Wien: Nazi-Schmierereien, tätliche Angriffe und Kunstblut

Lesezeit: 4 Minuten

In einer Stel­lung­nah­me äußer­te sich der lin­ke Wie­ner Kul­tur­ver­ein W23 zu unter­schied­li­chen rechts­extre­men und neo­na­zis­ti­schen Angrif­fen, denen ihre Ver­eins­räum­lich­kei­ten im Lau­fe ihres zehn­jäh­ri­gen Bestehens aus­ge­setzt waren. 

Seit zehn Jah­ren besteht der Kul­tur­ver­ein W23 und behei­ma­tet unter­schied­li­che Grup­pen und Pro­jek­te, deren Ver­an­stal­tun­gen sowie auch eine Biblio­thek. Immer wie­der kam es im Lau­fe der Jah­re auch zu rechts­extre­men und neo­na­zis­ti­schen Angrif­fen. Waren es anfangs noch „ein­fa­che“ Nazi-Schmie­re­rei­en gewe­sen, stei­ger­te sich die Qua­li­tät die­ser Ein­schüch­te­rungs­ver­su­che, als im Okto­ber 2008 rund zehn ver­mumm­te Neo­na­zis pro­bier­ten, in die Ver­eins­räum­lich­kei­ten zu kom­men und die dort anwe­sen­den Gäs­te zu atta­ckie­ren. Auch in den dar­auf fol­gen­den Jah­ren kam es immer wie­der zu Schmie­re­rei­en, Mani­pu­la­tio­nen der Schlös­ser sowie vor weni­gen Wochen zu einer „Atta­cke mit Kunst­blut, wel­ches an die Wand und Ein­gangs­tür der w23 geschüt­tet wur­de“ ver­se­hen mit einem Zet­tel, auf dem „Öster­reich blu­tet auch durch eure Schuld“ stand. Kunst­blut wur­de auch im Übri­gen auch bei den Angrif­fen auf den „Mus­lim Life­style Shop“ sowie die „Anar­chis­ti­sche Buch­hand­lung“ ver­wen­det, die eben­falls erst kürz­lich in Wien stattfanden.

——————–
Hier die Stel­lung­nah­me im Volltext:

State­ment zu rechts­extre­men Angrif­fen in Wien
Anfang Okto­ber fei­er­te der Kul­tur­ver­ein w23 sein zehn­jäh­ri­ges Bestehen. In den Räum­lich­kei­ten fin­den regel­mä­ßig Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tun­gen, Film­aben­de, Lesun­gen, Work­shops und vie­les mehr statt, außer­dem gibt es eine Biblio­thek von unten und ein Archiv der sozia­len Bewegungen.

Im Lau­fe des Bestehens kam es — wie bei ande­ren lin­ken Loca­ti­ons auch — immer wie­der zu Stö­run­gen durch (Neo)Nazis und ande­re, die sich durch die blo­ße Exis­tenz von lin­ken Pro­jek­ten oder „dem Ande­ren” bedroht fühlen.

Dabei ist klar zu beob­ach­ten: je stär­ker der gesell­schaft­li­che Rücken­wind für ras­sis­ti­sche und faschis­ti­sche Ideo­lo­gien, des­to siche­rer füh­len sich diver­se Neo­na­zi-Grup­pen, denen die Online-Het­ze irgend­wann nicht mehr aus­reicht und die statt­des­sen direkt zur Tat schreiten.

Wäh­rend es in den ers­ten Jah­ren ziem­lich ruhig war, kam es mit den ver­stärk­ten Akti­vi­tä­ten von Alpen-Donau und ande­ren neo­na­zis­ti­schen Grup­pie­run­gen zu einer Häu­fung von Vor­komm­nis­sen rund um die Räumlichkeiten.

Erst waren es gele­gent­lich Nazi-Schmie­re­rei­en (z.B.: das Logo von „Der Fun­ke” — im Nahe­ver­hält­nis der jet­zi­gen Iden­ti­tä­ren anzu­sie­deln), Mani­pu­la­tio­nen der Schlös­ser, dann wur­de ver­sucht die Räu­me „aus­zu­kund­schaf­ten”.

Aus den Angrif­fen gegen die Räu­me wur­den dann Angrif­fe gegen Menschen:
In der Nacht vom 25. auf den 26. Okto­ber 2008 stürm­te ein Trupp von zehn mas­kier­ten Neo­na­zis die Räum­lich­kei­ten und begann wahl­los in die Men­ge der anwe­sen­den Per­so­nen zu prü­geln. Die­ser geplan­te Angriff konn­te schnell abge­wehrt und Schlim­me­res ver­hin­dert wer­den. Es gab zwei Leicht­ver­letz­te und gerin­gen Sachschaden.

Im letz­ten Jahr kommt es wie­der gehäuf­ter zu Sach­be­schä­di­gun­gen bei den Räu­men der w23. Wie­der sind es Schmie­re­rei­en, Mani­pu­la­tio­nen der Schlös­ser und vor ein paar Wochen dann eine Atta­cke mit Kunst­blut, wel­ches an die Wand und Ein­gangs­tür der w23 geschüt­tet wur­de. Ein Zet­tel mit der Auf­schrift „Öster­reich blu­tet auch durch eure Schuld” wur­de hinterlassen.
Wei­te­re Angrif­fe mit Kunst­blut gab es jetzt auf die „Anar­chis­ti­sche Buch­hand­lung” sowie den „Mus­lim Life­style Shop” in Wien.

Die­se Angrif­fe und Atta­cken sind Ein­schüch­te­rungs­ver­su­che. Sie sol­len Angst schü­ren und das Gefühl der stän­di­gen Bedro­hung ver­mit­teln. Sie sind eine logi­sche Fol­ge des auto­ri­tä­ren Kli­mas. In den letz­te Jah­ren sind die Akti­vi­tä­ten von neo­fa­schis­ti­schen und ande­ren rechts­extre­men Grup­pen mas­siv ange­stie­gen, sie füh­len sich in einer zuneh­mend auto­ri­tä­ren und ras­sis­ti­schen Gesell­schaft siche­rer und bestärkt.

Bestä­ti­gung in die­ser Annah­me fin­den sie auch in der Umgangs­wei­se der Behör­den: Angrif­fe mit Tot­schlä­ger und Gür­tel auf Antifaschist_innen -> ein­ge­stellt. Geplan­ter Über­fall auf Gewerk­schafts­ver­an­stal­tung durch Neo­na­zi-Hoo­li­gans -> u.a. Ver­ur­tei­lung von Betrof­fe­nen. Und bei ein­deu­tig ras­sis­ti­schen Anschlä­gen wird von den Behör­den mit dem Hin­weis, dass „in alle Rich­tun­gen ermit­telt” wird, verharmlost.

Bei all der not­wen­di­gen Aus­ein­an­der­set­zung mit Angrif­fen auf die eige­ne Infra­struk­tur, wol­len wir eines fest­hal­ten: All die­se Atta­cken sind in einem grö­ße­ren Kon­text zu sehen. Inso­fern hal­ten wir es für prio­ri­tär, den Blick auf die herr­schen­den Zustän­de zu rich­ten und sich gegen die ras­sis­ti­sche und faschis­ti­sche Nor­ma­li­sie­rung gene­rell zu stellen.
Ort: Wipp­lin­ger­str. 23 / 1010 Wien / Kul­tur­ver­ein w23
hos­ted by: w23

...sowie die dazugehörige "Botschaft".

…sowie die dazu­ge­hö­ri­ge „Bot­schaft”.