Zum Zeitpunkt 12. November 2009 war der parlamentarische Untersuchungsausschuss „zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments“, kurz Spitzelausschuss, noch im Laufen. Er war am 10. Juli 2009 eingesetzt worden, nachdem die FPÖ den grünen Abgeordneten Karl Öllinger beschuldigt hatte, den Kriminalbeamten Uwe Sailer für Spitzeldienste gegen die FPÖ eingekauft zu haben. Uwe Sailer und Karl Öllinger waren spätestens seit diesem Zeitpunkt auf der Homepage von Alpen-Donau und im Forum alinfodo prominent vertreten.
Es ist also undenkbar, dass einer aus der Verwaltung des Alpen-Nazi-Forums nicht gewusst hat, wer da mit dem Namen „Uwe Sailer“ freigeschaltet wurde. Das Posting enthält eine Reihe von falschen bzw. verleumderischen Behauptungen, aber auch — wie der echte Sailer festhält – Bemerkungen, die tatsächlich so gefallen sind.
Gezählte drei Minuten, nachdem das Posting des angeblichen „Uwe Sailer“ im Neonazi-Forum veröffentlicht wurde, meldet sich „Antisem“ zu Wort:
„Du hast doch wirklich kein Kreuz! Schleich dich von hier, und pack deine Jiddenschlampe Ex-Berger (Net zufällig mit der Ex ‑Ministerin verwandt?) ein. Für dich suizidgefährdetes Arschloch ist alles erledigt!
Putz di du Stricher!“
„Antisem“ veranlasst dann auch die Sperre von „Uwe Sailer“.
Der echte Uwe Sailer war natürlich nicht der Verfasser dieser Mail.
Antisem hetzt gegen den echten Uwe Sailer
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Warum wird im Nazi-Forum blitzartig ein Konto „Uwe Sailer“ freigeschaltet? Nur um den echten Sailer bloßzustellen und zu demütigen? Das wäre mit einem Kommentar auf der Homepage von Alpen-Donau einfacher zu haben gewesen! Mit dem Posting im Forum ging es aber darum, den Eindruck von Authentizität herzustellen. Die Alpen-Nazis waren sich zu diesem Zeitpunkt längst im klaren, dass im Forum nicht nur die Antifa, sondern auch der Verfassungsschutz mitlas.
Am 12. November 2009 war im parlamentarischen Untersuchungsausschuss das Kapitel der von der FPÖ behaupteten Spitzeltätigkeit Öllinger / Sailer zwar schon weitgehend abgehandelt, der Ausschuss aber noch nicht abgeschlossen. Die Lage hatte sich allerdings für die FPÖ ungemütlich verändert. Unter der Titel „FPÖ-Kontakte zu den Rechtsextremen“ berichtete die „Presse“ etwa am 21.10.09 so: „Doch ausgerechnet die FPÖ, die die Affäre Öllinger im Juli durch Verlesung seiner E‑Mails im Nationalrat ins Rollen gebracht hat, geriet auf einmal in Bedrängnis“. Mit einer Sachverhaltsdarstellung wegen angeblicher falscher Beweisaussage („Öllinger oder Sailer lügt”) wollten die freiheitlichen Abgeordneten Graf, Neubauer und Rosenkranz noch einmal in die Offensive kommen.
„Die Chronik einer Verleumdung” als PDF
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Mit dem Posting des falschen Uwe Sailer am 12.11.09 haben diese neuerlich falschen Anschuldigungen frische Nahrung erhalten. Mit dem Inhalt des Fake-Postings hat der bislang unbekannte Verfasser der freiheitlichen Sachverhaltsdarstellung bzw. den Vorwürfen der FPÖ auf Amtsmissbrauch und Bruch der Amtsverschwiegenheit zugearbeitet. Eine Auftragsarbeit? Jedenfalls eine Steilvorlage für die Ermittlungsbehörden. Am 2. Dezember begehrte die Korruptionsstaatsanwaltschaft die Auslieferung von Öllinger, der am 10.12. stattgegeben wurde. Gegen Uwe Sailer wurde ebenfalls in dieser Sache ermittelt. Alle diesbezüglichen Verfahren gegen Öllinger und Sailer wurden im Jahr 2011 eingestellt.
Bleibt bloß die Frage offen, wer der Verfasser des Postings bzw. der Auftraggeber war. Der Verfassungsschutz verfügt laut Anklage und Befragung im Prozess über User- und Inhaltsdaten, sowie Nicknames, E‑Mail- und IP-Adressen verschiedener User. Da sollte eigentlich der falsche „Uwe Sailer“ auch darunter sein. Immerhin hat der unbekannte Verfasser verleumdet und damit ein strafrechtliches Delikt begangen.