Wiener Philharmoniker: „Judenreiner Klang“

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Nun ist es also doch nicht „übels­te Dif­fa­mie­rung“ oder „skan­da­lö­ses Anpat­zen“, wie die frei­heit­li­chen Abge­ord­ne­ten Hei­de­ma­rie Unter­rei­ner und Wal­ter Rosen­kranz vor weni­gen Tagen noch behaup­tet haben, als der Grü­ne Bil­dungs­spre­cher Harald Wal­ser von den Wie­ner Phil­har­mo­ni­kern eine Auf­ar­bei­tung ihrer Nazi-Ver­gan­gen­heit ein­for­der­te. Die Wie­ner Phil­har­mo­ni­ker wol­len dem nun nach­kom­men, aber wie?


Bild­quel­le: orf.at

Sowohl der „Kurier” als auch das „pro­fil” berich­ten die­ses Wochen­en­de, dass die Wie­ner Phil­har­mo­ni­ker am Mon­tag drei unab­hän­gi­ge His­to­ri­ker bestel­len wer­den, „um die Rol­le des Orches­ters in der Nazi-Zeit noch ein­mal zu über­prü­fen und neue Quel­len­fun­de zusam­men­zu­fas­sen“ (Kurier, 19.1.2013).

Aus­ge­rech­net jener His­to­ri­ker, der noch vor weni­gen Wochen erklärt hat­te, die For­schung in Sachen NS-Kapi­tel der Wie­ner Phil­har­mo­ni­ker sei längst abge­schlos­sen, der Zeit­his­to­ri­ker Oli­ver Rath­kolb, ist jetzt „über die Berich­te in den alten Medi­en“ (Kurier) dar­auf gesto­ßen, dass es „eine rich­ti­ge Ver­tei­lungs­or­gie“ von Aus­zeich­nun­gen an Nazis durch die Wie­ner Phil­har­mo­ni­ker gege­ben hat.


Bild­quel­le: haraldwalser.at Wie­ner Phil­har­mo­ni­ker und NS-Zeit — His­to­ri­en­ma­le­rei statt Aufklärung!

Wal­ser, der mit sei­nem Gast­kom­men­tar in der „Pres­se“ den Anstoß zur Debat­te gege­ben hat und dafür hef­ti­ge Kri­tik (nicht nur von den bei­den frei­heit­li­chen Ahnungs­lo­sen) ein­ste­cken muss­te, begrüßt den Ent­schluss der Phil­har­mo­ni­ker als „wich­ti­gen ers­ten Schritt“, wünscht sich aber eine tat­säch­lich unab­hän­gi­ge His­to­ri­ker­kom­mis­si­on und eine umfas­sen­de Auf­ar­bei­tung. Fra­ge­stel­lun­gen dafür hat er bereits im Dezem­ber 2012 skizziert.

Das Maga­zin „pro­fil“ geht in sei­nem Bei­trag zur „Göt­ter­däm­me­rung bei den Wie­ner Phil­har­mo­ni­kern“ nicht nur eini­gen Schick­sa­len von durch die Nazis ermor­de­ten und ver­trie­be­nen Phil­har­mo­ni­kern nach, son­dern auch dem tie­fen Spalt, der das Orches­ter auch noch in der Zwei­ten Repu­blik durch­zog. Bei­spiel­haft dafür die Schlusssätze:

Solo­cel­list Fried­rich Bux­baum traf die Phil­har­mo­ni­ker bei ihrem Gast­spiel in Lon­don 1947 erst­mals wie­der und begrüß­te sie tref­fend: „Lie­be Freun­de, ich bin so glück­lich, dass ich wie­der bei euch sein darf. Ich hab euch stim­men hören. Es klang wun­der­bar rein. Ganz judenrein.“
Kla­ri­net­tist Rudolf Jet­tel hat­te sich mit sei­ner jüdi­schen Frau in Wien vier Jah­re lang ver­steckt und wur­de nach Kriegs­en­de wie­der Phil­har­mo­ni­ker. Über sei­ne Erfah­run­gen sprach Jet­tel wenig. Roger Sal­an­der, ein Enkel des ver­trie­be­nen Phil­har­mo­ni­kers Bert­hold Sal­an­der: „Doch was er gesagt hat, was er von sei­nen Kol­le­gen gesagt hat, kann man nicht dru­cken.
 (profil.at )