Während die österreichischen Identitären langsam nervös werden und deren Umfeld offen zu Gewalt aufruft, läuft seit Wochen eine Mobilisierung neonazistischer Gruppen aus Tschechien, Ungarn, Deutschland, Italien und Frankreich.
„mit einer 10 Euro Bauhausaxt den Schädel einschlagen”
Bei den Identitären aus ganz Europa bestätigt sich, was sich schon auch für die österreichischen RechtsextremistInnen zeigt: Das Personal rekrutiert sich aus dem bekannten rechtsextremen bis neonazistischen Milieu und einschlägigen Organisationen. So greift man auch auf deren Strukturen zurück und arbeitet mit ihnen zusammen.
Tschechien
Auf die massive Überschneidung der Identitären Bewegung in Tschechien mit der Neonaziszene haben AntifaschistInnen deutlich hingewiesen. Die Kader rekrutieren sich dabei größtenteils aus Strukturen der neonazistischen Autonomen Nationalisten, die konspirativ und äußerst gewalttätig vorgehen. Der Sprecher der Gruppe, Michal Urban, kommt aus eben diesen Strukturen; auch ein anderer zentraler Kader, Peter Kessner. Er war auf zentralen öffentlichen Neonazi-Veranstaltungen in Tschechien anwesend und trat 2012 als Sprecher auf einer Demo Autonomer Nationalisten auf. Kessner fällt durch eine SS-Totenkopf Tätowierung auf.
An der Organisation von Aktivitäten der Gruppe ist Patrik Vondrák beteiligt, der aber die Öffentlichkeit meidet. Sein konspiratives Auftreten ist darauf zurückzuführen, dass er eng mit Neonazi-Strukturen verbunden ist. Er war Mitglied des National Widerstandes, Editor von deren Homepage, ehemaliger Vorsitzender der Arbeiterpartei in Prag und „or the reporter neo-Nazi provocation in the Jewish quarter on the anniversary of Kristallnacht”. Gegenwärtig versucht Vondrák, sich als rechter Intellektueller zu inszenieren.
Ebenfalls Teil der tschechischen Identitären ist Ladislav Havlicek, ein ehemaliges Mitglied der Autonomen Nationalisten aus Veselí nad Lužnicí (Wesseli an der Lainsitz), der sich an der neofaschistischen CasaPound Bewegung orientiert und nun bei den Identitären aktiv ist.
Die Identitäre Bewegung Tschechiens hat neben den Autonomen Nationalisten ihre Wurzeln vor allen in der heute unter dem Namen DSSS agierenden neonazistischen Arbeiterpartei. Adam Berčík kandidierte für sie bei den Regionalwahlen, und Patrik Vondrák war Vorsitzender der Arbeiterpartei in Prag.
Die Gruppe der Identitären in Nordböhmen (Generace Identity Severní Čechy — Identitäre Generation Nordböhmen) ist eine der aktivsten in Tschechien. Zwei Kader der Gruppe, die bisher öffentliche Auftritte vermieden haben, sind Patrik Veruněk und Adam Berčík. Veruněk ist ein Fußball-Hooligan und Gründungsmitglied der neonazistischen Radical Boys. Auch Berčík kommt aus dem Milieu der Fußball-Hooligans und Autonomen Nationalisten. Außerdem bringt er das Neonazi-Magazin White Voice heraus und war bis vor kurzem eng mit der neonazistischen Arbeiterpartei verbunden. Es ist vor allem diese Gruppe, die für die Demonstration der Identitären in Wien mobilisiert.
Tschechische Neonazis mobilisieren zur Demonstration in Wien
Martin Sellner referierte am 5. April mit den französischen Führungskräften der Identitären Philippe Vardon und Jean-David Cattin auf einer Veranstaltung der tschechischen Identitären in Prag. Die Veranstaltung sollte zuerst an einem Veranstaltungsort, der von Autonomen Nationalisten, der Arbeiterpartei und der Patriotischen Front (Vlastenecké fronty) genutzt wird, stattfinden. Nach Medienberichten suchte man einen anderen Ort. Diesen fand man bei der Organisation Jugend gegen Drogen, einer neonazistischen Tarnorganisation. Ihr Anführer Vladimír Částka ist heute auch bei den Identitären organisiert und einer der Administratoren ihrer Facebook-Seite.
Martin Sellner, Aktivist der Identitären Österreich, referierte bei den tschechischen Identitären
Ungarn
Auch in Ungarn bewirbt die dort relativ kleine Identitäre Bewegung die Demonstration in Wien. Ebenso wie in Tschechien fühlt sich das rechtsextreme Spektrum von dieser Werbung angesprochen. In einer geschlossenen Gruppe von ungarischen Identitären tummelt sich genau jenes Spektrum bis hin zu gewaltbereiten, bewaffneten Neonazis.
