Die Kampfschrift, die er während seiner kurzen Haft in Landsberg nach seinem gescheiterten Putschversuch zu schreiben begonnen hatte, hat Hitler zu einem reichen Mann gemacht. Rund elf Millionen Exemplare erschienen bis 1944 von dem Buch, das nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten sehr häufig deutschen Brautpaaren als Geschenk der Gemeinde (anstelle der Bibel) übergeben wurde. Stattliche zehn Prozent vom Kaufpreis flossen an Hitler persönlich.
Da seit Jahren absehbar war, wann die Urheberrechte auslaufen würden, gab es – vor allem in Deutschland –eine Diskussion darüber, wie mit der Freigabe umgegangen werden sollte. Viele KommentatorInnen begrüßten das Ende der Urheberrechte und vertraten den Standpunkt, dass die Bevölkerung mittlerweile, 70 Jahre nach dem Ende des Nazi-Regimes, wohl reif genug sei, um sich nicht durch eine alte Hetzschrift verführen zu lassen. Dabei wird nicht nur ausgeblendet, dass gerade aktuell große Gruppen bereit sind, sich verhetzen zu lassen und selbst aktiv Hetze zu verbreiten, sondern auch, dass es Opfer und deren Nachkommen gibt, die durch eine Neuauflage dieser Hetzschrift wieder beleidigt und verletzt würden.
Hitlers „Mein Kampf“ ist nicht nur eine geschönte, „frisierte“ Autobiographie, sondern auch eine üble antisemitische Kampf- und Hetzschrift, die die Vernichtung der Juden zwar nicht direkt einforderte, aber vorbereitete und legitimierte. Das war vermutlich auch der Grund, warum die bayerische Staatsregierung ihre ursprüngliche Zusage, eine kommentierte historisch kritische Neuauflage der Schrift mit einer Subvention zu unterstützen, wieder zurückzog.
Das Münchner Institut für Zeitgeschichte (IfZ), das sich ab 2009 daran machte, eine kommentierte Ausgabe der Schrift zu erarbeiten, wurde nämlich 2012 von der bayerischen Staatsregierung mit einer Subvention unterstützt. Auch die Edition einer günstigen „Schulausgabe“ war geplant . Im Dezember 2013 zog die bayerische Regierung die Zusage allerdings wieder zurück und kündigte an, Reprints des Buches (ab 2016) mit Strafanzeigen wegen Volksverhetzung begegnen zu wollen. Nicht ganz klar war, ob diese Strafdrohung auch für eine historisch kritische Neuauflage gelten sollte.
Für die Rechtslage in Österreich ist auch ab 2016 das NS-Verbotsgesetz maßgeblich. Wer Nazi-Ideologie gutheißt und verbreitet, ist nach den Bestimmungen des Verbotsgesetzes zu bestrafen. Der bloße Besitz des Buches „Mein Kampf“ ist damit nicht gemeint. Auch die historisch kritische Neuauflage von „Mein Kampf“ durch das IfZ, das durch seine fast 2.000 Kommentare zu einzelnen Textstellen die Hetzschrift „dekonstruieren“ will, fällt nicht unter die Strafbestimmungen.
Jede andere Verbreitung von „Mein Kampf“ in Österreich, ob gedruckt oder über Internet angeboten, steht allerdings unter dem Verdacht der Wiederbetätigung. Bedauerlich ist, dass die sehr umfangreiche kommentierte Ausgabe nur zum Preis von 59 Euro erhältlich sein soll.