Villach/Klagenfurt: Der Neonazi von der Kameradschaft „Treffen“

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Die Ankla­ge­schrift umfass­te 50 Sei­ten, der Staats­an­walt trug die „Geschich­te eines Neo­na­zi“ in Aus­zü­gen vor. Ange­klagt wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung war ein mitt­ler­wei­le 25-Jäh­ri­ger, der schon eini­ge Jah­re in der Neo­na­zi-Sze­ne hin­ter sich hat.

Der Geschwo­re­nen­pro­zess lief schnel­ler ab als geplant. Da die Ver­tei­di­gung auf die Ein­ver­nah­me von Zeu­gen ver­zich­te­te, die von der Staats­an­walt­schaft geschil­der­ten Fak­ten bestä­tig­te und sich der Ange­klag­te“ voll gestän­dig“ zeig­te, konn­te das Urteil schon am ers­ten von zwei geplan­ten Pro­zess­ta­gen gespro­chen wer­den. Die Geschwo­re­nen erkann­ten ein­stim­mig auf schul­dig im Sin­ne der Ankla­ge. Das Urteil: zwei Jah­re Haft, davon sechs Mona­te unbedingt.

So ganz nah­men Rich­ter, Staats­an­walt und wohl auch die Geschwo­re­nen dem Ange­klag­ten sei­ne Schuld­ein­sicht und Reue aber nicht ab. Schon ein­mal hat­te die Ankla­ge­be­hör­de ein Ver­fah­ren gegen ihn ein­ge­stellt, weil er damals ver­si­chert hat­te, mit der Neo­na­zi-Sze­ne gebro­chen zu haben, was sich spä­ter als unwahr her­aus­stell­te. Der Staats­an­walt ver­wies auch auf die Vor­stra­fen des Ange­klag­ten, Gewalt­de­lik­te mit ein­deu­tig aus­län­der­feind­li­cher Ten­denz. Er hat­te zum Bei­spiel einen Mann als „Juden­sau“ beschimpft und geschla­gen. Für den Ange­klag­ten waren das Delik­te, die er im Zustand der star­ken Alko­ho­li­sie­rung began­gen hat­te: „In einem nor­ma­len Zustand wür­de ich das nie machen.“ (APA 0433, 29.10.2012)

Der Ange­klag­te befand sich offen­sicht­lich eini­ge Jah­re nicht in einem nor­ma­len Zustand. Von der Schil­de­rung des Staats­an­walts berich­tet die APA (APA 0394, 29.10.12):

Nach der Dar­stel­lung des Staats­an­walts kam der Ange­klag­te mit 15 Jah­ren, zur Zeit der Schei­dung sei­ner Eltern, mit der rechts­extre­men Skin­head-Sze­ne in Kon­takt. Dar­auf­hin hat­te er begon­nen, sich inten­siv mit dem Natio­nal­so­zia­lis­mus aus­ein­an­der­zu­set­zen. Er deko­rier­te sein Zim­mer mit NS-Devo­tio­na­li­en, las revi­sio­nis­ti­sche, rechts­extre­me und natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Lite­ra­tur und hör­te die Musik rechts­extre­mer Musik­grup­pen. In Vil­lach mie­te­te er einen Pro­be­raum, der eben­falls ent­spre­chend mit Fah­nen und Haken­kreu­zen aus­ge­stat­tet wur­de. Dort traf er sich mit Gleich­ge­sinn­ten, die er zum Teil selbst aus sei­nem Bekann­ten­kreis rekru­tiert hat­te. In Vil­lach hat­te der Ange­klag­te im Jahr 2010 knapp 100 Sti­cker im öffent­li­chen Raum geklebt, auf denen Frei­heit für einen ver­ur­teil­ten Neo­na­zi gefor­dert wurde.

In Vil­lach mie­te­te er einen Raum an, der als Anlauf­punkt für die von ihm gegrün­de­te „Kame­rad­schaft Tref­fen“ dien­te. Von dort wur­den auch Aktio­nen durch­ge­führt, wie zum Bei­spiel die Schän­dung des Denk­mals der Namen in Vil­lach. Zwei Kis­ten mit Beweis­ma­te­ri­al hat­te das Gericht für die Ver­hand­lung her­bei­schaf­fen las­sen: Hit­ler­bil­der, Hit­ler­wein, „Mein Kampf“, Neo­na­zi-Lite­ra­tur, Neo­na­zi-Musik usw.. Die Mate­ria­li­en wer­den mit Zustim­mung des Ange­klag­ten ver­nich­tet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Sie­he auch ORF Kärn­ten — Neo­na­zi-Pro­zess: Zwei Jah­re Haft.