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Rechtsextreme Frauen in der DDR

Wäh­rend in Bezug auf das Phä­no­men rechter/rechtsextremer Frau­en in der BRD eini­ge For­schungs­ar­bei­ten vor­lie­gen, wur­den ver­gleich­ba­re Unter­su­chun­gen für die DDR bis­lang weit­ge­hend ver­nach­läs­sigt. Die­se Leer­stel­le füllt nun eine Anfang Dezem­ber in Ber­lin von der Fach­stel­le Gen­der und Rechts­extre­mis­mus der Ama­deu Anto­nio Stif­tung eröff­ne­te Aus­stel­lung über „Rechts­extre­me Frau­en in der DDR“.  Ver­nach­läs­sig­te The­men Sowohl rechts­extre­me Frau­en als […]

17. Jan 2017

Ver­nach­läs­sig­te Themen
Sowohl rechts­extre­me Frau­en als auch Rechts­extre­mis­mus in der DDR sind The­men, die in der all­ge­mei­nen Beschäf­ti­gung mit men­schen­feind­li­chen Ein­stel­lun­gen oft­mals ver­ges­sen oder als „weni­ger wich­tig“ hin­ten ange­reiht wer­den. So mag es kaum ver­wun­dern und den­noch immer wie­der erschre­cken, dass es bis heu­te gro­ßes Unwis­sen um bei­de The­men­be­rei­che gibt. Ins­be­son­de­re in Bezug auf Frau­en domi­nie­ren nach wie vor bio­lo­gis­ti­sche, geschlech­ter­ste­reo­ty­pi­sie­ren­de Vor­stel­lun­gen des ver­meint­lich unpolitisch(er)en, weni­ger gewalt­tä­ti­gen „Geschlechts“, das sich weni­ger anfäl­lig für rechts­extre­mes Gedan­ken­gut erwei­sen wür­de. Und das obwohl sich in der Ver­gan­gen­heit immer wie­der gezeigt hat, dass Frau­en in den unter­schied­lichs­ten Spek­tren des Neo­na­zis­mus und Rechts­extre­mis­mus aktiv waren und bis heu­te bedeu­ten­de Rol­len über­neh­men. Nicht zuletzt haben die Aus­ein­an­der­set­zun­gen rund um den NSU und Bea­te Zsch­ä­pe ver­deut­licht, dass auch der Blick der zustän­di­gen Behör­den und Medi­en tief von der­ar­ti­gen, sexis­ti­schen Denk­wei­sen und Bli­cken geprägt ist, die Frau­en nicht in glei­cher Wei­se als poten­ti­el­le oder tat­säch­li­che Täte­rin­nen ras­sis­ti­scher Straf­ta­ten oder Mor­de ernst nehmen.

Neu­es Phä­no­men oder Kontinuität?
Um der Fra­ge „mit Blick auf die DDR [nach­zu­ge­hen], ob es sich bei der ver­zerr­ten Wahr­neh­mung von Poli­zei und Ver­fas­sungs­schutz um ein neu­es Phä­no­men han­delt oder ob es Kon­ti­nui­tä­ten gibt“, durch­fors­te­ten die Pro­jekt­lei­te­rin Hei­ke Rad­van sowie die Kura­to­rin Hen­ri­ke Voigt­län­der Akten der Sta­si­un­ter­la­gen­be­hör­den und wur­den tat­säch­lich auch fün­dig. Anhand von vier exem­pla­ri­schen Fäl­len ana­ly­sie­ren sie vor allem den Blick, mit dem Behör­den wie Poli­zei und das Minis­te­ri­um für Staats­si­cher­heit (MfS) rechts­extre­me Frau­en in der DDR wahr­nah­men. Dabei wur­de einer­seits deut­lich, dass die DDR ver­such­te, die Exis­tenz von Neo­na­zis und Rechts­extre­mis­mus zu ver­heim­li­chen, da es im Wider­spruch zur Selbst­in­sze­nie­rung als anti­fa­schis­ti­scher Staat stand. Ande­rer­seits zeig­te sich ein­mal mehr, dass rechts­extre­me Frau­en von den Behör­den zwar wahr­ge­nom­men, jedoch ihr poli­ti­sches Enga­ge­ment ent­lang von geschlechts­spe­zi­fi­schen Fak­to­ren weni­ger oder nicht ernst genom­men wur­de. Die Mecha­nis­men, die dabei zum Ein­satz kamen, unter­schei­den sich wenig von jenen, die bis heu­te im Umgang mit rechts­extre­mem Frau­en ange­trof­fen wer­den kön­nen. So wur­den auch die vier Frau­en aus der DDR ent­we­der sexua­li­siert und als Anhäng­sel eines rechts­extre­men Man­nes dar­ge­stellt, patho­lo­gi­siert und als psy­chisch krank erklärt oder ihnen ihre Hand­lungs­fä­hig­keit abgesprochen.

In die­sem Sin­ne erzählt auch Kura­to­rin Voigtländer:

In der DDR nah­men Poli­zei und MfS Ende der 1980er Jah­re das Han­deln rechts­extre­mer Frau­en durch­aus wahr und beob­ach­te­ten es. Jedoch ver­harm­los­ten sie die Ein­stel­lun­gen und Aktio­nen der Frau­en wie­der­holt und ent­po­li­ti­sier­ten sie ent­lang von geschlech­ter­spe­zi­fi­schen Ste­reo­ty­pen: So redu­zier­ten sie z.B. die rechts­extre­men Frau­en auf ihr Äuße­res und auf ihre Sexua­li­tät, stuf­ten sie als psy­chisch krank ein oder sahen sie ledig­lich in Abhän­gig­keit mit pri­va­ten Bezie­hun­gen zu männ­li­chen Neo­na­zis.“ (Link)

Die span­nen­de, gut auf­be­rei­te­te, wenn auch klei­ne Wan­der­aus­stel­lung kann noch bis Ende Janu­ar 2017 im Jugend[widerstands]museum Ber­lin, Gali­läa­kir­che, Riga­er Stra­ße 9, 10247 Ber­lin, kos­ten­los besucht wer­den. Wei­te­re Ter­mi­ne sind für das Jahr 2017 geplant, viel­leicht ver­schlägt es sie ja auch nach Wien.

Flyer zur Ausstellung "Rechtsextreme Frauen in der DDR"
Fly­er zur Aus­stel­lung „Rechts­extre­me Frau­en in der DDR”
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