Blauer Sommer 2011 – eine Nachlese (I)

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Der Som­mer 2011 war ziem­lich ver­reg­net – für die Frei­heit­li­chen. Ein frei­heit­li­cher Skan­dal jag­te den nächs­ten. Wir wol­len sie hier nicht noch ein­mal auf­zäh­len. Statt­des­sen wol­len wir eini­ge pro­mi­nen­te Stim­men zu Wort kom­men las­sen: über die FPÖ, aber auch von FPÖ­lern. Wir fin­den näm­lich, dass nicht alle Wort­mel­dun­gen und Aktio­nen von FPÖ-Spit­zen aus­rei­chend gewür­digt wor­den sind.

Tho­mas Gla­vi­nic über die FPÖ, ihre Wäh­le­rIn­nen und Wolf­gang Schüssel

Gla­vi­nic: Men­schen sind äußerst pro­ble­ma­ti­sche Lebe­we­sen. Wir soll­ten uns kei­nen Illu­sio­nen hin­ge­ben. Wenn eine Par­tei wie die FPÖ drei­ßig Pro­zent haben kann, sagt das über die Men­schen in Öster­reich sehr viel aus.

News: Was?

Gla­vi­nic: Dass drei­ßig Pro­zent davon nicht beson­ders schlau sind, was die Sache aber nicht bes­ser macht. Mich ärgert, dass man FPÖ-Wäh­ler stän­dig exkul­piert, als wüss­ten sie nicht, wofür die FPÖ steht. Das ist kein akzep­ta­bler Pro­test gegen die Regie­rung, ob die nun gut arbei­tet oder nicht. Es ist ein­fach unap­pe­tit­lich, die FPÖ zu wählen.

News: Gibt die Ver­ur­tei­lung von Uwe Scheuch Hoffnung?

Gla­vi­nic: Das ist ein Licht­punkt. Aber es wäre doch absurd, wenn Scheuch als Ein­zi­ger ins Gefäng­nis wan­dert — und die poli­ti­sche Kas­te Öster­reichs kann wei­ter­ma­chen wie bis­her. Im Grun­de genom­men hat Wolf­gang Schüs­sel das Land voll­kom­men ver­saut. Er ist Aus­gangs­punkt all des­sen, was wir bis in die Gegen­wart hin­ein seit zehn Jah­ren erle­ben. Ohne ihn hät­te es die­se Polit­ver­rot­tung nicht gege­ben, nicht in die­ser Form, denn er hat die FPÖ in die Regie­rung geholt, das gilt es, nie­mals zu ver­ges­sen. Das Land ist kor­rupt wie lan­ge nicht mehr.

Tho­mas Gla­vi­nic ist Schrift­stel­ler. Die Aus­schnit­te aus dem Inter­view stam­men aus NEWS 34/ 2011 vom 25.8.2011

Chris­ti­ne Aumayr-Hajek über die Angsthasenpartei

Die FPÖ ist so rechts wie eh und je, und nichts ande­res kann die FPÖ auch jemals sein. Stra­che will sich vom rech­ten Rand sei­ner Par­tei befrei­en? Dann sitzt er künf­tig mit drei Getreu­en allei­ne im Par­la­ment und kopiert Unter­la­gen selbst, die vie­len par­la­men­ta­ri­schen Mit­ar­bei­ter aus diver­sen Bur­schen­schaf­ten sind dann näm­lich weg. Die FPÖ hat sich per­so­nell und the­ma­tisch nie in die Mit­te bewegt, nur das Poten­zi­al der mit der Poli­tik unzu­frie­de­nen Wäh­ler hat sich enorm vergrößert. (…)

In den blau­en Rei­hen gras­siert die Angst. Man fühlt sich von der links-lin­ken Jagd­ge­sell­schaft ver­folgt. Die Mär­ty­rer der Gerech­tig­keit, wie etwa Uwe Scheuch, wer­den durch die Polit-Jus­tiz zu Fall gebracht. Kurt Scheuch, der Bru­der, will einer Ver­bin­dung des Rich­ters mit den Frei­mau­rern nach­spü­ren. Der alte Haider-„Claim” „Sie sind gegen ihn, weil er für euch ist” weht immer noch durch die blau­en Rei­hen. Vor wem man sich fürch­ten muss, den nimmt man ernst. Damit ist Respekt garantiert.

Allein, fürch­ten muss man sich vor der FPÖ nicht. Die­se Polit-Gar­de ist viel­mehr ein Angst­ha­sen­trupp, der aus dem Fürch­ten gar nicht mehr her­aus­kommt — vor der Über­frem­dung, vor der Glo­ba­li­sie­rung, dem lin­ken Medi­en­kar­tell und gene­rell einer immer schlech­ter wer­den­den Welt. Es ist auch nicht ver­wun­der­lich, dass sich FPÖ-Poli­ti­ker und ihre Wäh­ler so fürch­ten müs­sen. Frei von einem Gefühl der Eigen­ver­ant­wort­lich­keit füh­len sie sich einer unüber­blick­bar wer­den­den Welt aus­ge­lie­fert. Schuld haben dabei immer die anderen.

