Le Pen gegen Le Pen vor Schiedsgericht

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Hel­mut Qual­tin­ger mein­te in den 50er Jah­ren, Sim­me­ring gegen Kap­fen­berg, das sei Bru­ta­li­tät. Damals gab’s noch nicht bei­de Le Pens in der Poli­tik. Toch­ter Mari­ne und Vater Jean Marie oder: Par­tei­vor­sit­zen­de gegen Ehren­prä­si­dent des rechts­extre­men Front Natio­nal. Weil er wie­der ein­mal die Gas­kam­mern als ‚Detail der Geschich­te‘ ver­harm­lost hat, will die Toch­ter ihren Vater vor das Schieds­ge­richt bringen.

Nach einem Inter­view des Ehren­prä­si­den­ten und Grün­ders des rechts­extre­men Front Natio­nal, Jean Marie Le Pen (86), in der Zeit­schrift „Riva­rol“ scheint der Bruch mit der Toch­ter und Par­tei­vor­sit­zen­den Mari­ne Le Pen unmit­tel­bar bevorstehend.


Inter­view in der „Riva­rol“
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In den Inter­view hat der Par­tei­grün­der nicht nur den Holo­caust ver­harm­lost, son­dern auch das mit den Nazis kol­la­bo­rie­ren­de Vichy-Regime. Bei­des übri­gens nicht zum ers­ten Mal. Der alte Nazi-Freund und Anti­se­mit Le Pen hat schon des öfte­ren mit ähn­li­chen und teil­wei­se noch ärge­ren Aus­sa­gen pro­vo­ziert, ohne dass die Par­tei bzw. sei­ne Toch­ter reagiert hat. So hat er bei­spiels­wei­se im Jahr 2005 das SS-Mas­sa­ker von Ora­dour- sur-Gla­ne, bei dem fak­tisch alle Ein­woh­ner des Dor­fes ermor­det wur­den, mit der knap­pen und ver­rä­te­ri­schen Bemer­kung, dass es dar­über „viel zu sagen“ gäbe, kom­men­tiert – ein unfass­ba­rer Affront.


Das war einmal …
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Für sei­ne pro­na­zis­ti­schen und anti­se­mi­ti­schen Aus­fäl­le wähl­te der alte Le Pen nicht zum ers­ten Mal aus­ge­rech­net das rechts­extre­me und anti­se­mi­ti­sche Schmud­del­blatt „Riva­rol“, das nach dem kon­ter­re­vo­lu­tio­nä­ren Schrift­stel­ler Antoine de Riva­rol benannt ist.

Der Grund, war­um die Äuße­run­gen des alten Le Pen erst jetzt, nach etli­chen Wie­der­ho­lun­gen, zu den Reak­tio­nen in der Par­tei bzw. sei­ner Toch­ter geführt haben, liegt – wie alle Kom­men­ta­to­rIn­nen über­ein­stim­mend fest­stel­len – in dem Umstand begrün­det, dass Mari­ne Le Pen den Front Natio­nal in einem mode­ra­ten Licht prä­sen­tie­ren will. Schließ­lich rech­net sich die Par­tei­vor­sit­zen­de gute Chan­cen aus, bei den nächs­ten Prä­si­dent­schafts­wah­len jeden­falls in die Stich­wahl zu kommen.


Wut­rech­ter Jean-Marie Le Pen (Reu­ters)
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Die rechts­extre­me Par­tei will sich salon­fä­hig zei­gen und hat des­halb in den letz­ten Jah­ren auch eini­ge Funk­tio­nä­re und Man­da­ta­re wegen ras­sis­ti­scher Äuße­run­gen aus­ge­schlos­sen – das ken­nen wir ja auch von der FPÖ. Vor den heu­ri­gen Depar­te­ments­wah­len hat Mari­ne Le Pen sogar beteu­ert, dass in ihrer Par­tei „ras­sis­ti­sche, isla­mo­pho­be oder ande­re dis­kri­mi­nie­ren­de Äuße­run­gen nicht mehr tole­riert wür­den“ (Neue Zür­cher Zeitung,10.4.2015). Zugleich pflegt der Front Natio­nal und Mari­ne Le Pen eine enge Ach­se zum isla­mo­pho­ben Geert Wil­ders und des­sen ‚Frei­heits­par­tei‘. Der Front kam­pag­nis­iert auch nach wie vor für die Wie­der­ein­füh­rung der Todes­stra­fe und pflegt — so wie die FPÖ — enge Bezie­hun­gen zu Putin und lässt die Par­tei sogar mit Kre­di­ten einer rus­si­schen Bank finanzieren.


Mari­ne Le Pen holt zum Schlag aus
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Im aktu­el­len Kon­flikt sitzt der alte Le Pen, den der Moder­ge­ruch der NS-Sym­pa­thie umgibt, ein­deu­tig am kür­ze­ren Ast, auch wenn er der Mei­nung ist: „Frau Le Pen sprengt ihre eige­ne Bewe­gung in die Luft”. Noch bie­tet ihm sei­ne Toch­ter als Aus­weg den Rück­zug an: „Jean-Marie Le Pen soll­te sei­ne Weis­heit unter Beweis stel­len und sei­ne poli­ti­schen und öffent­li­chen Akti­vi­tä­ten auf­ge­ben”. Aber der will nicht auf­ge­ben und spricht davon, dass sich sei­ne Toch­ter nur aus poli­ti­scher Kor­rekt­heit gegen­über dem Sys­tem von ihm und sei­nen Sagern distanziere.