziehen!

Diese Auf­forderung gilt impliz­it nicht für Linke, denn die fak­ten­freien Öster­re­ich­er sind der Ansicht:

Linke sind nach­weis­lich unge­bildet. Daher auch sehr aggres­siv und voller Hass. Linke lassen sich von Gefühlen leit­en, sig­nifikant weniger durch den Ver­stand. Das ist ein typ­is­ches Zeichen der Unge­bilde­ten“. („Freie Öster­re­ich­er“, 16.11.2018).

Dieses Urteil von kom­pe­ten­ter Seite ist natür­lich ein har­ter Schlag für unsere­ins, aber wir kön­nten ja ver­suchen, uns zu den von den fak­ten­freien Öster­re­ich­ern behaupteten Tat­sachen trotz Schaum vor dem Maul durchzukämpfen, ok?

Freie Österreicher: Nachdenken! Übderdenken [sic!] Schlüsse ziehen! Die meisten muslimischen Staaten werden von SOZIALISTISCHEN PARTEIEN regiert.

Freie Öster­re­ich­er: Nach­denken! Übder­denken [sic!] Schlüsse ziehen! Die meis­ten mus­lim­is­chen Staat­en wer­den von SOZIALISTISCHEN PARTEIEN regiert.

Satz 1 „Die meis­ten mus­lim­is­chen Staat­en wer­den von Sozial­is­tis­chen Parteien regiert“, entspricht ein­mal so gar nicht den Tat­sachen. Das begin­nt schon mit der Unklarheit, was als mus­lim­is­ch­er Staat beze­ich­net wer­den kann. Wikipedia nen­nt als die zehn Län­der mit dem größten mus­lim­is­chen Bevölkerungsan­teil Indone­sien, Pak­istan, Indi­en, Banglade­sch, Ägypten, Nige­ria, Iran, Türkei, Alge­rien und Marokko.

Fünf dieser Staat­en (Indone­sien, Indi­en, Nige­ria, Türkei und Banglade­sch) sind – mit Ein­schränkun­gen – säku­lar ori­en­tiert, die anderen fünf haben den Islam als Staat­sre­li­gion ver­ankert. Von den fünf islamis­chen Staat­en (Ägypten, Pak­istan, Iran, Alge­rien, Marokko) kann nur Alge­rien- mit starken Ein­schränkun­gen – als sozialdemokratisch regiert beze­ich­net wer­den, unter den fünf laizis­tis­chen Län­dern hat am ehesten die Awa­mi-Liga in Banglade­sch sozialdemokratis­che Ten­den­zen und – mit noch größeren Ein­schränkun­gen – die „neue“ nige­ri­an­is­che Regierungspartei „All Pro­gres­sives Con­gress“. Indi­en ist in diesem Rank­ing ein Son­der­fall, weil es in dem for­mal säku­laren Land zwar eine rel­e­vante mus­lim­is­che Min­der­heit, aber eine deut­liche hin­duis­tis­che Mehrheit mit ein­er weit rechts ste­hen­den Regierungspartei (BJP) gibt. Unter den zehn größten mus­lim­is­chen Län­dern gibt es also max­i­mal drei, die unter Sozialismus-„Verdacht“ stehen.

Nehmen wir statt Indi­en die näch­st­größten mus­lim­is­chen Staat­en, näm­lich Sau­di-Ara­bi­en und Malaysia, in unsere Zäh­lung hinein, schaut’s noch schlechter aus für die Behaup­tung der fak­ten­freien Öster­re­ich­er. Sau­di-Ara­bi­en ist eine absolute Monar­chie, in der es tat­säch­lich eine Sozial­is­tis­che und eine Grüne Partei geben soll, aber die sind – so wie die kom­mu­nis­tis­che Partei – jeden­falls ille­gal. In Malaysia, das erst seit kurzem über eine neue Regierung ver­fügt, kann die Regierungskoali­tion Pakatan Hara­pan am ehesten als Bünd­nis der Mitte beze­ich­net werden.

Also weit und bre­it keine Mehrheit von sozial­is­tis­chen Regierun­gen in mus­lim­is­chen Län­dern in Sicht!

Satz 2, der noch dazu in Form ein­er Frage for­muliert ist, fehlt es daher schon an ein­er logis­chen Verknüp­fung zu den Fak­ten in Satz 1, aber auch an inner­er Logik: Wer so wie SPÖ und Grüne für legale Zuwan­derung in geregel­ter Form und daher auch für den UN-Migra­tionspakt ein­tritt, will ille­gale Zuwan­derung auss­chließen. Umgekehrt gilt aber auch: Wer legale Zuwan­derung auss­chließen und nicht regeln will, redet der ille­galen Zuwan­derung das Wort. Ob die fak­ten­freien Öster­re­ich­er das auch so sehen?

Nach­denken! Über­denken! Schlüsse ziehen!

Somit bleibt nur noch das ille­gale Impres­sum der Fak­ten­freien offen, Aber vielle­icht kön­nen wir das auch noch klären.