Wien: Prügelnder FPÖ-Bezirksrat vor Gericht

Um es kor­rekt wiederzugeben: Der Angeklagte war nicht nur Bezirk­srat, son­dern auch Klubob­mann der FPÖ in einem Wiener Bezirk. Am Fre­itag der Vor­woche wurde die im Jän­ner vertagte Ver­hand­lung wieder aufgenom­men. Angeklagt waren Ex-Bezirk­srat und Ex-Klubob­mann sowie dessen Ex-Fre­undin. Sie wegen des Ver­dachts der absichtlich schw­eren Kör­per­ver­let­zung und er wegen fort­ge­set­zter Gewaltausübung.

Die bei­den, die einen mit­tler­weile vier­jähri­gen Sohn haben, hat­ten sich 2011 im Urlaub in Kärn­ten ken­nen­gel­ernt, berichtet der ORF Wien:

„Nur wenige Wochen, nach­dem sie zusam­men kamen, wurde die Frau schwanger. Schon während der Schwanger­schaft trat­en Beziehung­sprob­leme auf. Nach der Geburt des Sohnes soll der 30-Jährige — ein Bezirk­srat und der Klubob­mann der FPÖ Inneren Stadt — immer wieder gewalt­tätig gewor­den sein und seine Fre­undin an den Haaren geris­sen, gewürgt, geschla­gen und getreten haben. ‚Er hat sie über Jahre hin­weg mas­siv mis­shan­delt. Es war öfters notwendig, dass sie im Spi­tal behan­delt wurde’, berichtete ihr Vertei­di­ger“. (ORF Wien)

Die Frau hat sich bere­its zwei Mal für mehrere Monate von ihrem Fre­und getren­nt, ist aber immer wieder zurück­gekehrt – weil sie befürchtete, son­st das Sorg­erecht für das gemein­same Kind zu ver­lieren. Ange­blich soll der Vater des Fre­un­des, eben­falls FPÖ-Poli­tik­er, ihr zu ver­ste­hen gegeben haben, “dass er mit seinem Ein­fluss allfäl­lige Prob­leme seines Sohnes ‚richt­en‘ könne” (Kuri­er, 11.3.2017).

Im April 2016 kam es jeden­falls zu einem sehr hefti­gen Stre­it, bei dem laut Anklage ihr Fre­und auf die 28-jährige Wiener­in los­ging. Die nahm dies­mal ein Brotmess­er und stach ihn unter die rechte Achsel. Absichtliche schwere Kör­per­ver­let­zung, wie die Anklage behauptete oder gar ver­suchter Mord, wie ursprünglich angenom­men (was zu vier Monat­en U‑Haft für die Frau geführt hat­te)? Nichts von bei­den, urteilte der Schöf­fense­n­at, bil­ligte der Frau Notwehr zu und sprach sie vom Vor­wurf der absichtlichen schw­eren Kör­per­ver­let­zung frei. Sie habe nach­weis­lich „jahre­lange Ver­let­zun­gen erlei­den müssen“ und schließlich „das zur Ver­fü­gung ste­hende Mit­tel gewählt, das den Angriff ver­lässlich abwehrt“ (ORF Wien). Der Freis­pruch der Frau ist auch bere­its rechtskräftig.

Noch nicht recht­skräftig ist das Urteil gegen den ehe­ma­li­gen blauen Klubob­mann, der wegen fort­ge­set­zter Gewal­tausübung zu 10 Monat­en bed­ingter Haft und einem Schmerzens­geld von 500 Euro verurteilt wurde. Der Richter ver­wies auf zahlre­iche Beweise, die die mehrjährige Gewal­tausübung belegten: Nach­barn, die immer wieder etwas gehört oder gese­hen haben, ein Hausarzt, der eine „erschreck­ende Doku­men­ta­tion von Ver­let­zun­gen“ (ORF Wien) vorgelegt hat­te und schließlich eine als Zeu­g­in ein­ver­nommene Polizistin, die die Angeklagte nach der Fes­t­nahme befragt hat­te. Sie hat­te aus­ge­sagt, dass der Rück­en der Frau „mit blauen Fleck­en, alten und neuen“ über­sät gewe­sen sei. Sie habe auch „einen riesen­großen, hässlichen fär­bigen Fleck“ wahrgenom­men, so die Beamtin. Vor Gericht gab der blaue Klubob­mann zu „zwei bis drei Mal im Jahr“ gewalt­tätig gewe­sen zu sein und kündigte eine Anti-Gewalt­ther­a­pie an. Ob er die Strafe annehmen werde, ließ er noch offen und erbat sich Bedenkzeit.

Nach der Ver­hand­lung sah das für ihn dann ganz anders aus. Auf Face­book set­zte er ein langes Post­ing ab (das er mit­tler­weile wieder gelöscht hat), in dem er sich und seine Ver­let­zung bemitlei­det und der Krim­i­nalpolizei dafür dankt, dass sie seine Ex-Fre­undin für vier Monate in die Unter­suchung­shaft gebracht hat. Und weit­er: „Der Umstand ihres Geschlecht­es und der unbe­wiesene Beweis von ange­blichen blauen Fleck­en (im Anhal­tepro­tokoll war sie ohne Ver­let­zun­gen) gaben Richter Philipp Schn­abel genug Grund um sie Freizus­prechen (sic!)“. Damit noch nicht genug, kriegt der Rechtsstaat ins­ge­samt noch sein Fett ab: „Die Entschei­dun­gen, die in unserem Land gefällt wer­den, sind immer skur­ril­er, was mich dazu bring (sic!), den Rechtsstaat Öster­re­ich ern­sthaft zu hin­ter­fra­gen“.

Die Aus­fälle gegen seine Ex-Fre­undin sparen wir hier bess­er aus. Nur noch eine Anmerkung: die Frau muss vier Monate in der Unter­suchung­shaft ver­büßen, obwohl sie dann freige­sprochen wird, der Mann muss keine Haft antreten (wenn es bei dem Urteil bleiben sollte) und ver­höh­nt die Frau!