Ukraine: Lohn für rechtsextreme Krieger

Die Par­la­ments­wah­len Ende Okto­ber in der Ukrai­ne haben nach Ansicht fast aller Kom­men­ta­to­rIn­nen und Medi­en Erfol­ge für euro­pa­freund­li­che und eine Nie­der­la­ge extrem rech­ter Par­tei­en gebracht. Das war ziem­lich vor­ei­lig bzw. ober­fläch­lich. In der Ukrai­ne gibt es zwar mit Sicher­heit kei­ne rechts­extre­me Herr­schaft und schon gar kei­ne von „Links­fa­schis­ten” (wie von Rechts­au­ßen gemeint wird), aber eine […]

15. Nov 2014

Dass das Frei­wil­li­gen-Batail­lon Asow eine bewaff­ne­te rechts­extre­me Trup­pe ist, die aus der Neo­na­zi-Orga­ni­sa­ti­on Sozi­al-Natio­na­le Ver­samm­lung her­vor­ge­gan­gen ist, hat sich mitt­ler­wei­le her­um­ge­spro­chen. Dass sich die Kri­tik an der Trup­pe trotz­dem in engen Gren­zen hält, hängt mit dem Ruf der Neo­na­zi-Krie­ger als beson­ders uner­schro­cke­ne und bru­ta­le Kämp­fer etwa bei der Ver­tei­di­gung von Mariu­pol zusammen.

In Län­dern wie Deutsch­land wäre eine Orga­ni­sa­ti­on wie das Asow-Batail­lon längst als ver­fas­sungs­feind­lich ver­bo­ten. Doch im Krieg ist man nicht zim­per­lich. Die ukrai­ni­sche Armee hat nicht den bes­ten Ruf, ihre Sol­da­ten machen sel­ten den Ein­druck, sie könn­ten den in den Feu­ern Tsche­tsche­ni­ens, Abcha­si­ens und Trans­nis­tri­ens gehär­te­ten Sepa­ra­tis­ten wider­ste­hen. Das Asow-Batail­lon war es, das am 13. Juni die Sepa­ra­tis­ten aus Mariu­pol ver­trieb. (Neue Zür­cher Zei­tung, 14.9.14)


Flag­ge des Batail­lon Asow mit der Wolfs­an­gel. Sym­bol der pro-natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Jung­mann­schaft der 30er-Jah­re. Beliebt bei rechts­extre­men und neo­na­zis­ti­schen Orga­ni­sa­tio­nen, des­we­gen in Deutsch­land verboten

Andrej Biel­ecki, der Kom­man­dant des Batail­lons Asow, hat auch für die Wah­len ins ukrai­ni­sche Par­la­ment Ende Okto­ber kan­di­diert. Ursprüng­lich hät­te Biel­ecki sogar auf der „Volksfront“-Liste von Pre­mier­mi­nis­ter Arse­nij Jazen­juk kan­di­die­ren sol­len, das wur­de aber durch Pro­tes­te, bei denen an sei­ne rechts­extre­me Gesin­nung und Posi­tio­nie­rung erin­nert wur­de, ver­hin­dert. Biel­ecki kan­di­dier­te schluss­end­lich als Unab­hän­gi­ger, der nicht nur die Unter­stüt­zung der Volks­front, son­dern auch des Blocks Poro­schen­ko erhielt – und auch gewählt wurde.


Biel­ecki als Kom­man­dant von Asow

Am Wahl­tag kam es im Kie­wer Wahl­kreis Nr. 217, in dem Biel­ecki kan­di­dier­te, zu einem Auf­marsch von bewaff­ne­ten Leu­ten des Batail­lons Asow, nach­dem der Ver­dacht ent­stan­den war, dass der Gegen­kan­di­dat Biel­eckis rund 200 „Sport­ler“ zur Ein­schüch­te­rung der Wäh­le­rIn­nen in der Nähe der Wahl­lo­ka­le posi­tio­niert habe. Die „Sport­ler“ waren zwar am frü­hen Nach­mit­tag wie­der ver­schwun­den, aber die bewaff­ne­ten Mili­zio­nä­re von Asow nicht. Vor Ort war nicht nur Biel­ecki prä­sent, der gegen­über der APA erklär­te: „Der Sieg ist für unse­re Bur­schen (Ange­hö­ri­ge des Frei­wil­li­gen­ba­tail­lons Asow, Anm.) und auch für mich nötig”, son­dern auch Sor­jan Schkri­jak, Bera­ter des Innen­mi­nis­ters Arsen Awa­kow von der “Volks­front“, der laut APA „vor Ort den Anschein ver­mit­tel­te, Bilez­kyj zu unter­stüt­zen. For­mal ist das Frei­wil­li­gen­ba­tail­lon dem Innen­mi­nis­te­ri­um unter­stellt“.

Wochen nach der Wahl hat Innen­mi­nis­ter Awa­kow einen nächs­ten Schritt gesetzt und Wla­di­mir Tro­jan, einen eben­falls beken­nen­den Rechts­extre­men und Kom­man­dan­ten des Batail­lons Asow, zum Poli­zei­chef der Regi­on Kiew ernannt, berich­ten die „Welt“ und die „Wie­ner Zei­tung“. Auch bei Tro­jan sind die Ver­bin­dun­gen zu Neo­na­zi-Orga­ni­sa­tio­nen wie der „Wotan­ju­gend“ und den „Patrio­ten der Ukrai­ne“ evi­dent. Tro­jan hat­te für die „Volks­front“ von Jazen­juk kan­di­diert, das Man­dat aber im Unter­schied zu Biel­ecki verfehlt.


der neue Kie­wer Polizeichef

Akti­vis­tIn­nen von Euro­mai­dan kämp­fen gegen die­se Ent­schei­dung an und wol­len sie rück­gän­gig machen. Im Inter­net haben sie außer­dem eine Lis­te der ein­deu­tig rechts­extre­men Abge­ord­ne­ten publi­ziert, aus der her­vor­geht, dass nicht nur Dmy­t­ro Jarosch, der Chef des „Rech­ten Sek­tors“ in die Wer­chow­na Rada, in das ukrai­ni­sche Par­la­ment, ein­zie­hen konn­te, son­dern über ande­re Lis­ten auch ande­re Ver­tre­ter des „Rech­ten Sek­tors“ und wei­te­re Rechts­extre­me. Ohne die Unter­stüt­zung der eta­blier­ten Par­tei­en hät­ten die Rechts­extre­men den Ein­zug nicht geschafft. Der „Rech­te Sek­tor“ erhielt nur rund zwei Pro­zent der Stim­men, wäh­rend Jarosch, der zuletzt eben­falls als Kom­man­dant einer frei­wil­li­gen para­mil­tä­ri­schen Trup­pe des „Rech­ten Sek­tor“ gegen die Sepa­ra­tis­ten kämpf­te, den Ein­zug schaffte.

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