Hitler oder Lenin?
Eigentlich gab es schon 2014 ein ernsthaftes Warnzeichen. Damals war auf der Firmen-Website der GEA das Zitat „Die Menschen werden jede Lüge glauben, vorausgesetzt, sie ist groß genug“ mit dem Zusatz, dass das ein Hitler-Spruch sei, zu lesen. Unkommentiert.

Den darauf folgenden Shitstorm und die Frage nach dem „Warum” kommentierte der Chefredakteur der hauseigenen GEA-Zeitschrift „Brennstoff“, Moreau, mit dem lapidaren und ebenso provokativen Satz: „Die kurze Antwort lautet: weil es wahr ist.” (kurier.at, 8.5.14). Heinrich Staudinger entschuldigte sich danach für den „missverständlichen“ Spruch und meinte: „Hätten wir unter das Zitat ‚Großmeister der Lüge‘ geschrieben, hätten wir uns die ganze Debatte erspart.“
Eigentlich wäre damit die Angelegenheit abgetan, wäre da nicht der Wahlkampf, wo Staudinger als Präsidentschaftskandidat von Corinna Milborn auf puls24 zu der alten Sache befragt wurde und sich in einen wilden Wirbel hineinredete. Auf die Frage, wer oder was damit eigentlich gemeint sei, versuchte sich Staudinger in einer neuen Erklärungsvariante. Er habe jetzt noch einmal nach dem Ursprung des Zitats gesucht und Lenin, nicht Hitler, als Urheber gefunden. Das ist dreist! Auch wir haben gegoogelt und keinen einzigen Verweis auf Lenin gefunden, dafür viele mit Hitler als Autor. Das Problem dabei: Die selten, aber doch angegebene Quelle, dass das Zitat aus „Mein Kampf“ stamme, ist nachweislich falsch. Vermutlich gibt es auch keinen Hitler als Autor dieses Zitats, das so dumm wie zynisch ist. Warum findet Staudinger da nicht raus?

… oder Ken Jebsen?
Das wird klar, als ihn Milborn zu dem rechten antisemitischen Verschwörungsideologen Ken Jebsen befragt. (1) Jebsen hat Staudinger 2017 besucht und ihn für seine Serie „Die Macher“ auf KenFM interviewt. Staudinger war schon damals sehr begeistert über Jebsen und hat ihn sehr verteidigt. KenFM gibt’s seit 2021 nicht mehr. Zuvor wurde KenFM dauerhaft von YouTube gesperrt, was wohl einen massiven finanziellen Einbruch für Jebsen, der von den zahlreichen Spenden der User*innen und von den Werbeeinnahmen ausgezeichnet leben konnte, bedeutete.

Bei „Milborn“ wurde Staudinger über sein (positives) Verhältnis zu dem Verschwörer befragt. Darauf setzte Staudinger neuerlich zu einer Eloge auf Jebsen an, auf dessen Kanal „haufenweise interessante Sachen“ zu finden seien, „zum Beispiel ein ganz wichtiger Denker, der Eugen Drewermann“.
… oder Eugen Drewermann?
Mit Eugen Drewermann ist es so ähnlich wie mit Staudinger: Der war einmal ein Schrittmacher, aber das ist lange her. Aus seinen letzten Jahren ist nur mehr ein politischer Verfall ablesbar. Da wären einmal seine Verschwörungserzählungen zur Corona-Pandemie zu nennen, aber vor allem dann der „Neue Krefelder Appell“ vom November 2021, den Drewermann als Erstunterzeichner unterschrieben hat. In diesem Appell heißt es neben anderen Ungeheuerlichkeiten:
Eine noch größere Gefahr geht von der ‚Impf‘-Kampagne aus – für Milliarden von Menschen. Dahinter steht die Strategie des ‚Great Reset‘ des Forums der Superreichen, das sich ‚Weltwirtschaftsforum‘ nennt, mit dem der Kapitalismus über einen gezielten Zusammenbruch und einen ‚Neustart‘ auf eine noch perversere Stufe gehoben werden soll.
… und die CIA!
Ist „Heini“ Staudinger auch schon auf dem „Great Reset“-Trip? Das konnte er in der Sendung von Corinna Milborn nicht mehr gefragt werden. Aber es reicht schon, was Staudinger über die „Me Too“-Bewegung so ganz locker vom Hocker geplaudert hat. Ein österreichischer Filmemacher habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass deren Forderungen und die der „politischen Correctness“ von der CIA entwickelt worden seien, um Bündnisse unter den Menschen schwieriger zu machen. Das reicht.
Fußnote
1 Wir verweisen auf den umfangreichen und gut dokumentierten Wikipedia-Eintrag zu Ken Jebsen (mit eigentlichem Namen Kayvan Soufi-Siavash) und den Podcast „Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen“, in dem Jebsens Entwicklung nachgezeichnet wird.