Gratiskuren für muslimische Paare?

Die Lüge hat schon einen lan­gen Bart. Seit Jahren kur­siert über diverse Kanäle (Mail, soziale Net­zw­erke), dass öster­re­ichis­che Krankenkassen den Ehemän­nern von mus­lim­is­chen Frauen auf Kur automa­tisch und gratis eben­falls ein Kuraufen­thalt bezahlt würde. Wir haben das 2015 wider­legt, mimika­ma schrieb 2017 und zitierte dazu die oö. Gebi­et­skrankenkasse, die scharf demen­tierte. Jet­zt wird die Het­zlüge wieder durch Face­book getrieben. Warum?

In der Regel wer­den Het­zlü­gen wie jene über die automa­tis­chen und kosten­losen Kuraufen­thalte für mus­lim­is­che Ehemän­ner vor Wahlen in Umlauf gebracht oder – so wie dem­nächst wieder das ver­meintliche Niko­laus-Ver­bot in Wiener Kindergärten – zu bes­timmten wiederkehren­den Ter­mi­nan­lässen. Es gibt bzw. gab aber in Öster­re­ich aktuell keine Wahlen. Auch nicht in abse­hbar­er Zeit.

Allerd­ings in Deutsch­land. Am 28.10.18 fand die Land­tagswahl in Hes­sen statt, bei der auch die recht­sex­treme AfD antrat – und wie der Zufall so spielt, wurde die abge­s­tandene Lüge am 21.10.18 wieder über Face­book einge­spielt – durch Karin E., die in der schwäbis­chen Stadt Königs­brunn zuhause ist und ver­mut­lich von der öster­re­ichis­chen Sozialver­sicherung so viel Ken­nt­nis hat wie von der Dun­klen Materie. Ihrem Screen­shot mit der Kurlüge, der noch mit der Frage begin­nt, „Nicht zu glauben, oder ?“, fügt sie zur Sicher­heit den bekräfti­gen­den Satz hinzu: „Ja Leute, so sieht’s aus….“

Karin E.: "Ja Leute. so sieht's aus...."

Karin E.: „Ja Leute, so sieht’s aus.…”

Bei Karin E. hal­ten sich die Reak­tio­nen auf den von ihr irgend­wo geklaut­en Screen­shot noch in Gren­zen, aber die Stich­worte „Mus­lime“, „gratis“, „Kur“, „Sit­ten­bild“ funk­tion­ieren wun­der­bar und lösen reflex­hafte Reak­tio­nen aus. Das Post­ing aus Königs­brunn wurde über 100mal geteilt, lan­dete in AfD-Grup­pen, wurde sog­ar in Nor­we­gen gesichtet, sin­niger­weise auch in der ver­schwörungs­the­o­retis­chen und anti­semi­tis­chen Gruppe „Glaub nicht alles !“, die „gemein­sam gegen die Neue Wel­tord­nung“ ankämpfen will und nun im Zwis­chen­stopp bei den öster­re­ichis­chen Krankenkassen gelandet ist.

Antisemitische Gruppe "Glaub nicht alles!"

Anti­semi­tis­che Gruppe „Glaub nicht alles!”

Vere­inzelt gab es auch Nach­fra­gen zu der Lüge. Schon bei der beken­nen­den AfD-lerin Karin E. forderte jemand, „bitte detail­liert­er!“, erhielt aber keine Antwort. Wie denn auch? Karin E. kön­nte eher Details über die Dun­kle Materie liefern als Einzel­heit­en über die automa­tis­chen Gratisku­raufen­thalte für mus­lim­is­che Ehep­aare. Stattdessen liefert sie ihre Befürch­tung ab, dass „es bei uns nicht anders ist….!“. Ja, sich­er sog­ar, denn auch in Deutsch­land gibt es keine automa­tis­chen Gratisku­raufen­thalte für mus­lim­is­che Paare.

Die meis­ten Pos­terIn­nen sehen sich allerd­ings in ihren dun­klen Ahnun­gen bestätigt. Eini­gen wur­den schon Kuraufen­thalte abgelehnt, und jet­zt glauben sie zu wis­sen, warum. Für andere reicht schon der Hin­weis auf „Mus­lime“ aus, um sich jedes Vorurteil bestäti­gen zu lassen. Als sich den­noch in ein­er AfD-Gruppe ein trotziger Agnos­tik­er zu der Fest­stel­lung ver­steigt, dass er erst eine Bestä­ti­gung aus Öster­re­ich sehen wolle, bevor er die Kur-Lüge glaube, antwortet ihm ein­er, der das Post­ing geteilt hat: „Keine Sorge, es ist über­all so, man muss es nur erken­nen!

Josef G.: "man muss es nur erkennen!"

Josef G.: „man muss es nur erkennen!”

Gegen diesen Erken­nt­nis­blitz, der jede hohle Birne zum Leucht­en bringt, bleibt natür­lich jedes Argu­ment wirkungs- und kraftlos.

Trotz­dem hier noch ein­mal die Fak­ten: Stoppt­dierecht­en und Mimika­ma

Im Antrag wird nicht nach der Religionszugehörigkeit gefragt

Im Antrag wird nicht nach der Reli­gion­szuge­hörigkeit gefragt

P.S.: Dass so etwas dann aus Deutsch­land wieder nach Öster­re­ich zurückschwappt und nochmals auch hierzu­lande Fahrt aufn­immt, ist fast selb­stver­ständlich. FPÖ Fails hat einen FPÖ-Gemein­der­at dabei „ertappt“. Der hat es danach wenig­stens wieder gelöscht.