Straches falsche Geschichte

Neben sein­er Face­book-Seite (HC Stra­che) betreibt der FPÖ-Chef auch noch ein Face­book-Pro­fil „Heinz-Chris­t­ian-Stra­che“. Dort hat er am 27. Feb­ru­ar das Video eines Mah­moud Ser­han geteilt, auf dem man sieht, wie zwei männliche Jugendliche ein Mäd­chen bru­tal zusam­men­schla­gen. Dazu gibt es noch einen hefti­gen Kom­men­tar des FPÖ-Parte­ichefs und schon bren­nen bei seinen Fans die Sicherun­gen durch.

Mit dem reich­lich zynis­chen Begriff „Hap­py Slap­ping“ wer­den Attack­en von Jugendlichen beze­ich­net, die andere Jugendliche zusam­men­schla­gen, diese Attack­en mit der Handy-Kam­era fil­men, ins Netz stellen und so ihr Opfer ein weit­eres Mal demütigen.

Wer solche gefilmten Attack­en weit­er ver­bre­it­et, der ist wohl zu Recht mit dem Vor­wurf kon­fron­tiert, die Demü­ti­gung des Opfers weit­er zu ver­bre­it­en. Nun hat Stra­che das von Mah­moud Ser­han über­nommene Video aber mit einem Kom­men­tar verse­hen, der in ander­er Hin­sicht prob­lema­tisch ist: „Da bekommt man richtig Aggres­sio­nen! Wahnsinn, wie diese Typen auf diese Frau mit roher Gewalt los gehen!“. Eine Ermunterung sozusagen, seinen Emo­tio­nen über diese “Typen“ freien Lauf zu lassen. Aber wer sind diese „Typen“? Wer die junge Frau?

Anhalt­spunk­te kön­nte der Text liefern, den Mah­moud Ser­han seinem Video, das Stra­che teilt, hinzuge­fügt hat:“Ausländer schla­gen deutsches Mäd­chen. Bitte teilen um die Täter zu iden­ti­fizieren“. Auf der Face­book-Seite von Mah­moud Ser­han ist das Video nicht mehr zu find­en, nur mehr der Hin­weis, dass das Video wieder run­tergenom­men wurde, weil ange­blich einige UserIn­nen in Mah­moud Ser­han selb­st einen der Täter gese­hen und ihn dementsprechend beschimpft haben.

Das Video wurde ins­ge­samt über 5 Mil­lio­nen mal abgerufen und 130.000 mal geteilt. Eine virale Bombe, mit der man viel Unheil anricht­en kann, vor allem, wenn man sie so absichtsvoll benutzt wie Stra­che! Allein die Kom­bi­na­tion ‚deutsches Mäd­chen‘ und ‚von Aus­län­dern zusam­mengeschla­gen‘ sorgt schon für die recht­en Emo­tio­nen. Der Test­lauf auf Stra­ches Pro­fil zeigt, dass die Mis­chung funk­tion­iert. Kommt dann noch Stra­ches Ermunterung („Da bekommt man richtig Aggres­sio­nen!“) dazu, dann reagieren seine Fans wie die Pawlowschen Hunde. Ange­führt wird die Meute von Chris­t­ian Höbart: „Unfass­bar! Und Unbeteiligte ste­hen daneben und schauen zu! HANDELN!“.

Die anderen Poster erk­lären dann, was sie sich unter Han­deln vorstellen: „Genickschuss sofort“, „Hände abhack­en“, „auf ein Haufen und in die Mitte ne Bombe steck­en“, „anzün­den“ …. Auch die Täter ste­hen für die blauen Fans fest: „Ungeziefer“, „Dreck­skanaken“, „die achso friedlichen Musel Fachkräfte“ usw. Die Kom­mentare sind nach wie vor abruf­bar. Wesentlich ist aber, dass sie von Stra­ches Pro­fil weit­er viral im Netz und in den sozialen Net­zw­erken ver­bre­it­et wer­den. Pon­tius Stra­che wird sich irgend­wann seine Hände in Unschuld waschen, aber das Ding ist dann längst gelaufen, die Het­ze weit­er ver­bre­it­et, die Vorurteile weit­er verstärkt.

Hätte Stra­che das Video auf seine Herkun­ft geprüft, dann wäre ihm auch sofort klarge­wor­den, dass der, von dem er es über­nom­men hat, das Video gar nicht mehr in seinem Reper­toire führt. Und er hätte bemerkt, dass es erhe­bliche Zweifel bei eini­gen UserIn­nen gibt, ob der Vor­fall wirk­lich ein deutsches Mäd­chen zeigt, das von Aus­län­dern ver­prügelt wurde. Und er hätte schließlich auch bemerken müssen, dass die Täter schon längst iden­ti­fiziert und mit­tler­weile auch verurteilt wurden.

Wie die Tageszeitung „De Telegraaf“ berichtet, hat sich der Vor­fall in den Nieder­lan­den ereignet: die Haupt­täter waren zwei Jugendliche (14 und 15) , die das Mäd­chen im Sep­tem­ber des Vor­jahres niedergeschla­gen und schw­er ver­let­zt haben. Sie wur­den ziem­lich unmit­tel­bar nach der Tat festgenom­men und Ende Jän­ner 2015 vor Gericht gestellt. Obwohl der Polizei klar war, dass es weit­ere Beteiligte gegeben hat, die die bru­tale Attacke gefilmt und ins Netz gestellt haben, ist es ihr offen­sichtlich nicht gelun­gen, dieser hab­haft zu werden.

Das alles hätte Stra­che inner­halb rel­a­tiv kurz­er Zeit recher­chieren lassen kön­nen – dann hätte allerd­ings seine Het­zgeschichte so nicht erscheinen können!