Damit orientiert sich Spindelegger offensichtlich an der Medienpolitik der ungarischen Regierungspartei FIDESZ von Viktor Orbán. Der Unterschied: Dort sind entscheidende Medien tatsächlich schon gleichgeschaltet und bringen nur mehr Hofberichterstattung. Die Chefredakteurin des „Standard“, Alexandra Föderl-Schmid kommentiert Spindeleggers Vorstellungen mit: „Wer so spricht, baut Koalitionen“ Hat eigentlich unser Bundeskanzler auch eine Meinung dazu?
Fragestunde Außenminister VK Spindelegger 16.6.2011
Auszug aus dem vorläufigen Stenographischen Protokoll
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 118/M des Herrn Abgeordneten Öllinger. – Bitte.
Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Bei einer Pressekonferenz, die Herr Strache gemeinsam mit Marine Le Pen, Chefin der rechtsextremen Front National in Straßburg gehalten hat, ist es zu einem Eklat Nationalrat, XXIV. GP gekommen, weil der Generalsekretär der FPÖ, Harald Vilimsky, und der außenpolitische Sprecher der FPÖ, Herr Johannes Hübner, die Pressekonferenz massiv gestört haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Hübner. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Es ist auch zu entsprechenden Wortwechseln gekommen. Die Journalisten haben gesagt: Das hier ist eine Pressekonferenz für Journalisten! – Harald Vilimsky dazu: Das ist die Frage! (Lebhafte Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)Nachdem Sie, Herr Vizekanzler, gerade jetzt auch das Grundrecht auf Informations- und Medienfreiheit, das es zu schützen gilt, angesprochen haben, frage ich Sie: „Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, damit ein Schaden für das internationale Ansehen Österreichs durch den Angriff von FPÖ-Chef Strache auf die freie und unabhängige Medienberichterstattung im Rahmen der Pressekonferenz im Europaparlament mit Marine Le Pen abgewendet wird?“ (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.
Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Zunächst halte ich fest, dass ich mich als Außenminister immer bemühen werde, einen Schaden für das Ansehen Österreichs abzuwenden beziehungsweise durch aktive Maßnahmen dem Ansehen Österreichs durchaus für die Zukunft einen anderen Drive zu geben. (Beifall bei der ÖVP.) Ich möchte aber den konkreten Fall, den Sie ansprechen, auch bewerten. Die Frage
ist: Ist ein Schaden entstanden und – wenn ja – wodurch? Ich habe mir die internationale Berichterstattung zu diesen Fragen angesehen. Ich habe drei europäische Medien gefunden, die darüber auch tatsächlich berichtet haben; einerseits „Le Monde“, andererseits zwei deutsche Medien, die „Welt“ und der „Spiegel“ beziehungsweise der „Stern“; ich glaube, es war der „Stern“. Dabei findet sich aber nicht die Frage: Berichterstattung: Ja oder nein? oder: Fair: Ja oder nein?, sondern eher die Frage der Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers in manchen Gemeinden. Und da sehe ich auch die Grundlage für einen möglichen Schaden, der auf Österreich zukommen könnte. Darum bitte ich auch darum, dass wir dieses Thema nicht hochspielen. Das ist eine österreichische Diskussion, die auch in Österreich geführt werden sollte und die man nicht internationalisieren sollte. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Öllinger.
Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Vizekanzler, ich bin durchaus dankbar, dass Sie das Thema ansprechen, aber es war gerade die FPÖ, die gegen die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers in Amstetten gestimmt hat. (Abg. Strache: Das ist unrichtig!) Es war ausgerechnet der Herr Strache … (Abg. Strache: Das ist genau unrichtig! Das wird wider besseres Wissen gesagt! – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Können Sie bitte etwas ruhiger sein? Sie brauchen nicht auch hier zu stören. (Abg. Strache: Warum lügen Sie?) Es war ausgerechnet Herr Strache, der sich bei dieser internationalen Pressekonferenz auf einen Beschluss des Alliierten Rates aus dem Jahr 1946 berufen hat, der die Ehrenbürgerschaft angeblich überflüssig gemacht hat.(Abg. Strache: Warum lügen Sie?) Das ist leider nicht richtig. Auch das ist wieder eine Unwahrheit, denn den Alliierten Rat gab es in Deutschland, 1946 war aber Österreich – Gott sei Dank, Herr Strache! – von Deutschland schon frei und unabhängig! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Ich frage Sie daher, Herr Vizekanzler: Welche Maßnahmen sind es, die Ihrer Meinung nach bewirken können, dass die FPÖ ihren Standpunkt und ihre Haltung in der Frage der Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers ändert?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich lasse die Frage zwar zu, würde aber verstehen, wenn der Herr Vizekanzler diese Frage auf Grund von Nichtzuständigkeit nicht beantworten kann, wie ich einmal gleich dazu sage.
Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich antworte Ihnen trotzdem: Diskussionen dieser Art gehören nach Österreich, und man soll das durchaus auch hier im Parlament austragen. Ich bitte Sie aber auch darum, dass wir nicht versuchen, über internationale Medien Österreich wirklich in seinem Ansehen zu schaden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Ich denke daher: Ausdiskutieren in Österreich – okay, da kann man sehr unterschiedlicher Meinung sein, aber keine Internationalisierung dieser Frage. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall und Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Vilimsky.
Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Vielen Dank, sehr geehrter Herr Außenminister! Ich kann mich als Mitglied dieses Nationalrates auch im Sinne des Ansehens des Hohen Hauses nur dafür entschuldigen, was Herr Kollege Öllinger hier zum Besten gegeben hat. (Beifall bei der FPÖ.) Herr Kollege Öllinger ist offensichtlich das Opfer einer völlig falschen Wahrnehmung, was offensichtlich auch auf eine ideologische Verblendung zurückgeht, aber das möge ihm unbenommen sein. Faktum ist, dass FPÖ-Chef Strache in einer sehr ruhigen, sehr besonnenen aber auch sehr deutlichen Art und Weise (ironische Heiterkeit bei den Grünen) klargemacht hat, dass keine hier im Haus vertretene Partei auch nur ansatzweise irgendwie daran festhalten würde, die Ehrenbürgerschaft von Hitler fortzusetzen. (Beifall bei der FPÖ.) Meine Empörung, Herr Außenminister, war eine spontane Bemerkung, wie unglaublich es ist, dass ein Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der im revolutionären Marxismus sozialisiert wurde, das Ansehen Österreichs beschmutzt. (Rufe bei BZÖ und Grünen: Frage!) Herr Außenminister, eine kurze Frage: Werden Sie Überlegungen in Angriff nehmen, dass Journalisten im internationalen Ausland vor einer internationalen Öffentlichkeit das Ansehen Österreichs entsprechend wahren sollen? (Abg. Grosz: Dann krieg ich aber auch eineinhalb Minuten!)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.
Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wir setzten uns dafür ein, dass im Rahmen unseres Engagements im Menschenrechtsrat der Schutz von Journalisten ein wesentlicher Zielpunkt für die Zukunft ist. Das ist wichtig, denn das, was wir in Österreich und was Sie hier diskutieren, hat in Wirklichkeit mit der Realität, was in vielen Ländern passiert, gar nichts zu tun. Dort geht es darum, dass man nicht frei berichten kann, dass freie Meinungsäußerung nicht möglich ist, dass Journalisten verfolgt und zum Teil auch getötet werden. Um diese Fragen werden wir uns im Menschenrechtsrat bemühen, und um nichts anderes. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Nationalrat, XXIV. GP 16. Juni 2011 110. Sitzung / 19
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Muttonen.
Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Minister, sind Sie nicht auch der Meinung, dass es sinnvoll wäre, dass alle Parteien in Gemeinden die Ehrenbürgerschaft von Leuten wie Hitler oder anderen Personen, auch wenn sie tot sind, einfach aberkennen sollten? (Abg. Strache: Die sind ja nicht mehr aufrecht! Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.
Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, das ist eine Diskussion – ich verweise neuerlich darauf –, die in Österreich geführt werden muss, die auch jede Gemeinde zu entscheiden hat. Mehr will ich dazu nicht sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schwentner: Wir sind in Österreich!)