Vom türkischen Wahlkampf war in Österreich wenig zu merken. Freilich kam es zu den obligatorischen Besuchen türkischer PolitikerInnen, diese spielten sich aber im unauffälligen Rahmen von Saalveranstaltungen ab. Im Haus der „Türkischen Föderation“, dem hiesigen Dachverband der rechtsextremen Partei der nationalistischen Bewegung (MHP), besser bekannt als „Graue Wölfe“, war Cemal Çetin zu Gast. Als Präsident der Europa-Organisation der MHP ein einflussreicher und bekannter Mann. Çetin kandidierte in Istanbul und hat den Einzug ins türkische Parlament am 24. Juni 2018 geschafft. Hilfe dafür gab es auch aus Österreich: Neben anderen heimischen „Grauen Wölfen“ wich IGGIÖ-Generalsekretär Baki Uslu Çetin im Wahlkampf kaum von der Seite, wie in sozialen Medien ausführlich dokumentiert ist.
Schon Anfang Juni, unmittelbar nach Çetins Wien-Auftritt, ist Uslu in seinem Istanbuler Wahlkampftross zu finden. Fotos von Çetins Twitter-Account zeigen ihn im Straßenwahlkampf, bei MHP-Infoständen …
… und mit weiteren „Grauen Wölfen“ auch beim obligatorischen „Wolfsgruß“ (Uslu links im Bild):
Selbst bei der Stimmabgabe am Wahltag ist Uslu mit Çetin im Wahllokal dabei:
Uslu dürfte sich also fast den ganzen Juni als Wahlkämpfer in der Türkei befunden haben. Auch weitere Türkei-Aufenthalte bei der MHP 2018 und zuvor sind belegt. Hinzu kommen Auftritte bei „Grauen Wölfen“ in ganz Österreich und seine Rolle als stellvertretender Präsident bzw. Sprecher der „Türkischen Föderation“. Es stellt sich die Frage, wie eine derartig intensive Parteitätigkeit neben seiner Rolle als Generalsekretär der (auch von der österreichischen öffentlichen Hand finanzierten) IGGiÖ möglich und wie diese mit einer angeblich überparteilichen „Glaubensgemeinschaft“ zu vereinen ist.
Thomas Rammerstorfer
Der Buchtipp dazu:
Thomas Rammerstorfer, Graue Wölfe. Türkische Rechtsextreme und ihr Einfluss in Deutschland und Österreich. LIT-Verlag, ca . 20 €.