Ein FPÖ-Geschichterlerzähler erinnert an Strache

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Stra­ßen­fe­ger war es kei­nes, das Büch­lein „HC Stra­che. Vom Rebell zum Staats­mann“, mit dem 2018 der Auf­stieg des FPÖ-Obmanns beju­belt wer­den soll­te. Geju­belt hat damals der Mar­tin Hobek, der auch heu­er als Bezirks­rat mit der Berufs­be­zeich­nung „His­to­ri­ker“ kan­di­diert – in gleich drei Bezir­ken, aber nicht für Stra­che, son­dern für die FPÖ. Da gab’s wohl einen tie­fen Schmerz, der das lyri­sche Band, das der Hobek dem Stra­che mit dem Büch­lein flech­ten woll­te, grau­sam zer­ris­sen hat.

Schon bei sei­nem Erschei­nen 2018 plag­ten sich die Rezensent*innen mit der Ein­ord­nung von Hobeks Buch her­um, Was soll­te es sein? Eine Bio­gra­phie war es sicher nicht. Dafür fehlt auch zu viel von Stra­ches Ver­gan­gen­heit. Eine Hagio­gra­phie schon eher, aber abge­se­hen vom Hei­li­gen­schein für Stra­che irr­lich­ter­te es zu viel in der Gegend und um den Autor selbst her­um. Das gesteht der auch ein, aller­dings erst im Nach­wort: „Auch hand­werk­lich unter­schei­det es sich von sons­ti­ger poli­ti­scher Fach­li­te­ra­tur. Ich schwei­fe an man­chen Stel­len bewusst ein wenig ab oder aus, und wo ich selbst mit­ten­drin war, las­se ich das auch ein­flie­ßen.

Mit dem Abstand von zwei Jah­ren und einer schmerz­li­chen Tren­nung dazwi­schen gelingt es uns nun, das Werk bes­ser zuzu­ord­nen. Es ist eine Par­odie! Auf die Blau­en. Eine grau­sa­me zwar, aber den­noch. Das zeich­net sich schon ab mit den ers­ten Sät­zen des ers­ten Kapi­tels „2003 – Wie alles begann“, in denen Hobek sei­ne vol­le poe­ti­sche Kraft ent­fal­tet und Her­bert (Kickl) und Heinz (Stra­che) über den Buch­sta­ben H zuein­an­der fin­den lässt:

Das H leuch­tet in sat­tem Gold. In Sekun­den­schnel­le ver­blasst es und wird wie­der eins mit sei­ner Umge­bung. Drau­ßen sind die Tem­pe­ra­tu­ren schon etwas herbst­lich, aber drin­nen wis­sen die Bier­trin­ker es nach wie vor zu schät­zen, dass die Glä­ser so stark vor­ge­kühlt wer­den, dass sie beschla­gen. Der Zei­ge­fin­ger zeich­net zwei neue senk­rech­te Stri­che und ver­bin­det sie mit einem Quer­bal­ken. H, das ist H wie Her­bert und H wie Heinz.

Oder auch H wie Hol­ler. Aber süß, oder? Vor allem, weil das Kapi­tel mit dem schö­nen Satz endet: „Der Beginn einer beson­de­ren Freund­schaft, die nicht ohne Aus­wir­kung auf die öster­rei­chi­sche Innen­po­li­tik blei­ben wird.

Nun ja, auch ande­re H‑Freundschaften kön­nen zer­bre­chen. Oder haben Aus­wir­kun­gen. Die mit dem Hobek etwa oder die mit dem Hai­der. Da wird der His­to­ri­ker Hobek für einen kur­zen Moment schwach und lässt sei­nen homo­pho­ben Vor­ur­tei­len frei­en Lauf: „Die­ses all­täg­li­che Him­mel-und Höl­le-Spiel und viel­leicht auch das Unter­drü­cken-Müs­sen sich ver­stär­ken­der ero­ti­scher Nei­gun­gen zei­gen Wir­kung.

Aber wir dür­fen nicht abschwei­fen. Hai­der ist Ver­gan­gen­heit, ein ande­rer H die Zukunft! Es geht um die „Freund­schaft fürs Leben“ mit dem Hofer. Ein gan­zes Kapi­tel müht sich der Autor ab, um die Kan­di­da­tur Nor­bert Hofers für die Bun­des­prä­si­dent­schaft und vor allem Stra­ches Über­re­dungs­küns­te zu beschrei­ben: „Da rückt Stra­che nahe an ihn her­an, schaut ihm fest in die Augen und sagt:“Norbert, du bist es dei­ner Par­tei schul­dig!“ Ex post muss man ein­ge­ste­hen: Pro­phe­tisch, dass Stra­che schon so früh von Hofers Par­tei („dei­ner Par­tei“) gespro­chen hat.

Eine ande­re Per­son, die jetzt gegen Stra­che kan­di­diert, hat sich damals aller­dings geirrt: „Wenn Ursu­la Sten­zel über HC Stra­che spricht, dann wird sie für ihre Ver­hält­nis­se laut und über­schwäng­lich. Im Stak­ka­to zählt sie posi­ti­ve Eigen­schaf­ten auf, vor allem HCs Humor. (…) Die Che­mie stimm­te von Beginn an.“

Was aber ist der Irr­tum von Ursu­la Sten­zel in Sachen Che­mie schon gegen den Irr­tum des His­to­ri­kers? Unter einem Foto, auf dem sich Stra­che und Sal­vi­ni – bei­de sanft lächelnd – fest die Hän­de hal­ten, beschreibt Hobek nicht nur , was die bei­den ver­bin­det, son­dern ergeht sich auch in den süßes­ten Morgenphantasien:

Wenn HC Stra­che am Mor­gen des 19. August 2021 die Augen auf­schlägt und immer noch Vize­kanz­ler ist, hat er einen neu­en FPÖ-Rekord auf­ge­stellt. Nach wei­te­ren unge­fähr 16 Mona­ten wür­de erst­mals eine gan­ze Legis­la­tur­pe­ri­ode geschafft sein. Aber: Stra­che hat als Ziel min­des­tens zwei Legis­la­tur­pe­ri­oden defi­niert. Und die­ses ambi­tio­nier­te Vor­ha­ben ist ihm – nicht nur wegen der von ihm voll­brach­ten wun­der­sa­men Par­tei­ret­tung 2005 – abso­lut zuzu­trau­en. Denn er ist ein treff­si­che­rer Ana­ly­ti­ker, der weiß, wor­auf es ankommt.

Der Traum ist unschön geplatzt – Stra­che wird 2021 nicht in einem Vize­kanz­ler­bett­chen die Augen auf­schla­gen, und wir ver­gie­ßen Trä­nen über die­ses schö­ne Ende. Dan­ke, Hobek, für die­se Geschichte!

 

Mar­tin Hobek, HC Stra­che. Vom Rebell zum Staats­mann, Sto­cker Ver­lag, Graz 2018