„Erstaunlich“ daneben

„Erstaunlich“ nen­nt sich ein blaßbläulich­es Inter­net-Medi­um, das seit Jahren die Flat­u­len­zen von FPÖ-Granden gewis­senhaft auswertet, inter­pretiert und – mit mil­dem Odeur verse­hen – veröf­fentlicht. Über­wiegend ziem­lich öde, aber Schw­er­star­beit – nicht nur wegen der Gerüch(t)e. Unser volles Mitleid! Wenn’s aber so in die Hose geht wie beim Ver­such, den alten anti­semi­tis­chen Banker-Car­toon von Stra­che neu zu par­fümieren, dann müssen wir einschreiten.

Die ursprüngliche Geschichte ist mit­tler­weile ein­fach zu erzählen. 2012 veröf­fentlichte Stra­che auf sein­er Face­book-Seite einen ein­deutig anti­semi­tis­chen Car­toon: eine aus­ge­hungerte Per­son, die das „Volk“ sym­bol­isieren soll, sitzt einem fet­ten Banker mit Haken­nase und David­ster­nen auf den Man­schet­tenknöpfen gegenüber, dazwis­chen eine Fig­ur als „Regierung“, die dem Banker auf dessen reich­lich gedeck­ter Tis­chhälfte auch noch „ein­schenkt“.

Stra­che zeigte nicht die Orig­i­nalver­sion des sim­pel gestrick­ten US-Car­toons, son­dern eine ein­deutig anti­semi­tis­che Vari­ante: die Knol­len­nase im Orig­i­nal war zu ein­er Haken­nase ver­fälscht, die Man­schet­tenknöpfe mit David­ster­nen aufgepeppt und sog­ar der Blick des Bankers zu einem „stechen­den“ verän­dert wor­den. Anti­semitismus im „Stürmer“-Stil!

Nach mas­siv­er öffentlich­er Kri­tik gab sich Stra­che belei­digt und natür­lich völ­lig missver­standen. Der anti­semi­tis­chen Car­toon-Vari­ante fol­gte in einem weit­eren Stra­che-Kom­men­tar die „harm­lose“ Vari­ante mit der Knol­len­nase. Ohne Entschuldigung! Ganz im Gegen­teil. Noch Anfang Mai 2018 vertei­digte Stra­che seinen ursprünglichen Car­toon von 2012 in ein­er Diskus­sion mit dem Vor­sitzen­den der jüdis­chen Hochschüler­schaft. „Es gibt über­haupt keinen Anti­semitismus im Text oder im Bild”, erk­lärte er damals in ein­er Puls-4-Diskus­sion. Knapp vor dem Staats­be­such von Kan­zler Kurz in Israel im Juni 2018 löschte Stra­che dann seinen Car­toon – nach 6 Jahren! Der Vor­sitzende der Israelitis­chen Kul­tus­ge­meinde, Oskar Deutsch, merk­te zu diesem selt­samen Vor­gang trock­en an:

Es wäre eine glaub­hafte Dis­tanzierung, wenn Herr Stra­chebeken­nen würde, dass er eine anti­semi­tis­che Karikaturveröf­fentlicht hat­te, und sich öffentlich dafür entschuldigt.“ (Öster­re­ich, 19.5.2018)

Die glaub­hafte Dis­tanzierung wollte oder kon­nte Stra­che nicht liefern. Dafür bemüht sich „Erstaunlich“ jet­zt, dem streng anti­semi­tis­chen Odeur eine ganz andere Duft­note anzu­dicht­en, näm­lich in der Manier von Don­ald Trump, der mit ver­fälscht­en Videos („alter­na­tive facts“) die Bösar­tigkeit eines Reporters bele­gen will. Wer an den Anti­semitismus im Stra­che-Car­toon erin­nert, der soll der Böse sein.

Als die Face­book-Seite FPÖ-Fails vor kurzem der anti­semi­tis­chen Vari­ante des Car­toons mit der Haken­nase und den David­ster­nen die Vari­ante mit der Knol­len­nase gegenüber­stellte und zum Beweis dafür, dass es sich beim Stra­che-Car­toon wirk­lich um eine anti­semi­tis­che Vari­ante gehan­delt hat­te, Nasen­ze­ich­nun­gen des „Stürmer“ hinzufügte, war „Erstaunlich“ deshalb nicht über Stra­che, son­dern über FPÖ-Fails empört, schrieb von „ver­fälscht­en Screen­shots“ und von Dif­famierung und Diskred­i­tierung Ander­s­denk­ender usw …

„FPÖ-Fails“ hat in ein­er kurzen Bildgeschichte die anti­semi­tis­che Car­toon-Vari­ante von Stra­che erk­lärt: völ­lig kor­rekt den Stra­che-Car­toon dem US-Orig­i­nal gegenübergestellt, die anti­semi­tis­chen Zutat­en (Haken­nase und David­sterne) hervorgehoben.

Zusammenstellung: Straches Banker im Stürmer-Stil (https://www.facebook.com/fpoefails/photos/p.1509614569142029/1509614569142029/?type=3&theater)

Zusam­men­stel­lung: Stra­ches Banker im Stürmer-Stil (https://www.facebook.com/fpoefails/photos/p.1509614569142029/1509614569142029/?type=3&theater)

„Krim­inell“ sei das, was FPÖ-Fails da ver­sucht habe, denn dadurch würde den Lesern von FPÖ-Fails „augen­schein­lich ver­mit­telt“, dass Stra­che ein Fan des „Stürmer“ sei, wet­tert „Erstaunlich“.

Erstens hat FPÖ-Fails den anti­semi­tis­chen Banker von Stra­che nicht ver­fälscht, son­dern so wiedergegeben, wie er auf Stra­ches Face­book-Seite zu sehen war. „Hal­tet den Dieb!“, nen­nt man die Meth­ode, die „Erstaunlich“ hier prak­tiziert. Wenn wo ein „ver­fälschter“ Car­toon zu sehen war, dann auf Stra­ches Facebook-Seite!

Fake-News im Posting von "Erstaunlich"

Fake-News im Post­ing von „Erstaunlich”

Zum zweit­en hat FPÖ-Fails nicht unter­stellt, dass Stra­che ein Fan des NS-„Stürmer“ ist, son­dern bildlich belegt, dass der Stra­che-Car­toon anti­semi­tisch war – und zwar durch Ver­wen­dung der „Stürmer“-Bildsprache. Und weil sich das selb­st nach sechs Jahren nicht bestre­it­en, son­dern höch­stens ver­tuschen bzw. par­fümieren lässt, muss „Erstaunlich“ natür­lich heftig dage­gen­hal­ten und verzweifelt seine Par­füm­pumpe drück­en, aber das hil­ft nicht gegen den Gestank!