Die blaue Packelei der Roten im Burgenland

Der bur­gen­ländis­che Lan­deshaupt­mann und SPÖ-Obmann Hans Nießl und der FPÖ-Obmann Johann Tschürtz haben in ein­er „Gemein­samen Erk­lärung“ vere­in­bart, „möglichst rasch“ (Nießl) eine Koali­tion bilden zu wollen, nach­dem sie ganz kurz sondiert haben. Ein Tabubruch der beson­deren Art, denn immer­hin schätzt die SPÖ die FPÖ als recht­sex­treme Partei ein. Für Nießl ist es aber nicht die erste Pack­elei mit der FPÖ.

Am Bun­desparteitag der SPÖ im Novem­ber 2014 wurde ein Antrag der Jun­gen Gen­er­a­tion angenom­men, in dem die FPÖ als „recht­sex­treme Partei“ charak­ter­isiert und „eine Koali­tion mit der FPÖ auf allen poli­tis­chen Ebe­nen“ aus­geschlossen wird. Nießl hält diesen Beschluss für seine Koali­tion­s­ab­sicht­en für irrel­e­vant: „Der Bun­desparteibeschluss ist mir auf Bun­de­sebene wichtig, der Lan­desparteibeschluss ist mir auf Lan­desebene sehr wichtig.” (Stan­dard)

Dass Nießl, ein notorisch­er Recht­sausleger in der SPÖ, kein­er­lei Prob­leme mit der FPÖ hat, hat er schon vor zehn Jahren bewiesen. Vor den Land­tagswahlen im Herb­st 2005 wollte Nießl auf Num­mer sich­er gehen und beauf­tragte seinen Lan­desparteisekretär mit Geheimver­hand­lun­gen. Mit der FPÖ. Für die Zeit nach der Wahl. Fünf Monate vor der Wahl.

Seit 2000 regierte Nießls SPÖ mit ihren 17 Man­dat­en gemein­sam mit der ÖVP (13 Man­date). Die FPÖ ver­fügte über vier Man­date im Land­tag, die Grü­nen hal­ten bei zwei Man­dat­en. Dieses Wahlergeb­nis behagte Nießl nicht, und so wollte er durch einen Geheim­pakt mit der FPÖ einem eventuell unpassenden Wäh­ler­vo­tum im Herb­st 2005 vor­beu­gen. Die FPÖ in Per­son ihres dama­li­gen Klubob­manns Man­fred Köl­ly auch. Die Vere­in­barung war datiert mit 17. Mai 2005, also rund fünf Monate vor der Land­tagswahl. Die SPÖ sicherte sich dadurch die Unter­stützung der FPÖ und hätte das mit Ver­sorgungsposten für die Blauen bezahlt.

Der „Kuri­er“ (21.12.2006) doku­men­tierte im Dezem­ber 2006 Teile des Abkom­mens: „Sollte die FPÖ Bur­gen­land bei der Land­tagswahl 2005 weniger als drei Man­date erre­ichen, so wird Klubob­mann Man­fred Köl­ly zumin­d­est bis zum Ende der kom­menden Leg­is­laturpe­ri­ode eine Funk­tion als Geschäfts­führer oder Vor­standsmit­glied in einem lan­desna­hen Betrieb ausüben.“

Die FPÖ wollte damals gar nichts anbren­nen lassen. Für den Fall, dass die FPÖ ganz aus dem Land­tag fliegen sollte, sicherte die SPÖ den Mitar­beit­ern des blauen Klubs „adäquate Dien­st­stellen mit ver­gle­ich­baren Ver­di­en­st­möglichkeit­en im Lan­des­di­enst“ zu. Eine ziem­lich gen­eröse und gegenüber der FPÖ wohlwol­lende Vere­in­barung, wenn man bedenkt, dass eine FPÖ ohne Man­date für die SPÖ nut­z­los gewe­sen wäre. Das Wäh­lerIn­nen-Votum kor­rigierte dann den Geheim­pakt und ersparte den Bur­gen­län­dern einige blaue Ver­sorgungsposten: Die SPÖ erhielt 19 Man­date (und damit die absolute Mehrheit), die ÖVP 13, die FPÖ (die damals ger­ade eine Parteis­pal­tung hin­ter sich hat­te) zwei Man­date und die Grü­nen eben­falls zwei.

Damit war der Geheim­pakt fak­tisch hin­fäl­lig. Wann sich die bei­den Parteien das mit­geteilt haben, ist strit­tig. Sich­er ist hinge­gen, dass der Parteiob­mann der FPÖ Bur­gen­land, der damals wie heute Johann Tschürtz hieß, jeden­falls wenige Tage nach der Wahl von dem Pakt wusste. Dann passierte mehr als ein Jahr lang nichts, bis am 21. Dezem­ber 2006 der „Kuri­er“ die geheime Pack­elei öffentlich machte. Der Lan­desparteisekretär der SPÖ, der das Pack­elei-Papi­er ver­han­delt hat­te, erk­lärte dazu: „Wir haben hehre Ziele ver­fol­gt. Wir woll­ten auch nach der Wahl eine gute Poli­tik für das Land garantieren, näm­lich Arbeit­splätze schaf­fen, den Wirtschafts­stan­dort sich­ern und den Pro­porz abschaf­fen.“ (Kuri­er, 21.12.2006) Hehre Ziele durch Pack­elei mit Posten – geht’s noch?

Warum und durch wen das Pack­elei-Papi­er vom Mai 2005, das neue Arbeit­splätze vor allem bei der FPÖ geschaf­fen hätte, erst im Dezem­ber 2006 bekan­nt wurde, ist eine span­nende Frage. Am wahrschein­lich­sten ist eine FPÖ-interne Intrige. Nor­bert Hofer, damals Klub­sekretär der bur­gen­ländis­chen FPÖ, war jeden­falls so ziem­lich von Beginn an über den Pakt informiert. Als „weisungs­ge­bun­den­er Angestell­ter des dama­li­gen Klubob­manns Köl­ly“ (Tschürtz) hat er den Geheim­pakt abgetippt. Jet­zt ist der Abtip­per Drit­ter Präsi­dent des Nationalrats.

Köl­ly, der nach der Veröf­fentlichung dann demon­stra­tiv aus der FPÖ aus­geschlossen wurde und jet­zt in der Liste Bur­gen­land aktiv ist, sah damals in Tschürtz den Hauptver­ant­wortlichen: „Dieses Papi­er hat er vor den Gremien, vor der Basis geheim gehal­ten und es als Druck­mit­tel gegen mich zur Absicherung sein­er Posi­tion genützt. Mit der Ehrlichkeit eines Hans Tschürtz ist es nicht weit her. Den inter­essiert die Basis nur noch, wenn er Leute zum Plakatieren braucht.” (Kuri­er, 2.3.2007)

Der Hin­weis auf die Plakatier­er war irgend­wie prophetisch. Sollte die neue Pack­elei zwis­chen SPÖ und FPÖ Bur­gen­land zus­tande kom­men, geht es allerd­ings nicht mehr nur bur­gen­ländis­che Probleme.