Medienschnipsel (I): Grubinger, Spira, und Ambros

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Um die Lebens­zeit von zumin­dest eini­gen inter­es­san­ten Inter­views und star­ken Aus­sa­gen aus den Som­mer­mo­na­ten zu ver­län­gern, ver­wei­sen wir hier in Aus­zü­gen auf sie. Her­bert Lack­ner inter­view­te für pro­fil den Schlag­zeu­ger Mar­tin Gru­bin­ger, die Süd­deut­sche den Sän­ger Wolf­gang Ambros und der Stan­dard Ein­schät­zun­gen der TV-Jour­na­lis­tin Eliza­beth T. Spi­ra.

Mar­tin Gru­bin­ger: Dem Kanz­ler fehlt Entscheidendes

Her­bert Lack­ner inter­viewt Mar­tin Gru­bin­ger für pro­fil Nr. 29 vom 16.7.2018.

pro­fil: Die neue Regie­rung begeis­tert Sie nicht son­der­lich. Eini­ge Zita­te aus Ihren Pos­tings der letz­ten Wochen: „Unser Bun­des­kanz­ler ver­sucht per­ma­nent, sich auf Kos­ten ande­rer Staa­ten und deren Füh­rer zu pro­fi­lie­ren.” Oder: „Im Stre­ben nach Wäh­ler­ma­xi­mie­rung haben CSU und ÖVP ihre christ­lich-sozia­len Wur­zeln verkauft.”

Gru­bin­ger: Genau. Wo sind denn da noch Wer­te wie Barm­her­zig­keit, Nächs­ten­lie­be, Mensch­lich­keit — egal ob man das aus einer huma­nis­ti­schen Posi­ti­on sieht oder aus der christ­lich-sozia­len Tra­di­ti­on? Es waren doch ent­schei­den­de Errun­gen­schaf­ten, dass wir uns an die Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on hal­ten, dass wir Ver­trä­ge ein­hal­ten, dass wir ein Min­dest­maß an Mit­ge­fühl mit­brin­gen. Recht und Geset­ze müs­sen in jeder Hin­sicht gel­ten. Die genann­ten Errun­gen­schaf­ten haben uns 70 Jah­re Frie­den in Euro­pa gebracht. Sebas­ti­an Kurz sagt, er grün­det die „Ach­se Ber­lin-Wien-Rom”, und als er auf die böse his­to­ri­sche Belas­tung die­ses Begriffs hin­ge­wie­sen wird, meint er, er las­se sich die­sen Begriff nicht neh­men. Ein Kanz­ler braucht Geschichts­be­wusst­sein. Wenn er das nicht mit­bringt, dann fehlt ihm Ent­schei­den­des. Wir in Öster­reich haben eine beson­de­re Ver­ant­wor­tung, und des­halb muss ein Bun­des­kanz­ler mit der Spra­che sorg­sam umgehen.

pro­fil: Was aller­dings für sei­nen Wahl­sieg nicht von gro­ßer Bedeu­tung war.

Gru­bin­ger: Durch­aus. Aber die ÖVP und Kurz könn­ten nach ihrem ful­mi­nan­ten Wahl­sieg auch eine ande­re Poli­tik machen. Kurz wählt den für Öster­reich und Euro­pa fal­schen Weg.

pro­fil: ÖVP und FPÖ hat­ten bei den Wah­len gemein­sam etwa 58 Pro­zent und lie­gen in den der­zei­ti­gen Umfra­gen etwa immer noch bei die­sem Wert. Wie erklä­ren Sie sich das?

Gru­bin­ger: Unter ande­rem damit, dass die Sozi­al­de­mo­kra­tie, zu der ich mich beken­ne, Feh­ler gemacht hat. Ich lebe auf dem Land, im Haus­ruck­vier­tel. Und selbst­ver­ständ­lich spü­ren wir Ver­än­de­run­gen in der täg­li­chen Ver­sor­gung anders als die Men­schen in den Städ­ten. Da gibt es Orte, in denen der Haus­arzt in Pen­si­on geht und die Gesund­heits­ver­sor­gung nicht mehr gesi­chert ist. Das ein­zi­ge Geschäft ist weg, der Zug bleibt nicht mehr ste­hen, das Inter­net ist lang­sam, es gibt kei­ne gute Kin­der­be­treu­ung. Die Men­schen füh­len sich abge­hängt. Das alles sind auch sozi­al­de­mo­kra­ti­sche The­men, aber ich sehe bei uns eigent­lich nie Sozi­al­de­mo­kra­ten. Die SPÖ muss ver­ste­hen ler­nen, dass Öster­reich nicht an der Wie­ner West­aus­fahrt endet.

