Die Reportage „Ausgeliefert! Leiharbeiter bei Amazon“, die die ARD am 13. Februar ausgestrahlt hat, hat für ordentlichen Wirbel gesorgt. Im Zentrum der Kritik ist neben Amazon und dem österreichischen Leiharbeitskonzern Trenkwalder International AG die Security-Firma H.E.S.S., bei der nicht nur die Name für bestimmte Assoziationen sorgt.
ARD-Reportage „Ausgeliefert! Leiharbeiter bei Amazon“
Seit Ausstrahlung derlebt Amazon einen Shitstorm der besonderen Art: Auf Facebook haben sich zwei Gruppen zum Boykott von Amazon gegründet, und auch auf dem eigenen FB-Konto hagelt es heftige Kritik an den Praktiken von Amazon im Umgang mit Leiharbeitern. Eine Petition der Gewerkschaft Verdi zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei Amazon wird ebenfalls stark unterstützt.
Mittlerweile gibt es erste Konsequenzen: Das Arbeitsministerium hat angekündigt, die Lizenz von Trenkwalder in Deutschland zu überprüfen. Amazon hat mittlerweile die Verträge mit der Security-Firma und dem Unternehmen, das für die Unterbringung der Zeitarbeitskräfte verantwortlich war, gekündigt und gibt sich zerknirscht: „Es ist uns eindeutig nicht gelungen, die Einhaltung unserer hohen Standards auch durch den Dienstleister, der für Unterbringung, Transport und den Einsatz der Sicherheitskräfte bei unseren Zeitarbeitskräften verantwortlich war, zu gewährleisten.“ (Amazon auf FB).
Während Trendwalder bisher zu den Vorwürfen beharrlich schweigt, versucht das Security-Unternehmen H.E.S.S. mit Interviews und Pressemeldungen den Vorwurf der Nähe zum Rechtsextremismus kleinzureden. Aber selbst wenn der Chef von H.E.S.S., Patrick Hensel, bei der Namensbezeichnung der Firma „überhaupt nicht auf die Idee gekommen [sein will], dass so eine absurde Verbindung hergestellt werden könnte“, allein die alltäglichen Aktivitäten der Firma rund um die Unterkünfte der Amazon-LeiharbeiterInnen, die das ARD-Team dokumentiert hat, vermitteln einen ganz anderen Eindruck. Die Zeitarbeitskräfte wurden beim Essen überwacht und perlustriert, ob sie Brötchen in die Unterkünfte mitnehmen. In den Unterkünften wurden Kontrollen nicht nur in Abwesenheit der LeiharbeiterInnen durchgeführt, sondern auch, wenn sie schliefen oder duschten.

Während die Reportage Mitarbeiter von H.E.S.S. zeigt, die Kleidung von Thor Steinar tragen, hat Amazon deren Produkte nach Protesten 2009 aus dem Shop genommen. Der ARD-Bericht geht aber über diese Vorwürfe hinaus, berichtet von Kontakten von H.E.S.S.-Mitarbeitern in die Neonazi-Szene und auch von Klamotten von Commando Industries, die durch H.E.S.S. vertrieben werden.
Commando Industries ist so wie H.E.S.S.-Security in Kassel beheimatet. Da lohnt sich ein Blick auf dieses Unternehmen, das einem gewissen Werner Kahl gehört und „Outdoor“-Produkte unter diversen Markennamen wie z.B. „Doberman“ vertreibt. Werner Kahl hat sich in der deutschen Neonazi-Szene einen Namen gemacht, als er 1981 im Namen einer Rassistischen Liga in Kassel Sprengsätze unter den Autos von Nichtdeutschen detonieren ließ. Auch später noch war Kahl „einschlägig“ tätig: Im Jahr 2000, als Neonazis in Kassel für „Großdeutschland“ demonstrierten, attackierte er einen Gegendemonstranten mit einem Knüppel und verletzte ihn schwer. Für das hessische Innenministerium gilt das Unternehmen bzw. seine Klamotten seit 2006 als „rechtsextrem“. Dem Geschäftsführer von H.E.S.S. war das alles bis vor wenigen Tagen „nicht bekannt“.