Rainer Handlfinger, der SPÖ-Bürgermeister von Ober-Grafendorf, veröffentlichte auf seinem Facebook-Konto am 24. 1.2018 einen sehr klaren Kommentar zu Udo Landbauer:
„Wenn jemand 18 Jahre in einer Burschenschaft tätig ist und nichts von rechtsradikalen Inhalten ebendieser mitbekommt sollte er nicht Spitzenkandidat einer wahlwerbenden Fraktion sein. Denn entweder ist er zu dumm es in den 18 Jahren bemerkt zu haben oder er lügt. Egal was zutrifft. Beide Umstände disqualifizieren diesen Typen für ein politisches Amt. Und ganz nebenbei: Wenn jemand von herausgerissenen Seiten oder geschwärzten Seiten weiß (Seit unser Spitzenkandidat Mitglied dieser Burschenschaft ist, waren die betreffenden Texte entweder aus dem Liederbuch entfernt oder geschwärzt, er hatte also keine Kenntnis davon“, so Hafenecker weiter. Apa Meldung FPÖNÖ), dann kann er mir nicht erklären, dass er davon nichts gewusst hat. Hmmm da sind geschwärzte Stellen. Da frag ich lieber mal nicht nach was da steht. Sag mal Udo gehts noch? Dieses Lügenkonstrukt wird zusammenfallen! Nimm deinen Hut und lass Niederösterreich in ruh mit deinem rechten Muslim Mama Gedankengut! Rücktritt sofort!“
Der Kommentar blieb nicht ohne Reaktionen. Ganz im Gegenteil, es wurde sehr heftig diskutiert und – wie häufig, wenn es um Nationalsozialismus und Antisemitismus geht – auch von einigen eingefordert, die Vergangenheit ruhen zu lassen.
Es blieb aber dem ÖVP-Funktionär Stix in dieser Debatte vorbehalten, sich einerseits gegen das “Anpatzen“ Österreichs mit der Vergangenheit zu verwehren und andererseits die SPÖ zur Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit aufzufordern.
Im Unterschied zu den meisten Postern kümmert Stix nicht das Liederbuch und Landbauer, sondern die SPÖ:
„Die SPÖ sollte mal die eigene Vergangenheit anschauen … so wie alle Parteien, nur Hetzen ist wertlos … und es wird wieder einmal Österreich international angepatzt, das ist echt super, nach Waldheim und dem Weinskandal.“
Das muss man erst einmal schaffen – den Weinskandal in einen Zusammenhang mit Waldheim und einem widerlichen antisemitischen Liedtext zu bringen! Für die Krämerseele des Wolfgang Stix scheint es das Wichtigste, dass er nicht von seinen Kunden „dauernd … auf diese Dinge“ angesprochen wird.
Zur Erinnerung: „Diese Dinge“, das sind im besagten Liederbuch (unter anderem!) widerliche antisemitische Textzeilen. Da verwundert es schon weniger, dass Stix selbst 2017 einen Link zu dem schwer antisemitischen „Schlüsselkindblog“ gesetzt hat. Oder im Dezember 2015 zu dem antisemitischen Video „Die Macht der Rothschilds“, das er „sehr interessant“ findet. – Ein ÖVP-Funktionär, der ein antisemitisches Video „sehr interessant“ findet?
Zu Weihnachten 2014 teilt Stix eine reißerische Meldung des extrem rechten und verschwörungstheoretischen Info-Kopp-Portals: „ ‚Scheiß Christen‘: Randalierende Muslime stürmen in Mönchengladbach eine Kirche“
Kombiniert mit dem Hinweis von info.kopp (das mittlerweile eingestellt wurde), wonach Medien und Politik den Vorfall verschwiegen hätten, ist das übliche widerliche Gebräu, das Rechtsextreme und Neonazis in Wallung versetzt, zu finden, das aber bestenfalls halbwahr ist. Nicht bloß eine kleine Lokalzeitung berichtete über den Vorfall, sondern auch die „Rheinische Post‘“, die „Westdeutsche Zeitung“ und die überregionale „Welt“. Dort liest sich der Vorfall ziemlich anders. Von „randalierenden Muslimen“, bei denen sich die Vorstellung von Verwüstung und Brandschatzung einstellt, keine Rede, sondern „Kinder stören Krippenspiel“. Die Polizei wollte weder den Ruf „Scheiß Christen“ bestätigen noch eine Religionszugehörigkeit. Die Mutter eines am Vorfall beteiligten Brüderpaars erklärte dem Pfarrer, „dass sie das Verhalten ihrer Kinder in keiner Weise toleriert“. Also kein beginnender Religionskrieg, keine randalierenden Muslime, keine verwüstete Kirche, sondern dumme Kinder und ein 14-Jähriger, der schon strafmündig ist und eine Mutter, die das Verhalten ihrer Kinder nicht toleriert. Das kennen wir doch auch aus vielen Familien in vielen Variationen.
Der Unternehmer und ÖVP-Funktionär Stix macht’s fast wie Pontius Pilatus. Er teilt die Hetzmeldung und lässt dann seine Fans hetzen: “einfach abschieben die tschuschn……“. Weil einer seiner Fans auch die Polizei zur Verantwortung ziehen will, kontert eine andere: „der unterschied das dieses gesindel zum großteil nur verbrecher sind und nie etwas in arbeiten werden“
Da schlüpft Stix kurz aus seiner Pontius-Pilatus-Rolle und drückt auf „Gefällt mir“.
Zurück zur Debatte über Landbauer und das Liederbuch auf dem Facebook-Konto des Bürgermeisters von Ober-Grafendorf. Stix beteiligt sich über die schon erwähnten Postings und wird dabei immer deutlicher: Aus dem „linken Lager“ kämen diese Anschuldigungen „komischerweise“ immer – mit Mitteln der „linken Presse“ usw.
Susanne Strasser, die ebenfalls mitgepostet und so manche Kommentare von Stix auf Facebook im Hinterkopf hat, platzt bei diesem Posting der Kragen:
„… Ich habe Opfer in meiner Familie – die direkten Nachkommen dieser Opfer sind noch am Leben – waren damals Kinder. Und Sie widerlicher, bösartiger Mensch besitzen die Frechheit meinen Eltern derart ins Gesicht zu spucken?“
Strasser nennt Stix auch noch einen Relativierer, Clown, Wicht – Stix droht mit Klage, wenn sie diese Bemerkungen nicht löscht. Der NÖN hat er 2014 noch eine ganz andere Einstellung kundgetan:
„Mir ist mittlerweile egal, was Leute über mich denken, ich ärger‘ mich nicht mehr, ich schreib das einfach rein … die Sachen, die Leute oft zurückschreiben, sind zwar oft schwachsinnig. Ich ärgere mich nicht über Schwachsinnigkeiten … Diese verideologisierten Deppen verstehen das nicht …“ (Nön.at, 25.8.2014 )
Bei Susanne Strasser sieht Stix das ganz anders. Weil sie ihr Posting nicht löscht, klagt er. Am Freitag, 8.6., fand die erste Tagsatzung in St. Pölten statt. Strasser wird vom Bund Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer unterstützt, dessen Landesvorsitzender Anton Heinzl die Postings von Stix an das DÖW weiterleiten und begutachten lassen will. Eine Einigung bei der ersten Tagsatzung gab es nicht – am 12. Dezember wird weiter verhandelt.