Schon in der Nacht auf Donnerstag wurde an der gleichen Stelle auf einen Mopedfahrer geschossen. Dieser Schuss veranlasste den Wiener Neustädter Bürgermeister Klaus Schneeberger (ÖVP) zu einer ziemlich kühnen Schlussfolgerung: „Da es sich bei anderen von den Tätern verübten Anschlägen offensichtlich nicht um Opfer ausländischer Herkunft handelt, dürften diese überwiegend keinen fremdenfeindlichen Hintergrund haben.“ (OTS, 24.7.2015)
Andere, wie das Rechtsaußen-Magazin „Erstaunlich“, fabulierten selbst zu einem Zeitpunkt, als die Staatsanwaltschaft schon längst das fremdenfeindliche Motiv der Täter bestätigt hatte, noch von einer angeblichen Fehde unter Menschenschleppern bzw. unter den Flüchtlingen selbst:
Da wird es sich doch um keine Rivalität unter Menschenschlepper [sic!] gehandelt haben, wo einer dem anderen den Gewinn aus der menschlichen Fuhre neidig war und deshalb auf die Flüchtlinge geschossen hat? Oder sogar möglicherweise um Streitigkeiten unter Flüchtlingen, die ihr Problem in dieser Art lösen wollten? Die Fragen stellen sich deshalb, da schon einige Täter dingfest gemacht werden konnten und die Systemmedien deren Nationalität nicht preis geben. („Erstaunlich“ auf Facebook)
Völlig ungeniert wird da nicht nur entgegen aller bekannten Fakten bösartig spekuliert, sondern zur Draufgabe auch noch der einschlägig belastete Begriff der ‚Systemmedien‘ serviert. Sich „nur” ignorant zu geben, ist aber eher die Ausnahme – die meisten Hetzer nehmen sich kein Blatt vor den Mund:
Bernd S. „Scharfe Munition fertig und Ruhe ist“
Sandra B. „Warum nur mit Softguns?“
Rene L: „Probelauf”
Nina A.: „das nächste mal wird richtig geschossen”
Gegen die vier jungen Männer, die sich offensichtlich zu der Attacke auf die Flüchtlinge verabredet haben, wird nun wegen schwerer Körperverletzung (§ 84 (2) StGB) ermittelt. In den Einvernahmen sagten die Verdächtigen, dass sie die Soft-Guns an Flüchtlingen ausprobieren wollten, weil sie mit der Flüchtlingspolitik in Österreich unzufrieden seien und generell eine Abneigung gegen Flüchtlinge hätten. Der „Kurier“ (26.7.2015) berichtet außerdem, dass die Verdächtigen noch weitere Attentate auf Flüchtlinge beabsichtigten: „Die vier Verdächtigen sollen es bereits an anderen Orten auf mutmaßliche Asylwerber abgesehen haben — beispielsweise vor einem Asylheim in Neudörfl im Burgenland.“ (Kurier)
Martin T., einer der Beteiligten, der sich das Auto von seinem Großvater ausgeliehen hat und Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Wiener Neustadt war, wurde von ihrem Kommandanten Bugnar noch am Samstag ausgeschlossen. T., der mit dem Spruch „Ich hasse Türkrn“ [sic!] auf FB seine Gesinnung schon ansatzweise offenbart hatte, ist aber noch immer Mitglied der geschlossenen FB-Gruppe „Freiwillige Feuerwehr Wiener Neustadt“.
Von der Flüchtlingsgruppe, die vor der Unterkunft stand, wurden sieben oder acht Personen durch die Schüsse verletzt. Einer der angeschossenen Flüchtlinge aus dem Irak beschrieb in „Österreich“ (26.7.2015) seine Angst: „Plötzlich habe ich einen brennenden Schmerz am Oberkörper gespürt. Erst dachte ich, das sind echte Schüsse.”