Lesezeit: 3 Minuten

Fakten statt Hetze (I)

Es kur­siert als Flug­blatt, als Mail und als elek­tro­ni­sches Doku­ment: „Öster­rei­cher in Not – Asy­lan­ten belohnt“ will einen Ver­gleich zwi­schen den Ein­künf­ten einer Asyl­wer­ber­fa­mi­lie in Kärn­ten und den Ein­künf­ten eines öster­rei­chi­schen Fach­ar­bei­ters bie­ten. Es ist das Lügen­pro­dukt von rech­ten Het­zern! Das beginnt schon damit, dass man Äpfel mit Bir­nen nicht ver­glei­chen soll­te, beson­ders wenn man […]

18. Feb 2012

Das beginnt schon damit, dass man Äpfel mit Bir­nen nicht ver­glei­chen soll­te, beson­ders wenn man selbst eine Hohl­bir­ne ist.

Die Sozi­al­leis­tun­gen wer­den in Öster­reich (mit Aus­nah­me von Pen­sio­nen bzw. Aus­gleichs­zu­la­ge) zwölf­mal im Jahr aus­be­zahlt, Löh­ne jedoch 14 Mal. Das macht es not­wen­dig, den ange­ge­be­nen nied­ri­gen Monats­lohn (1.473,78 €) in ein Jah­res­brut­to mit 14 Monats­ge­häl­tern umzu­rech­nen und dar­aus das Net­to­ein­kom­men pro Monat neu zu ermit­teln (1.402,06 €).


Flug­blatt „Öster­rei­cher in Not – Asy­lan­ten belohnt“ auf der Face­book­sei­te von Strache

Was die Leis­tun­gen für die acht­köp­fi­ge Asyl­wer­ber­fa­mi­lie betrifft, die das Hetz-Flug­blatt mit den Ein­künf­ten einer fünf­köp­fi­gen Fach­ar­bei­ter­fa­mi­lie ver­gleicht, so ist zum einen klar, dass man eigent­lich nicht acht mit fünf Per­so­nen gleich­set­zen kann. Das soll­te selbst für rech­te Hohl­bir­nen klar sein. Aus dem Kon­text ist zu ent­neh­men, dass bei­de Fami­li­en in Kärn­ten leben und die Asyl­wer­ber­fa­mi­lie dort eine Grund­ver­sor­gung (für Selbst­ver­sor­ger) nach dem Kärnt­ner Grund­ver­sor­gungs­ge­setz erhält. Wäre die Asyl­wer­ber­fa­mi­lie in einer betreu­ten Ein­rich­tung unter­ge­bracht, so wären die Leis­tun­gen noch dürftiger.

Wer Grund­ver­sor­gung erhält, ist von den sons­ti­gen Leis­tun­gen des öster­rei­chi­schen Sozi­al­sys­tems aus­ge­schlos­sen – das haben die brau­nen Matsch­bir­nen nicht kapiert. Unver­dros­sen sum­mie­ren sie Leis­tung um Leis­tung in der Tabel­le auf, auf die die acht­köp­fi­ge Fami­lie kei­ner­lei, die Fach­ar­bei­ter­fa­mi­lie aber sehr wohl Anspruch hat. Wir haben in unse­rer Rech­nung bewusst die Kos­ten­höchst­sät­ze ver­an­schlagt. Für das Alter der Kin­der haben wir die Anga­ben der Het­zer ver­wen­det: Die Kin­der sind dem­nach 2, 6, 8, 11, 13 und 15 Jah­re alt.


„Argu­men­te in Not” – die rich­ti­gen Zahlen

Es gibt in Öster­reich schon erschre­ckend nied­ri­ge Kol­lek­tiv­ver­trags­löh­ne. Wer als Bäcke­rIn mit Lehr­ab­schluss arbei­tet, ver­dient im ers­ten Arbeits­jahr gera­de ein­mal € 1.361,90 im Monat. Restau­rant­fach­men­schen mit abge­schlos­se­ner Leh­re kom­men auf ein KV-Gehalt von 1208,-. Brut­to! Das ist eine Schan­de. Auch aus­ge­bil­de­te Kürsch­ne­rIn­nen oder Fri­seu­rIn­nen kom­men zu erschüt­ternd nied­ri­gen Ein­kom­men. Leder­fach­ar­bei­te­rIn­nen haben einen KV-Lohn von € 7,23 in der Stun­de. Bei Voll­zeit­ar­beit kom­men sie damit auf nur € 1.205,27 im Monat. Es war übri­gens die FPÖ, die sich am 21. Okto­ber 2010 in einer nament­li­chen Abstim­mung im Natio­nal­rat gegen Min­dest­löh­ne von zumin­dest € 7,50 brut­to in der Stun­de aus­ge­spro­chen haben, weil ihr die­se zu hoch waren. Sie­he: parlament.gv.at

Im All­ge­mei­nen Ein­kom­mens­be­richt des Rech­nungs­ho­fes wird unter der Rubrik „Fach­ar­bei­ter“ ein Medi­an­ein­kom­men von € 1.949,48 für das Jahr 2009 ange­ge­ben. Der im Pla­kat ange­nom­me­ne Fach­ar­bei­ter­lohn von € 1.473,78 ent­spricht in etwa dem Brut­to­ein­kom­men des schlech­test­be­zahl­ten Fach­ar­bei­te­rin­nen-Quar­tils 2009. Ein der­art nied­ri­ges Ein­kom­men als Fach­ar­bei­te­rIn erhal­ten laut Sta­tis­tik Aus­tria so gut wie aus­schließ­lich Frau­en (was als Befund schlimm genug ist, aber eben die Serio­si­tät der Bei­spiel­rech­nung in Fra­ge stellt, die die­ses Ein­kom­men aus­drück­lich einem Mann zuordnet).

Wir haben das Rechen­bei­spiel der rech­ten Hohl­bir­nen nach­ge­rech­net. Ein­mal mit sechs Kin­dern (um es ver­gleich­bar zu machen mit der Asyl­wer­ber­fa­mi­lie), ein­mal mit den drei Kin­dern. Die Sozi­al­leis­tun­gen der Län­der sind sehr schwie­rig zu rech­nen. Mög­lich wäre, dass die Miet­bei­hil­fe ent­fällt, dann wäre die Gesamt­sum­me für die fünf­köp­fi­ge Fami­lie bei 2.600 Euro , für die acht­köp­fi­ge wür­de sie rund 4.000 Euro betragen.

Ob die Het­zer die Sozi­al­leis­tun­gen unter den Tisch fal­len haben las­sen, weil sie nicht nur gegen Min­dest­löh­ne, son­dern auch gegen die Min­dest­si­che­rung sind (die für die acht­köp­fi­ge Fami­lie ein wich­ti­ger Aktiv­pos­ten ist)?

Fal­sche Anga­ben der Het­zer haben wir jeden­falls kur­siv gesetzt.

Keine Beiträge mehr verpassen: Email-Benachrichtigung aktivieren
abgelegt unter: Dokumentation
Schlagwörter: FPÖ | Hetze | Kärnten/Koroška | Österreich |