Von den Spitzenfunktionären der FPÖ war bisher Gerhard Kurzmann, der dritte Landtagspräsident in der Steiermark, am deutlichsten. Er verlegte aber seine Kritik weit in die Vergangenheit und sprach gegenüber der „Kleinen Zeitung“ davon, dass die FPÖ in der Vergangenheit „zum Teil ein Selbstbedienungsladen“ gewesen sei. Kurzmann bezog sich dabei auf Reptilienfonds („schwarze Kassen“), aus denen zu Haiders Lebzeiten etwa Krokoledertaschen für die Vizekanzlerin Riess-Passer bezahlt worden seien. Zu den Vorwürfen gegen Strache war ihm dann aber nur zu entlocken, dass es „immer wieder Gerüchte gegeben“ habe, denen man jetzt natürlich nachgehen müsse.
Martin Graf, wie Kurzmann vom rechten Flügel der Partei, zieht seine Kritik ganz anders auf. „Ein mieser Verrat und ebensolcher Verräter!“, schreibt er auf Facebook. Graf schreibt nicht von Lüge, sondern von Verrat – und verraten kann man bekanntlich nur etwas, von dem man möchte, dass es nicht an die Öffentlichkeit kommt. Als Verräter, so viel ist klar, muss der Polizist, Security-Unternehmer und Strache-Bodyguard Oliver R. herhalten, der jetzt –zackzackzack – aus der Partei ausgeschlossen wurde und angeblich jahrelang belastendes Material über Strache aus nächster Nähe gesammelt haben soll.
Aufgekocht ist die jüngste Affäre um Strache allerdings über eine anonyme Anzeige an die Korruptionsstaatsanwaltschaft, in der Oliver R. als „FPÖ-Insider“ genannt wurde, der „aus persönlichen Motiven belastendes Material gesammelt haben“ soll. In der Anzeige wird Oliver R. eher als einer geschildert, der sich bislang immer geweigert hatte, mit seinem belastenden Material an die Öffentlichkeit zu gehen. Die jetzt aufgepoppten und teilweise durch die Partei bestätigten Spesen sind nur einer von drei Punkten der Anzeige („Rechnungsbelege aus der privaten Lebensführung mehrere [sic!] Personen“), die beiden anderen betreffen angebliche Bargeldzuwendungen an Strache durch ukrainisch/russische Geschäftsleute und den rückdatierten Mitgliedsantrag für einen FPÖ-Abgeordneten, der auch im Zusammenhang mit den Zahlungen stehen soll.
Martin Graf schreibt wohl nicht zufällig vom „miesen Verrat“. Strache hingegen bejammert sich auf Facebook weiter als Opfer: „Deshalb versucht man mich offensichtlich auch seit vielen Jahren fertig zu machen und politisch auszuschalten.“ Es handle sich bei den Anschuldigungen um „schäbige und konstruierte Lügen eines kriminellen Netzwerkes“, das ihn, der sich „nicht zum Privatvergnügen“ und „mit einem rund um die Uhr gelebten Arbeitseinsatz“ kaum Zeit für sich und seine Familien gehabt habe, fertigmachen wolle. Strache schreibt von Enttäuschung, Lüge und Verleumdung durch seinen Sicherheitsreferenten, aber nicht von Verrat.
In den FPÖ-nahen Foren auf Facebook herrscht ein ganz anderer Tenor vor. Soferne nicht Durchhalteparolen und Vergleiche mit anderen Parteien („Was Rot alles verbockt hat“) angeboten werden, dominieren Frust und Wut.
Die Patriotische Freiheit Heidenreichstein, hinter der ein lokaler FPÖ-Funktionär steht, schreibt:
„Er hat es sich selbst eingebrockt.“
Mario D. kommentiert eine Kurier-Meldung über den angeblich bevorstehenden Parteiausschluss von Strache mit:
„Zeit wird es“
Helfried S.:
„18.000 Euro Gehalt reichen ja nicht. Da braucht man schon noch ein Spesenkonto um 10.000 Euro. Auch seine Privatwohnung soll damit bezahlt worden sein. Schlimmer und unverschämter geht es wohl nimmer. Ich hoffe das diese Schleimfigur nie mehr in der Politik erscheint. Tschüss baba und fall nicht.“
Elfriede F.:
„Herr strache löscht Beiträge von FPÖ Wählern. Nur Mitleid für ihn darf stehen bleiben Beiträge über Ärger der geldverschwendung werden gelöscht“
Gerhard P.:
„Ich finde es super was unser Parteiobmann macht . Endlich räumte er auf mit den Schmarotzer und Lästerer ‚und ehrlich gesagt bin ich froh das Strache weg ist . denn Wir hatten schon bessere Bundesparteiobmänner“.
Jenseits dieser natürlich subjektiven Auswahl von Reaktionen sind vor allem jene Aufrufe interessant, sich hinter Herbert Kickl zu versammeln und ihn mit Vorzugsstimmen zu stärken. Wenn und solange das seine Hardcore-Fans machen, wäre das wenig beachtenswert. Wenn das aber einer macht, der auf der Bundeswahlliste der FPÖ selbst auf einem Spitzenplatz kandidiert, dann darf man schon auf verschärfte Auseinandersetzung und Lagerbildung in der FPÖ hoffen.
Im Übrigen gilt die Unschuldsvermutung!