pro­fil: ÖVP und FPÖ leg­ten beson­ders dort zu, wo es gar kei­ne Flücht­lin­ge gibt. Wie erklä­ren Sie sich das?

Gru­bin­ger: Mit zu wenig Auf­klä­rungs­ar­beit auf dem Land. Es wur­de den Men­schen das Gefühl gege­ben, sie leb­ten in Unsi­cher­heit. Die Ant­wort muss sein: Raus­ge­hen und argu­men­tie­ren, vor­bei an den gro­ßen Bou­le­vard­blät­tern, damit die Men­schen wie­der die Pro­po­nen­ten der Sozi­al­de­mo­kra­ten ken­nen­ler­nen – nicht auf den gro­ßen Märk­ten, son­dern in den klei­nen Ortschaften.

Wolf­gang Ambros: Vie­le brau­ne Hau­fen in der FPÖ

Ehr­lich gesagt, so ken­nen wir den Wolf­gang Ambros bis­her noch nicht. So klar und gerad­li­nig, wie er in einem Inter­view mit der „Süd­deut­schen“ über die FPÖ und Kanz­ler Kurz urteilte.

SZ: In Öster­reich regiert seit Dezem­ber 2017 eine Koali­ti­on aus FPÖ und ÖVP, Letz­te­re stellt mit Sebas­ti­an Kurz den Kanz­ler. Was genau macht Ihnen Sorge? 

W.A.: Schau­en Sie sich das letz­te Drei­vier­tel­jahr doch an. Fast jede Woche gibt es einen klei­nen oder grö­ße­ren Ham­mer in Ver­bin­dung mit FPÖ-Per­so­nal. Damit mei­ne ich nicht nur den Skan­dal über das Bur­schen­schaft­ler-Lied­buch, in dem von Juden­ver­ga­sun­gen die Rede war.

SZ: Heinz-Chris­ti­an Stra­che, der FPÖ-Chef und Vize­kanz­ler, beteu­ert, gegen Extre­mis­mus und vor allem Anti­se­mi­tis­mus zu sein. 

W.A.: Ich glaub dem kein Wort. Ich bin mir sicher, dass es vie­le brau­ne Hau­fen in der FPÖ gibt. Weil die Regie­rung die gan­ze Zeit nur über Aus­län­der redet, fällt vie­len Öster­rei­chern gar nicht auf, wohin die Rei­se geht. Die Plä­ne die­ser Regie­rung bekom­men nicht nur die Flücht­lin­ge zu spü­ren, son­dern bald auch ärme­re Öster­rei­cher. Neu­lich hat die FPÖ-Sozi­al­mi­nis­te­rin Bea­te Har­tin­ger-Klein behaup­tet, von 150 Euro im Monat kön­ne man leben. Das ist doch irr­sin­nig! Als die Regie­rung gebil­det wur­de, war abzu­se­hen, dass die FPÖ sich auf jeder Ebe­ne nicht staats­tra­gend ver­hält. Nicht abzu­se­hen war aber, dass unser Herr Bun­des­kanz­ler skan­da­lö­se Aus­sa­gen der FPÖ unkom­men­tiert lässt. Der schweigt immer, wenn es unan­ge­nehm wird.

SZ: Kön­nen Sie erklä­ren, war­um Kurz trotz­dem so popu­lär ist? 

W.A.: Er sagt immer das Rich­ti­ge, weil er inhalt­lich nix sagt. Auf die Leu­te wirkt das angenehm.

SZ: Inhalts­ar­mes Reden, das wirft man manch­mal auch Ange­la Mer­kel vor. Wie­so wird das bei Kurz nicht kritisiert?

