Der Dalai Lama — ein Freiheitlicher?

Mit Reli­gions­führern und Reli­gio­nen haben wir nicht wirk­lich was am Hut. Nur wenn sie deut­lich rechts bzw. recht­sex­trem sind, inter­essieren wir uns für sie. Oder wenn gegen sie und ihre Anhän­gerIn­nen umstand­s­los gehet­zt wird. Auch wenn Stra­che Zus­tim­mung für eine Äußerung des Reli­gions­führers Dalai Lama sig­nal­isiert, dann inter­essiert uns das. Weil wir nicht glauben, dass der Dalai Lama so ein Het­zer ist wie der Hein­rich Strache.

„Wenn es zu viele Zuwan­der­er gibt, muss man auch ein­mal den Mut auf­brin­gen zu sagen, dass es genug ist“. Sagt wer? Laut Stra­che, der diesen Spruch auf sein­er Face­book-Seite im Okto­ber 2014 veröf­fentlichte, der Dalai Lama. Stra­che beurteilt diesen Spruch wohlwol­lend: “So ist es und so sage ich es!“. Mehr als 7.000 Stra­che-Gläu­bi­gen gefällt das und mehr als 9.000 teilen und ver­bre­it­en das Wort Stra­ches weiter.


Ein echt­es Zitat, Quelle: „derblaueele­fant“, fischundfleisch
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Sozusagen eine frei­heitliche Vari­a­tion des Johannes-Evan­geli­ums: “Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort“. Nur dass es in diesem Fall um das Wort Stra­ches geht und um den Dalai Lama. Übern­immt sich der Stra­che da nicht etwas und – hat der Dalai Lama diese Worte wirk­lich so getätigt?

Stra­che gibt keine Quelle für das Zitat des Dalai Lama an. Eine Recherche ergibt, dass das ange­bliche Zitat des Dalai Lama ver­mut­lich über die recht­sex­treme Seite „Freies Öster­re­ich“, die von Rus­s­land aus ges­teuert wurde, in die deutschsprachige Welt einge­führt wor­den ist. Am 20.6.2014 erschien dort der Bericht mit dem ange­blichen Zitat des Dalai Lama. Schon inter­es­sant, aus welchen Quellen sich Stra­che versorgt!

Immer­hin erfahren wir so, wo der Dalai Lama seine ange­bliche Äußerung gemacht hat: in der Region Pisa, die er im April 2014 besucht hat­te. Auch die öster­re­ichis­che Presseagen­tur APA berichtete damals über den Besuch des 14. Dalai Lama, Ten­zin Gyat­so. Ihr fiel allerd­ings nur seine Äußerung auf: “Man darf sich an Kor­rup­tion nicht gewöh­nen“ (APA, 13. 6.2014). Dass Stra­che das nicht für erin­nerungswürdig find­et – wen wundert’s? Aber was ist mit dem Zitat über die Zuwanderer?

Es ist nir­gend­wo zu find­en in jenen Medi­en, die von den Frei­heitlichen auch schon als „Sys­temme­di­en“ beze­ich­net wur­den. Die Recht­sex­tremen von „Freies Öster­re­ich“ ver­weisen als Quelle auf Novo­press. Ken­nt die wer? Wiki ken­nt diese Agen­tur, die den franzö­sis­chen Iden­titären zugerech­net wer­den kann. Na super! Nur Recht­sex­treme als Quellen! Aber „Freies Öster­re­ich“ bzw. Novo­press zitieren auch einen ital­ienis­chen Abge­ord­neten zum Europäis­chen Par­la­ment, den Mario Borghezio, der sich auf die ange­bliche Äußerung des Dalai Lama bezieht:

„In der Frage der Ein­wan­derung hat der Dalai Lama eine sehr klare Vorstel­lung zum Aus­druck gebracht. Um ehrlich zu sein, ist sie für mich viel klar­er als die Vorstel­lung von Papst Franziskus, der sich über die Auswirkun­gen nicht im Klaren sein dürfte, welche eine Inva­sion von Immi­granten auf die Struk­turen eines Lan­des wie Ital­ien hat.“

Und wer ist dieser Mario Borghezio? Ein recht­sex­tremer Rüpel, der bish­er laut Wiki mit zahlre­ichen ras­sis­tis­chen und krim­inellen Aktio­nen aufge­fall­en ist und die Ideen von Anders Behring Breivik für „aus­geze­ich­net“ befun­den hat.

Borghezio find­et die ange­blichen Vorstel­lun­gen des Dalai Lama zur Zuwan­derung in Europa viel klar­er als die von Papst Franziskus und für Stra­che sind die Worte des Dalai Lama sowieso seine eige­nen Worte. Nur- sind es wirk­lich die Worte des Dalai Lama?

Schließlich ist eines unbe­stre­it­bar, egal wie man zum Dalai Lama ste­ht: er ist seit vie­len Jahren Flüchtling! Würde aus­gerech­net er für einen Zuwan­derungsstopp in Europa ein­treten, so wäre das schon ziem­lich sen­sa­tionell. Warum bericht­en dann alle Medi­en, ausgenom­men recht­sex­treme, nichts über seine Äußerungen?

Weil er sie so nicht gesagt hat!

Ein YouTube-Video zeigt die Pressekon­ferenz des Dalai Lama vom 12. April 2014.

[youtube t19Ti5LCt2o]

Eine annäh­ernd wörtliche Über­set­zung der Pas­sagen zu Flüchtlin­gen ergibt:

„„Zuerst muss man sagen, jed­er Flüchtling, Flüchtling sein bedeutet, dass sie (in ihrer Heimat) mit Prob­le­men kon­fron­tiert sind, ver­sucht von diesen Prob­le­men zu flücht­en. Ich denke, kein Flüchtling kommt, um zu urlauben. (lacht) Also, das ist sehr trau­rig. Gle­ichzeit­ig, ein Land wie Ital­ien, ich denke an Sizilien..ich denke eine Vielzahl der Flüchtlinge vom nördlich ara­bis­chen Raum, von Nord Afrika..viele der Flüchtlinge von Syrien, die sind mit ihren Leben kon­fron­tiert, mit Gefahr für ihr Leben. Gle­ichzeit­ig sind zu viele (Flüchtlinge) für das Gast­ge­ber­land schw­er zu hand­haben, trotz sein­er Gutherzigkeit. Wir soll­ten, ich denke das ist schw­er zu sagen, helft diesen Men­schen so viel ihr kön­nt, irgend­wann werdet ihr eure Gren­zen erre­icht haben, dann sagt es ihnen, wir kön­nen euch nicht mehr helfen. (lacht) Im Prinzip müssen wir uns mehr auf die Prob­leme der­er Herkun­ft­slän­der konzen­tri­eren…”.

Die Recherche bzw. Über­set­zung stammt nicht von uns, son­dern von „derblaueele­fant“ von “Frischfleisch“. „derblaueele­fant“ bietet auch gle­ich Dalai-Lama-Fotos mit echt­en Zitat­en von ihm an.