Collagen der ungarischen Identitären
Deutschland
In Wien ist man besonders stolz darauf, dass sich die Kameraden aus Deutschland um eine Mobilisierung bemühen. Mit Spendenaufrufen und Mitfahrbörsen versucht man die Aktivisten zum Aufmarsch zu karren. In Niedersachsen mobilisiert man besonders im Raum Lüneburg für die Demonstration. Hier überschneiden sich die Strukturen deutlich mit Personen aus der Jungen Nationaldemokraten (der NPD-Jugendorganisation und rechtsoffenen Jugendlichen. Die junge Führungsperson Jan K. war schon an gewalttätigen Übergriffen beteiligt, war bei der JN aktiv und agierte als Ordner auf Nazidemonstrationen.
Ebenfalls in Niedersachsen dient in Hannover die IB als Auffangorganisation für die im September 2012 verbotene Gruppe „Besseres Hannover”. Sie störten linke Demonstrationen mit nazistischen Parolen. Mit Patrick Kruse sind eine Führungsperson von „Besseres Hannover”, mit Kevin S. auch ein Vorstandsmitglied der rechts-konservativen Partei „Die Hannoveraner” sowie Lukas Richter von den Autonome Nationalisten beteiligt.
Auch im Norden, in Delmenhorst und Bremen, haben sich Sektionen der IB mit rechtsextremen Überschneidungen gegründet. So fand am 17. November ein Treffen zur Koordination und Vernetzung in Bremen statt, dessen Teilnehmer aktiver Teil neonazistischer Kameradschaften und Besucher von Rechtsrockkonzerte waren oder sich im Umfeld rechter Strukturen bewegten. In Delmenhorst sind Marcel Hesse und Daniel Schönwälder, beide aus neonazistischen Strukturen und an Angriffen auf Andersdenkende beteiligt, aktiv. Für Bremen tritt Gerold Schibblok als Führungsperson auf. Dieser gründete und führte die Kameradschaften Sturm Wiking und Freie Nationalisten Bremen und war 2011 auch maßgeblich am Wahlkampf der NPD in Bremen beteiligt.
Die Hamburger Identitären traten das erste Mal auf einer Kundgebung der rassistischen German Defense League in Erscheinung. Neben einschlägigen Aktivisten aus Lüneburg und Delmenhorst war auch Nando-Dragan Augener anwesend. Der Hamburger Student bewegt sich im Umfeld verschiedener Hamburger Burschenschaften. Auch Bastian D. ist für die IB Hamburg aktiv und hat enge Verbindungen mit der neonazistischen Szene: Er war Teil der neonazistischen Sportgruppe Gladiator Germania und der Kameradschaft NW Tostedt und nahm an neonazistischen Demonstrationen teil.
Der norddeutsche Ableger Identitas Nord verwendet das Logo von Thor Steinar als Abkürzung Gruppenkürzels. Und in Heilbronn wurde die Sektion von Michael Dangel gegründet, der 1995 die Freiheitliche Initiative Heilbronn (FIH) gründete, zeitweise im Nationalen Bündnis Heilbronn (NBH) und als baden-württembergischer Landesbeauftragter der neonazistischen Deutschen Volksunion (DVU) aktiv war.
In Nürnberg ist beispielsweise Ron F. beteiligt, der in der 2004 wegen ihrer „Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus“ verbotenen Fränkischen Aktionsfront (FAF) aktiv war. Ansonsten pflegt man in Franken engen Umgang mit der Kameradschaft Unterfranken und der neuen neonazistischen Partei Der dritte Weg.
In Berlin ist einer der Aktivisten der IB Moritz Schellenberg. Er ist nicht nur Autor für die der IB nahestehenden Zeitschrift Blaue Narzisse, sondern auch Mitglied der Aktivitas der Berliner Burschenschaft Arminia, die in der eindeutig völkischen Deutschen Burschenschaft organisiert ist.
Für eine Demonstration des Ring freiheitlicher Jugend Deutschland — RfJD und der rechtsextremen Republikaner trat im Juni 2013 Matthias Ottmar als Anmelder auf. Ottmar ist Schatzmeister beim RfJD und beim Landesverband der hessischen Republikaner, Vorsitzender der Jungen Republikaner in Hessen und Spitzenkandidat der Republikaner in Frankfurt am Main. Er unterhält außerdem Kontakte zur hessischen NPD und ist bei den Identitären im Rhein-Main-Gebiet aktiv. Die Identitäre Bewegung Mannheim bewarb außerdem die Demosntration.
In der Identitären Bewegung Ratingen/Düsseldorf ist Alexander Kern und außerdem bei der rechtsextremen Partei PRO NRW aktiv und bei Aktionen der German Defense League anwesend.
Italien
Auch Identitäre aus Italien bewerben die Demonstration in Wien. Hier hat die Bewegung starke Überschneidungen mit der neofaschistischen CasaPound-Bewegung, mit der der österreichische Identitäre Markus W. sich im Herbst 2013 sich auf einem Kongress in Belgien getroffen hatte.
Frankreich
Neben der Identitären Bewegung, die gerne mit ihren Kampfsport-Videos protzt, bewerben auch andere Rechtsextreme wie die Front Révolutionnaire Nationaliste die Demonstration in Wien. Ansonsten macht man dort gerade mit dem symbolischen Versuch, Bürgerwehren zu organisieren, auf sich aufmerksam.
Französische Identitäre beim Kampfsport
➡️ Teil1: Identitäre Neonazi-Demonstration am 17. Mai in Wien