Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt
Also jetzt mal ganz spekulativ
Angenommen, ich schriebe mal ein Lied
In dessen Inhalt ich besänge, dass ich höchstpersönlich fände
Jürgen Elsässer sei Antisemit
Und im zweiten Teil der ersten Strophe dann
Würde ich zu Kubitschek den Bogen spannen
Und damit meinte ich nicht nur die rhetorische Figur
Sondern das Sportgerät, das Pfeile schießen kannJuristisch wär die Grauzone erreicht
Doch vor Gericht machte ich es mir wieder leicht
Zeig’ mich an, und ich öffne einen Sekt
Das ist alles von der Kunstfreiheit gedecktAlso jetzt mal ganz spekulativ
Ich nutze ganz bewusst lieber den Konjunktiv
Ich schriebe einen Text, der im Konflikt mit dem Gesetz
Behauptet, Gauland sei ein Reptiloid
Und angenommen, der Text gipfelte in ei’m
Aufruf, die Welt von den Faschisten zu befreien
Und sie zurück in ihre Löcher reinzuprügeln noch und nöcher
Anstatt ihnen Rosen auf den Weg zu streuenJuristisch wär die Grauzone erreicht
Doch vor Gericht machte ich es mir wieder leicht
Zeig mich an, und ich öffne einen Sekt
Das ist alles von der Kunstfreiheit gedecktVielleicht habt ihr schon mal von Ken Jebsen gehört
Ein Dude, der sich über Zensur sehr laut beschwert
In einem Text von meiner Band dachte er, er wird erwähnt
Und beschimpft und hat uns vor Gericht gezerrt
Er war natürlich nicht im Recht und musste dann
Die Gerichtskosten und Anwältin bezahlen
So ein lächerlicher Mann, hoffentlich zeigt er mich an
Was dann passieren würde? Ich kann es euch sagenJuristisch wär die Grauzone erreicht
Doch vor Gericht machte ich es mir wieder leicht
Zeig mich an, und ich öffne einen Sekt
Das ist alles von der Kunstfreiheit gedecktNein, ich wär nicht wirklich Danger Dan
Wenn ich nicht Lust hätte auf ein Experiment
Mal die Grenzen auszuloten, was erlaubt und was verboten ist
Und will euch meine Meinung hier erzählen
Jürgen Elsässer ist Antisemit
Kubitschek hat Glück, dass ich nicht Bogen schieß’
An Reptilienmenschen glaubt nur der, der wahnsinnig ist
Gauland wirkt auch eher wie ein Nationalsozialist
Faschisten hören niemals auf, Faschisten zu sein
Man diskutiert mit ihnen nicht, hat die Geschichte gezeigt
Und man vertraut auch nicht auf Staat und Polizeiapparat
Weil der Verfassungsschutz den NSU mit aufgebaut hat
Weil die Polizei doch selbst immer durchsetzt von Nazis war
Weil sie Oury Jalloh gefesselt und angezündet haben
Und wenn du friedlich gegen die Gewalt nicht ankommen kannst
Ist das letzte Mittel, das uns allen bleibt, MilitanzJuristisch ist die Grauzone erreicht
Doch vor Gericht mach’ ich es mir dann wieder leicht
Zeig mich an, und ich öffne einen Sekt
Das ist alles von der, alles von der, alles von der, alles von der
Alles von der Kunstfreiheit gedeckt
Gespräch Jan Böhmermann mit Danger Dan und dem Pianisten Igor Levit (ZDF, 14′21″)
P.S.: Für den 5.5.2022 ist ein Tourstopp in Wien geplant, wo Danger Dan im Odeon auftreten wird – hoffentlich! Ob der 5.5. als Auftrittsdatum deshalb gewählt wurde, weil es der Jahrestag der Befreiung des KZ Mauthausen ist, wissen wir nicht. Aber es ist – Zufall oder nicht – ein schönes Datum, um auf das Konzert eines Antifaschisten zu gehen.
➡️ Songtext mit Quellenverweisen und Erklärungen
➡️ Darf man „Gauland wirkt auch eher wie ein Nationalsozialist” singen?