Ukraine: Wer steckt hinter den Morden?

In der Vor­woche gab es noch mehr Gerüchte als Indizien, wer hin­ter den Mor­dan­schlä­gen auf zwei ukrainis­che prorus­sis­che Poli­tik­er steck­en kön­nte, doch jet­zt hat sich eine Ukrainis­che Auf­ständis­che Armee (UPA) zu den Anschlä­gen bekan­nt. In der Beken­ner­mail vom 17.4. dro­hte die UPA mit weit­eren Mor­den. Der ukrainis­che Geheim­di­enst demen­tierte die Exis­tenz der UPA, der unab­hängige Poli­tologe und Pub­lizist Shekhovtsov bestätigte sie jet­zt aber.

His­torisch wird die Exis­tenz der ‚Ukrainis­chen Auf­ständis­chen Armee“ (UPA) von nie­man­dem bestrit­ten – ganz im Gegen­teil! Die UPA als mil­itärisch­er Flügel der ukrainis­chen Nation­al­is­ten kämpfte in den 40er und 50er Jahren gegen das NS-Regime, gegen die pol­nis­che Heimatarmee und gegen die Sow­je­tu­nion. Zeitweise ver­bün­dete sie sich aber auch mit den Trup­pen der Nazi-Wehrma­cht. Dementsprechend ges­pal­ten ist auch die Ein­stel­lung zur his­torischen UPA in der Ukraine: im West­en als Frei­heit­sarmee verehrt, wird sie in der Ostukraine abgelehnt und ihrer Opfer gedacht.


„Emblem der Ukrainis­chen Auf­ständis­chen Armee”, Quelle: wikipedia.org
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Vor weni­gen Tagen erst, am 9. April hat die Rada, das ukrainis­che Par­la­ment, das Gesetz über das „ehren­volle Andenken an die Kämpfer für die Unab­hängigkeit der Ukraine im 20. Jahrhun­dert“ beschlossen, mit dem die his­torische UPA qua­si Helden­sta­tus erhält und respek­t­lose Aus­sagen über sie unter Strafe gestellt wer­den (siehe auch pro­fil Nr. 17/20.4.2015). Das Gesetz wäre schon unter nor­malen Umstän­den frag­würdig, während eines offe­nen Bürg­erkriegs ver­stärkt es aber die Spaltung.

Und dann tritt auch noch aktuell eine Gruppe UPA auf, die sich nicht nur zu den Mor­den an Oleg Kalaschnikow und Oles Busi­na beken­nt, son­dern auch die Ver­ant­wor­tung für einige tote prorus­sis­che Poli­tik­er in diesem Jahr übern­immt, die bish­er als Selb­st­morde geführt wur­den! In der Beken­ner­mail wird außer­dem mit weit­eren Mor­den gedro­ht: “Entwed­er Lus­tra­tion oder Exeku­tion“. Unter Lus­tra­tion will die UPA aber nicht bloß die Säu­berung des Staats­di­en­stes von „antiukrainis­chen Ele­menten“ ver­ste­hen, son­dern sie fordert, dass diese Ele­mente bin­nen 72 Stun­den ab Beginn des 18. April das Land zu ver­lassen hät­ten. Die Dro­hung der UPA richtet sich auch gegen die Mit­glieder der Regierung, die nicht den Kriegszu­s­tand bzw. den Krieg gegen Rus­s­land erk­lärt und die Beziehun­gen mit dem Feind been­det habe.


„Flagge der Ukrainis­chen Auf­ständis­chen Armee. Sie sym­bol­isiert das rote Blut der Ukrain­er, welch­es auf dem schwarzen Boden ver­gossen wurde”, Quelle: wikipedia.org
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Nach­dem zunächst der ukrainis­che Geheim­di­enst erk­lärt hat­te, ihm sei keine Organ­i­sa­tion „Ukrainis­che Auf­ständis­che Armee“ (UBA) bekan­nt, vielmehr würde ein sprach­wis­senschaftlich­es Gutacht­en auf viele Rus­sizis­men im Beken­ner­text hin­weisen, erk­lärte der unab­hängige Pub­lizist und Poli­ti­ologe Anton Shekhovtsov, ein aus­gewiesen­er Ken­ner des Recht­sex­trem­is­mus in der Ukraine und in Rus­s­land , dass es die Gruppe UPA jeden­falls 2014 gegeben habe:

„Ich weiß nicht, wer und warum Kalaschnikow und Busi­na umge­bracht wur­den, aber ich kann bestäti­gen, dass eine kleine radikal-nation­al­is­tis­che Gruppe namens „UPA“ existierte – zumin­d­est im Jan­u­ar 2014, als ich mit einem ihrer Vertreter ein kurzes Inter­view führte. Sie befan­den sich in der Kyi­w­er Stadtver­wal­tung (KGGA), die von „Swo­bo­da-Leuten“ (Anhänger der ukrainis­chen Partei „Swo­bo­da“, die als rechts gilt) kon­trol­liert wurde, und war­ben über ein paar Zelte, die auf der Straße standen“.

Zum gegen­wär­ti­gen Zeit­punkt ist das Beken­ner­schreiben der UPA wed­er ein Beleg dafür, dass tat­säch­lich eine kleine recht­sex­treme proukrainis­che Ter­ror­gruppe für die Morde (bzw. „Selb­st­morde“ ) ver­ant­wortlich ist noch gibt es aus­re­ichend Indizien dafür, dass Rus­s­land selb­st hin­ter den Mor­den steckt, wie nicht nur in Kreisen regierungsna­her ukrainis­ch­er Poli­tik­er spekuliert wird.

Fakt ist, dass der Infor­ma­tion­skrieg zwis­chen der Ukraine und Rus­s­land (siehe pro­fil Nr. 17/20.4.2015) eine neue Stufe erre­icht hat.