W.A.: Er ist halt jung, fesch und geschmei­dig. Des­halb fällt das vie­len Leu­ten nicht so auf. Mit Stra­che hat er den Mann fürs Gro­be. Dem und sei­ner rechts­ra­di­ka­len Trup­pe lässt Kurz ein­fach alles durch­ge­hen. Von einem Kanz­ler erwar­te ich, dass er auf den Tisch haut, wenn der Koali­ti­ons­part­ner sich danebenbenimmt.

Ail­ura, CC BY-SA 3.0 AT

Eliza­beth T. Spi­ra: Ich mag weder Kurz noch Strache

In einem Gespräch mit dem Stan­dard äußer­te sich Eliza­beth T. Spi­ra nicht nur zu einer mög­li­chen Fort­set­zung ihres Quo­ten­hits „Liebesg’schichten und Hei­rats­sa­chen“. Der Stan­dard” vom 13.07.2018

Eine Ent­schei­dungs­hil­fe könn­te der Regis­seu­rin die Zusam­men­set­zung der künf­ti­gen ORF-Spit­ze lie­fern. Schwarz-Blau bas­telt an einem neu­en ORF-Gesetz, das statt eines Allein­ge­schäfts­füh­rers einen Vie­rer­vor­stand an der Spit­ze des ORF brin­gen könn­te. Käme die FPÖ mit ihren Per­so­nal­wün­schen zum Zug und wür­den die Blau­en in der neu­en Kon­stel­la­ti­on den ORF-Chef stel­len, möch­te Spi­ra nicht nur fix mit Liebesg’schichten und Hei­rats­sa­chen auf­hö­ren, son­dern mög­li­cher­wei­se sogar aus­wan­dern, sagt sie zum STANDARD: „Wahr­schein­lich wür­de ich nach Deutsch­land gehen, weil ich von der Hei­mat die Nase voll habe.“ Wäre ihre ORF-Kar­rie­re dann end­gül­tig vor­bei? „Schon, ich wüss­te auch nicht, mit wem ich zu reden habe. Ich brau­che kei­nen FPÖ­ler als ORF-Chef. Obwohl mir die Par­tei eigent­lich wurscht ist, aber ich bin Jüdin und ich bin links. Ich bin nicht hier gebo­ren, son­dern in Eng­land, weil man uns in der Hei­mat ver­folgt hat. Die Hei­mat ist nicht immer das Ange­nehms­te. Man muss sie zur Kennt­nis neh­men, weil man sie nicht aus­su­chen kann.“

Sor­ge um den ORF

Für den ORF arbei­tet Spi­ra seit dem Jahr 1973: „Wir haben immer schon auf­pas­sen müs­sen, vor allem bei poli­ti­schen Geschich­ten.“ Die Atta­cken der FPÖ auf ORF-Mit­ar­bei­ter hät­ten eine neue Dimen­si­on erreicht: „Bei mir per­sön­lich ist es wurscht. Da die Herr­schaf­ten aber nicht die Feins­ten und Klügs­ten sind und des­we­gen gar nicht fest­stel­len kön­nen, wie vie­le gute Mit­ar­bei­ter es im ORF gibt, fürch­te ich um den ORF.“

Bereits vor einem Jahr hat Spi­ra in einem Kurier-Inter­view kein gutes Haar an Sebas­ti­an Kurz gelas­sen, damals Außen­mi­nis­ter, heu­te ÖVP-Chef und Kanz­ler. Ob sich ihr Befund, dass Kurz ein „Blen­der“ sei, in der Zwi­schen­zeit geän­dert habe? „Nein, wirk­lich nicht. Weder für den einen noch für den Vize­kanz­ler. Ich mag weder Kurz noch Stra­che, aber das ist mei­ne per­sön­li­che Mei­nung.“ War­um? „Kurz hat wenig Ahnung. Manch­mal hat er Hol­ler gere­det, dass ich mich geschämt habe, dass das ein Bun­des­kanz­ler sein soll, der noch dazu über die öster­rei­chi­sche Geschich­te aber wirk­lich gar nichts weiß. Sie haben nur schö­ne, eng geschnit­te­ne Anzü­ge, das muss man sagen.“