Chris­ti­ne Aumayr-Hajek ist Kom­mu­ni­ka­ti­ons­be­ra­te­rin und war 2005 unter Ursu­la Haub­ner (FPÖ, dann BZÖ) Pres­se­spre­che­rin im Sozi­al­mi­nis­te­ri­um. Ihr Bei­trag erschien als „Kom­men­tar der ande­ren“ mit dem Titel „Die bes­se­re Stra­te­gie gegen Angst­ha­sen-Latein“ im Stan­dard vom 17.8.2011

Uwe Scheuch und die lin­ke Jagdgesellschaft

Nach dem plötz­li­chen und schreck­li­chen Unfall­tod unse­res LH Dr. Jörg Hai­der, der über 30 Jah­re von den Medi­en, den poli­ti­schen Mit­be­wer­bern und ande­ren Insti­tu­tio­nen ver­folgt wur­de, hat die­se lin­ke Jagd­ge­sell­schaft nun wohl mir die­se Rol­le übertragen. (…)

Mei­ne Per­son, mei­ne Fami­lie, mei­ne Freun­de und mein gesam­tes Umfeld wur­den zu Frei­wild erklärt.
Und trotz­dem, oder viel­leicht genau des­halb, wer­de ich nicht wei­chen. Ich bin unschul­dig und ich habe nichts getan! Wäh­rend Betrü­ger, Kin­der­schän­der, kri­mi­nel­le Asyl­wer­ber und vie­le mehr frei und unbe­hel­ligt von einer unfä­hi­gen Jus­tiz in unse­rem Land her­um­lau­fen dür­fen, ver­sucht man mit mir einen media­len Schau­pro­zess zu inszenieren

Uwe Scheuch ist Lan­des­haupt­mann-Stell­ver­tre­ter in Kärn­ten und hat sei­nen offe­nen Brief an die „lie­ben Kärnt­ne­rin­nen und Kärnt­ner“, der im August 2011 an alle Haus­hal­te ver­sandt wur­de und aus dem wir hier zitie­ren, mit dem Lan­des­wap­pen und den Lan­des­far­ben ver­ziert und als Lan­des­haupt­mann-Stell­ver­tre­ter unter­schrie­ben. Uwe Scheuch wur­de Anfang August zu 18 Mona­ten teil­be­ding­ter Haft ver­ur­teilt und ging in Berufung.

Rai­ner Niko­witz als Uwe Scheuch

Lie­be Kärnt­ne­rin­nen! Lie­be Kärntner!

Der Brief, den Uwe Scheuch dann lei­der doch nicht geschrie­ben hat.

Nach­dem ich nicht Uwe Scheuch hie­ße, wenn mir etwas pein­lich wäre, wen­de ich mich heu­te in der uner­schüt­ter­li­chen Hoff­nung an euch, dass in unse­rer schö­nen Hei­mat Kärn­ten aller­weil immer noch die Trot­teln in der Mehr­heit sind.

Ich weiß genau, wenn ich euch jetzt vor­su­de­re, dass ich der empö­rends­te Fall von Polit­jus­tiz seit Nel­son Man­de­la bin — wobei der ja noch dazu nur ein Neger war -, dann seid ihr voll beein­druckt und betrof­fen und könnt eure Wut über die links­lin­ke Saue­rei, dass Geset­ze auch für mich gel­ten, kaum mehr bezäh­men. Ich wer­de dadurch in euren trü­ben Augen zur Licht­ge­stalt auf­stei­gen, qua­si zum Johann von Orleans, weil von bösen Mäch­ten ver­folgt wer­den kommt bei euch Weich­bir­nen ja immer gut.

Schön wäre es natür­lich auch, wenn man die Kos­ten für die­sen Brief irgend­wie auf das Lan­des­bud­get abwäl­zen könn­te. Aber da fin­den wir schon eine Lösung, die so frech ist, dass ihr Kof­fer uns eigent­lich schon allein des­we­gen nicht mehr wäh­len soll­tet. Wobei wir ja alle mit­ein­an­der wis­sen, dass wir machen kön­nen, was wir wol­len — und ihr Bewusst­lo­sen uns trotz­dem wählt.

Rai­ner Niko­witz ist Autor im „pro­fil“. Der Aus­zug aus die­ser Kolum­ne stammt aus pro­fil 33/2011 vom 12.8.2011

➡️ Blau­er Som­mer 2011 – eine Nach­le­se (II)
➡️ Blau­er Som­mer 2011 – eine Nach­le­se (III)
➡️ Blau­er Som­mer 2011 – eine Nach­le­se (IV)