Möglicherweise hat sich wirklich niemand etwas gedacht dabei. Weder der Besitzer jenes Kellers in der Gemeinde Marz, der laut „News“ von Nachbarn die „Höhle“ genannt wird und mit NS-Devotionalien inklusive einem überdimensionalen Hitler-Bild angefüllt ist, noch jene Freunde des Besitzers, die sich für die Filmsequenz im Nazi-Keller bereitwillig zur Verfügung gestellt haben und, eingehüllt in den Nazi-Schrott, fröhlich „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ singen.
Möglicherweise hat sich auch der ÖVP-Bürgermeister der Gemeinde nichts dabei gedacht, als er, befragt zu dem seltsamen Sammler und den zwei ÖVP-Gemeinderäten, die bei der fröhlichen Runde in der Hitler-Höhle mitsangen, erklärte, dass der Sammler des Nazi-Schrotts bisher nicht in Richtung Wiederbetätigung aufgefallen sei und die im Film zu sehenden Personen zur Teilnahme überredet wurden.
Möglicherweise glaubt der ÖVP-Landeshauptmannstellvertreter und Landesparteivorsitzender der ÖVP Burgenland tatsächlich, dass erst dann Konsequenzen gezogen werden müssten, „wenn es sich um nationalsozialistische Wiederbetätigung handelt”. Fürs erste sieht der ÖVP-Landeschef die Verantwortung tatsächlich beim Ortsparteiobmann. Der und nicht er soll sich mit der Sache befassen – der ÖVP-Landeschef ist erst bei erfolgter Wiederbetätigung zuständig. Im Hitler-Keller singend der Gemütlichkeit zuprosten, ist keine Angelegenheit für den ÖVP-Landeschef, solange es sich dabei nicht um Wiederbetätigung handelt.
Wenn sich so viel Stumpfsinn und Unsensibilität nicht nur in der Hitler-Höhle, sondern in aller Öffentlichkeit zeigen, dann ist man schon richtig froh, wenn wenigstens der ÖVP-Generalsekretär den unverzüglichen Rücktritt der beiden ÖVP-Gemeinderäte fordert und sich darüber wundert, wie jemand so wenig Geschichtsbewusstsein an den Tag legen könne.
Damit man nicht vergisst, dass sich das alles in der österreichischen Realität abspielt, darf der Höhlen-Mensch auch noch erbost erklären: „Mir reicht’s, durch diesen Rummel wird in der Öffentlichkeit ein völlig falsches Bild von mir gezeichnet.” Inzwischen erklärten die beiden ÖVP-Gemeinderäte ihren Rücktritt und sind aus der Partei ausgetreten, der Landesparteiobmann zeigt sich immerhin zufrieden: „Für die Landesorganisation ist die Angelegenheit damit beendet”, während der ÖVP-Bundesparteichef dazu überhaupt keinen Kommentar abgeben will: „Das ist eine Angelegenheit der ÖVP Burgenland.” (Der Standard)
Siehe auch: ORF Burgenland.