Die „Oberösterreichischen Nachrichten“ (OÖN) stellten dem Rechtsextremismus-Experten Thomas Rammerstorfer eine Frage zur Stärke der rechtsextremen Szene im Innviertel. Als der antwortet, dass die im Bezirk Braunau am stärksten sei, setzen sich in Braunau die Beschwichtigungsapostel in Bewegung: „Experten widersprechen“, heißt das dann. Das Problem wird kleingeredet.
Thomas Rammerstorfer vom Infoladen Wels kennt und beobachtet die rechtsextreme Szene schon seit etlichen Jahren. In der Vorwoche hat er den „OÖN“ ein Interview zu dem Video “Meine Stadt Ried“ gegeben. In dem Video sind großteils türkischstämmige Jugendliche mit Luxuskarossen und Waffen zu sehen, die mit Symbolen der rechtsextremen „Grauen Wölfe“ operieren. Rammerstorfer dazu:
„Es ist eine Mischung aus Rap-Imponiergehabe und diversen Männlichkeitsphantasien, die mit dem Herumfuchteln der Waffen unterstrichen werden. Was noch hinzukommt, ist die Verwendung eindeutiger politischer Symbole, wie der drei Halbmonde, die als Symbol der Grauen Wölfe und der faschistischen türkischen MHP-Partei gelten. Was ich in diesem Videobeitrag skurril und schon fast lustig finde, ist, dass die jungen Männer einen Hund quasi als Wolf präsentieren. Hunde haben in der Türkei einen extrem niedrigen Stellenwert und es gibt kaum ein schlimmeres Schimpfwort als ‚Hund’.”

Rammerstorfer, der sich intensiv auch mit den „Grauen Wölfen“ befasst, plädiert für eine Deeskalation der Emotionen und findet es skurril, dass ausgerechnet die heimische rechtsextreme Szene empört aufschreit über das Video und die „Grauen Wölfe“: “Im Grunde genommen ist die Ideologie der Grauen Wölfe nämlich eine ganz ähnliche. Deutsche Neonazis haben in den 1970er-Jahren sogar mit der MHP zusammengearbeitet.“
Als Rammerstorfer ganz allgemein nach der rechtsextremen Szene im Innviertel gefragt wird, antwortet er:
„Ich glaube, im Bezirk Braunau ist die Szene stärker als in Schärding und Ried. In Braunau kommt es alle paar Wochen zu irgendwelchen Aktionen von Neonazis. Die Innviertler Rechten haben ausgezeichnete Kontakte zu ihren Gesinnungsgenossen in Bayern, wo es eine sehr straffe und militante Szene gibt. Ich beobachte die Entwicklung mit Sorgen.“
Die unserer Ansicht nach völlig korrekte Antwort ruft Beschwichtigungsapostel aus Braunau/Inn auf den Plan, die vor allem die Stadt Braunau in einem schlechten rechten Licht dargestellt sehen. So verständlich die Reaktion sein mag, hilfreich ist sie nicht. Auch wenn es wegen staatlicher Repression und Sozialarbeit, dankenswerterweise aber auch wegen der Blödheit mancher Neonazis derzeit keine offene rechte Szene in Braunau/Inn gibt, ist die Aussage des Bezirkspolizeikommandanten („Nur zwei, drei Eingefleischte, ein paar kleine Gruppierungen“) ein schlechter Scherz. Vor allem, weil ihm dann gleich eine Erklärung der besonderen Art nachgeschoben wird: “Manche Aktionen seien eher als Lausbubenstreich zu bewerten“, so der oberste Braunauer Polizist.
Ob das Gesprächsangebot der Polizei zu neuen Erkenntnissen führen wird, wird sich weisen. Fakt ist, dass es im bayrisch-österreichischen Grenzraum intensive Bestrebungen bayerischer Neonazis vom Freien Netz Süd gibt, ihren Aktionsradius auszuweiten.