Von Gender bis Prepper
Sieben Beiträge umfasst der Schwerpunkt zu Verschwörungstheorien und reicht von aktuellen Themen wie dem „Wahn vom Gender-Wahn“ über „Lügenpresse“ und „Fakenews“ bis hin zu den Reichsbürger_innen. Letztere sind, wie gerade die letzten Wochen auch in Österreich gezeigt haben, (innenpolitisch) zu einer wichtigen Akteur_innengruppe geworden. Bei ihren wahnhaften Phantasien handle sich um „Neuauflage völkischer Verschwörungstheorien“, heißt es im AIB, da seit 1945 immer wieder Wiedererrichtungsphantasien des deutschen Reichs in der extremen Rechten anzutreffen gewesen wären. Jedoch, und das zeigt sich auch aktuell, wurden diese viel zu lange seitens von den Behörden ignoriert.
Die Schwerpunktnummer gibt aber auch ein Einblick in bislang weniger beachtete Themen wie völkische Science-Fiction-Romane oder Gruppen wie die so genannten „Prepper“, die den US-amerikanischen „Doomern“ ähneln. Der Begriff (von to prepare) „bezeichnet Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, vor einem gefühlt-antizipiertem Endzeitszenario prophylaktisch zu schützen. Für einige ist es nur ein Hobby, bei anderen tendiert das zum Wahn.“ So gibt es in Deutschland sogar eine „Prepper Gemeinschaft Deutschland“ (PGD), die beispielsweise durch ihre wahnhaften Vorstellungen oder ihren Einsatz gegen die „Umvolkung“ eigentlich große Parallelen zu den Reichsbürger_innen aufweist, mit diesen aber nichts zu tun haben will.
Abschließend widmet sich ein letzter ausführlicher Beitrag einer ideologischen Schrift von Stefan Hupka über die Bedeutung von völkischen Siedlungen um den Untergang des deutschen Volkes zu verhindern sowie einem Text der Jungen Nationaldemokraten (JN) zu einem ähnlichen Thema. In der Analyse wird festgestellt, dass die JN mit ihrem politischen Aktivismus „für die Durchsetzung einer rechten Hegemonie im ländlichen Raum derzeit gefährlicher“ einzustufen wären als Hupkas Strategien.
Völkischer Überlebenskampf
Trotz großer Unterschiede scheinen die unterschiedlichen Ansätze ein zentrales Moment zu teilen: die Vorstellung, dass das (deutsche) Volk dem Untergang geweiht wäre, zerstört, zersetzt, ausgetauscht… werden solle. Dabei scheint der durch die imaginierten Bedrohungsszenarien hervorgerufene und als notwendig erachtete „völkische Überlebenskampf“ jegliche Form der Selbstverteidigung zu legitimieren — in bestimmten Kreisen bis hin zur rohen Gewalt.
Bitterer Beigeschmack der äußerst informativen Textauswahl bleibt leider die Diagnose, dass Gegenkonzepte zu geschlossenen Verschwörungstheorien bislang fehlen. Gerade angesichts der Einschätzung, dass inzwischen „Formate rechter Gegenöffentlichkeit […] mit etablierten Medien um die Deutungshoheit nicht nur bei Themen wie ‚Flüchtling’ oder Terror“ konkurrieren, verdeutlicht sich erneut die Dringlichkeit, stärker gegen derartige wahnhafte Theorien vorzugehen.”
Bei wem sich immer noch nicht genügend Neugier eingestellt hat, das aktuelle Heft zu kaufen, die/der kann in den Beitrag „German Angst“ über (Selbst-)Opfer und nationalen Wahn auch online reinschmökern. Heft-Bestellungen werden hier entgegen genommen.