Am Bundesparteitag der SPÖ im November 2014 wurde ein Antrag der Jungen Generation angenommen, in dem die FPÖ als „rechtsextreme Partei“ charakterisiert und „eine Koalition mit der FPÖ auf allen politischen Ebenen“ ausgeschlossen wird. Nießl hält diesen Beschluss für seine Koalitionsabsichten für irrelevant: „Der Bundesparteibeschluss ist mir auf Bundesebene wichtig, der Landesparteibeschluss ist mir auf Landesebene sehr wichtig.” (Standard)
Dass Nießl, ein notorischer Rechtsausleger in der SPÖ, keinerlei Probleme mit der FPÖ hat, hat er schon vor zehn Jahren bewiesen. Vor den Landtagswahlen im Herbst 2005 wollte Nießl auf Nummer sicher gehen und beauftragte seinen Landesparteisekretär mit Geheimverhandlungen. Mit der FPÖ. Für die Zeit nach der Wahl. Fünf Monate vor der Wahl.
Seit 2000 regierte Nießls SPÖ mit ihren 17 Mandaten gemeinsam mit der ÖVP (13 Mandate). Die FPÖ verfügte über vier Mandate im Landtag, die Grünen halten bei zwei Mandaten. Dieses Wahlergebnis behagte Nießl nicht, und so wollte er durch einen Geheimpakt mit der FPÖ einem eventuell unpassenden Wählervotum im Herbst 2005 vorbeugen. Die FPÖ in Person ihres damaligen Klubobmanns Manfred Kölly auch. Die Vereinbarung war datiert mit 17. Mai 2005, also rund fünf Monate vor der Landtagswahl. Die SPÖ sicherte sich dadurch die Unterstützung der FPÖ und hätte das mit Versorgungsposten für die Blauen bezahlt.
Der „Kurier“ (21.12.2006) dokumentierte im Dezember 2006 Teile des Abkommens: „Sollte die FPÖ Burgenland bei der Landtagswahl 2005 weniger als drei Mandate erreichen, so wird Klubobmann Manfred Kölly zumindest bis zum Ende der kommenden Legislaturperiode eine Funktion als Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied in einem landesnahen Betrieb ausüben.“
Die FPÖ wollte damals gar nichts anbrennen lassen. Für den Fall, dass die FPÖ ganz aus dem Landtag fliegen sollte, sicherte die SPÖ den Mitarbeitern des blauen Klubs „adäquate Dienststellen mit vergleichbaren Verdienstmöglichkeiten im Landesdienst“ zu. Eine ziemlich generöse und gegenüber der FPÖ wohlwollende Vereinbarung, wenn man bedenkt, dass eine FPÖ ohne Mandate für die SPÖ nutzlos gewesen wäre. Das WählerInnen-Votum korrigierte dann den Geheimpakt und ersparte den Burgenländern einige blaue Versorgungsposten: Die SPÖ erhielt 19 Mandate (und damit die absolute Mehrheit), die ÖVP 13, die FPÖ (die damals gerade eine Parteispaltung hinter sich hatte) zwei Mandate und die Grünen ebenfalls zwei.
Damit war der Geheimpakt faktisch hinfällig. Wann sich die beiden Parteien das mitgeteilt haben, ist strittig. Sicher ist hingegen, dass der Parteiobmann der FPÖ Burgenland, der damals wie heute Johann Tschürtz hieß, jedenfalls wenige Tage nach der Wahl von dem Pakt wusste. Dann passierte mehr als ein Jahr lang nichts, bis am 21. Dezember 2006 der „Kurier“ die geheime Packelei öffentlich machte. Der Landesparteisekretär der SPÖ, der das Packelei-Papier verhandelt hatte, erklärte dazu: „Wir haben hehre Ziele verfolgt. Wir wollten auch nach der Wahl eine gute Politik für das Land garantieren, nämlich Arbeitsplätze schaffen, den Wirtschaftsstandort sichern und den Proporz abschaffen.“ (Kurier, 21.12.2006) Hehre Ziele durch Packelei mit Posten – geht’s noch?
Warum und durch wen das Packelei-Papier vom Mai 2005, das neue Arbeitsplätze vor allem bei der FPÖ geschaffen hätte, erst im Dezember 2006 bekannt wurde, ist eine spannende Frage. Am wahrscheinlichsten ist eine FPÖ-interne Intrige. Norbert Hofer, damals Klubsekretär der burgenländischen FPÖ, war jedenfalls so ziemlich von Beginn an über den Pakt informiert. Als „weisungsgebundener Angestellter des damaligen Klubobmanns Kölly“ (Tschürtz) hat er den Geheimpakt abgetippt. Jetzt ist der Abtipper Dritter Präsident des Nationalrats.
Kölly, der nach der Veröffentlichung dann demonstrativ aus der FPÖ ausgeschlossen wurde und jetzt in der Liste Burgenland aktiv ist, sah damals in Tschürtz den Hauptverantwortlichen: „Dieses Papier hat er vor den Gremien, vor der Basis geheim gehalten und es als Druckmittel gegen mich zur Absicherung seiner Position genützt. Mit der Ehrlichkeit eines Hans Tschürtz ist es nicht weit her. Den interessiert die Basis nur noch, wenn er Leute zum Plakatieren braucht.” (Kurier, 2.3.2007)
Der Hinweis auf die Plakatierer war irgendwie prophetisch. Sollte die neue Packelei zwischen SPÖ und FPÖ Burgenland zustande kommen, geht es allerdings nicht mehr nur burgenländische Probleme.