Die „Freien Österreicher“ haben nicht nur auf ein korrektes Impressum verzichtet, sondern auch auf die korrekte Selbstbezeichnung als „Faktenfreie Österreicher“. Dass sie als „Kontakt“ die Webseite der FPÖ angeben, stößt offensichtlich nicht auf die Ablehnung der FPÖ, mit der sie sich schon im Vorstellungskasterl intensiv verbunden zeigen: „Freie Österreicher unterstützen tatkräftig die Freiheitliche Partei Österreichs …“ Unter diesem Arbeitstitel haben sie auch ca. 4.600 Fans (Stand 22.11.18) auf ihrer Seite versammelt.
Natürlich wollen die faktenfreien Österreicher die österreichische Gesellschaft „vor allem vor rotfaschistischen Ideologien wie Kommunismus und Sozialismus in all seinen Ausprägungen und Erscheinungsformen, aber auch vor religiösem Fanatismus, wie Islamismus“ schützen. Der Schutz vor Blödheit und Hetze steht leider nicht auf der Agenda.
Deshalb können die faktenfreien Österreicher auch so etwas als Botschaft verbreiten:
„Die meisten muslimischen Staaten werden von Sozialistischen Parteien regiert. Und Ihr wundert Euch, weshalb SPÖ und Grüne für illegale Einwanderung aus dem muslimischen Raum und gegen das Kopftuchverbot sind?“ (19.11.2018)
Dazu gibt’s noch die Aufforderung: “Nachdenken! Überdenken! Schlüsse ziehen!“
Diese Aufforderung gilt implizit nicht für Linke, denn die faktenfreien Österreicher sind der Ansicht:
„Linke sind nachweislich ungebildet. Daher auch sehr aggressiv und voller Hass. Linke lassen sich von Gefühlen leiten, signifikant weniger durch den Verstand. Das ist ein typisches Zeichen der Ungebildeten“. („Freie Österreicher“, 16.11.2018).
Dieses Urteil von kompetenter Seite ist natürlich ein harter Schlag für unsereins, aber wir könnten ja versuchen, uns zu den von den faktenfreien Österreichern behaupteten Tatsachen trotz Schaum vor dem Maul durchzukämpfen, ok?
Satz 1 „Die meisten muslimischen Staaten werden von Sozialistischen Parteien regiert“, entspricht einmal so gar nicht den Tatsachen. Das beginnt schon mit der Unklarheit, was als muslimischer Staat bezeichnet werden kann. Wikipedia nennt als die zehn Länder mit dem größten muslimischen Bevölkerungsanteil Indonesien, Pakistan, Indien, Bangladesch, Ägypten, Nigeria, Iran, Türkei, Algerien und Marokko.Fünf dieser Staaten (Indonesien, Indien, Nigeria, Türkei und Bangladesch) sind – mit Einschränkungen – säkular orientiert, die anderen fünf haben den Islam als Staatsreligion verankert. Von den fünf islamischen Staaten (Ägypten, Pakistan, Iran, Algerien, Marokko) kann nur Algerien- mit starken Einschränkungen – als sozialdemokratisch regiert bezeichnet werden, unter den fünf laizistischen Ländern hat am ehesten die Awami-Liga in Bangladesch sozialdemokratische Tendenzen und – mit noch größeren Einschränkungen – die „neue“ nigerianische Regierungspartei „All Progressives Congress“. Indien ist in diesem Ranking ein Sonderfall, weil es in dem formal säkularen Land zwar eine relevante muslimische Minderheit, aber eine deutliche hinduistische Mehrheit mit einer weit rechts stehenden Regierungspartei (BJP) gibt. Unter den zehn größten muslimischen Ländern gibt es also maximal drei, die unter Sozialismus-„Verdacht“ stehen.
Nehmen wir statt Indien die nächstgrößten muslimischen Staaten, nämlich Saudi-Arabien und Malaysia, in unsere Zählung hinein, schaut’s noch schlechter aus für die Behauptung der faktenfreien Österreicher. Saudi-Arabien ist eine absolute Monarchie, in der es tatsächlich eine Sozialistische und eine Grüne Partei geben soll, aber die sind – so wie die kommunistische Partei – jedenfalls illegal. In Malaysia, das erst seit kurzem über eine neue Regierung verfügt, kann die Regierungskoalition Pakatan Harapan am ehesten als Bündnis der Mitte bezeichnet werden.
Also weit und breit keine Mehrheit von sozialistischen Regierungen in muslimischen Ländern in Sicht!
Satz 2, der noch dazu in Form einer Frage formuliert ist, fehlt es daher schon an einer logischen Verknüpfung zu den Fakten in Satz 1, aber auch an innerer Logik: Wer so wie SPÖ und Grüne für legale Zuwanderung in geregelter Form und daher auch für den UN-Migrationspakt eintritt, will illegale Zuwanderung ausschließen. Umgekehrt gilt aber auch: Wer legale Zuwanderung ausschließen und nicht regeln will, redet der illegalen Zuwanderung das Wort. Ob die faktenfreien Österreicher das auch so sehen?
„Nachdenken! Überdenken! Schlüsse ziehen!“
Somit bleibt nur noch das illegale Impressum der Faktenfreien offen, Aber vielleicht können wir das auch noch klären.