Wien: Wieder ein „Thiazi“-Nazi verurteilt

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Fer­di­nand Schör­ner, der „blu­ti­ge Fer­di­nand“ , war einer der bru­tals­ten Offi­zie­re der Deut­schen Wehr­macht. Der fana­ti­sche Natio­nal­so­zia­list, der bis zur Kapi­tu­la­ti­on Sol­da­ten und Offi­zie­re in Him­mel­fahrts­kom­man­dos ver­heiz­te, um dann selbst­un­ter­zu­tau­chen, wur­de von Hel­mut H. als Pseud­onym ver­wen­det, um in diver­sen Neo­na­zi-Foren zu pos­ten. Hel­mut H. (45) muss­te sich des­halb in der Vor­wo­che vor einem Wie­ner Geschwo­re­nen­ge­richt verantworten.

Gene­ral­feld­mar­schall Schör­ner, der von Hit­ler in sei­nem Tes­ta­ment noch zum Ober­be­fehls­ha­ber des Hee­res bestimmt wur­de, ver­such­te weni­ge Tage nach Hit­lers Selbst­mord in Zivil­klei­dung unter­zu­tau­chen, wur­de aber von ame­ri­ka­ni­schen Trup­pen gefan­gen genom­men und an die Sowjet­uni­on aus­ge­lie­fert, wo er zwar zu 25 Jah­ren Zwangs­ar­beit ver­ur­teilt, aber schon 1955 ent­las­sen wurde.

Hel­mut H., der sich GFM (für Gene­ral­feld­mar­schall) Schör­ner nann­te, war eben­falls ein über­zeug­ter Natio­nal­so­zia­list. Ange­klagt war er jetzt wegen der NS-Wie­der­be­tä­ti­gung, die er 2006 (!) im größ­ten Neo­na­zi-Por­tal, auf „thia­zi“ betrie­ben hat. Dort war er Mit­glied in der gehei­men Unter­grup­pe NSPF.

Laut Ankla­ge hat er dort 2006 neun ein­schlä­gi­ge Mel­dun­gen abge­setzt. Die haben ihn jetzt vor Gericht gebracht. Der Grund, war­um so spät gegen ihn ver­han­delt wur­de, liegt ganz offen­sicht­lich dar­in, dass die deut­schen Ermitt­lungs­be­hör­den das Mate­ri­al, das sie nach der Schlie­ßung von „thia­zi“ gefun­den haben, nach Sich­tung und Aus­wer­tung an den öster­rei­chi­schen Ver­fas­sungs­schutz wei­ter­ge­reicht haben. Das dau­er­te, führ­te aber schon in den letz­ten Mona­ten zu eini­gen Straf­pro­zes­sen und soll noch zu mehr als 20 wei­te­ren führen.

Wobei — das Mate­ri­al über den User „GFM Schör­ner“ könn­te auch aus den Bestän­den von „alter­me­dia“ stam­men. Die­ses Neo­na­zi-Forum wur­de näm­lich auch von den deut­schen Behör­den kurz­fris­tig hops genom­men, ist aber wie­der online. „GFM Schör­ner“ war jeden­falls in bei­den Nazi-Foren dabei – und auch noch in anderen.

Natür­lich wäre es denk­bar, dass der „GFM Schör­ner“ von „thia­zi“ bzw. dem „Natio­nal­so­zia­lis­ten-Pri­vat­fo­rum“ nicht ident ist mit dem „GFM Schör­ner“ von „alter­me­dia“. Aller­dings schrieb er selbst auf „thia­zi“, dass er auch auf „alter­me­dia“ aktiv ist (27.8.2006, NSPF: „Ich habe vor eini­gen Tagen einen lan­gen Bei­trag auf Alter­me­dia geschrie­ben, als es um das Ver­sa­gen der NPD und Miß­stän­de ging“). Gefun­den haben wir ihn auch in einem Meid­lin­ger Forum. Das passt in mehr­fa­cher Hin­sicht: zum einen, weil Hel­mut H. ein Wie­ner ist, zum ande­ren, weil er ein rabia­ter Anti­se­mit ist und drit­tens, weil er sicher nicht nur 2006 aktiv war.


Bei­spiel eines Pos­tings aus dem NSPF von Thia­zi von „GFM Schör­ner”. Auch Mjöl­nir ist bekannt
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Im Meid­lin­ger Forum schrieb er 2008 einem anderen:

„Was machen sie auf einer Juden­hoch­zeit, noch dazu in einer Syn­ago­ge? Haben sie über­haupt kein bischen (sic!) Ehre im Leib?“

Wenn der GFM Schör­ner von Thia­zi aber der Schör­ner von Alter­me­dia und vom Meid­lin­ger Forum ist, dann sind weder Ankla­ge noch Ver­tei­di­gung stimmig.

Die Ankla­ge­spricht – laut „Stan­dard“ (19.11.2015) – von neun Pos­tings des „GFM Schör­ner“. Tat­säch­lich waren es aber Aber­dut­zen­de Pos­tings –allein im NSPF! „GFM Schör­ner“ nahm zu allem und jedem, was einen Nazi beson­ders beschäf­tigt, Stel­lung. So woll­te er von den ande­ren Nazis im Forum wis­sen, ob sie an den Holo­caust glau­ben und star­te­te eine Umfra­ge. Gleich­zei­tig mach­te er sich lus­tig über die „Holo-Sei­fen­ge­schich­te“ und dach­te für die Zukunft weiter:

“…. in dem Moment, wo das deut­sche Volk zu sich fin­den soll­te, besteht für den Juden die Gefahr, daß es ihn jeder­zeit wie­der so sehen könn­te wie er wirk­lich ist…. lang­fris­tig kann es nie wie­der eine Koexis­tenz die­ser zwei Pole geben. Ent­we­der der Jude, oder das deut­sche Volk“.

Vor Gericht gab sich der Neo­na­zi geläu­tert –alles ganz lan­ge zurück. Mitt­ler­wei­le – so der Ange­klag­te- habe er reflek­tiert, habe dazu­ge­lernt, eine Aus­bil­dung zum Diplom­in­ge­nieur gemacht. Dazu hat er 2006 auch schon eine Mei­nung gehabt:

„Es ist viel bes­ser, wenn jemand als über­zeug­ter NSler eine gute Stel­lung hat, wie wenn ein Nicht-NSler die­se Stel­lung beklei­det. Vom Juden ler­nen heißt Sie­gen ler­nen, heißt Ein­fluß gewin­nen…. Unser Ziel muß es sein, nach oben zu kom­men. Gera­de auch im Feind­sys­tem!“ (19.11.2006, NSPF).

Die Ein­trä­ge im NSPF auf“ thia­zi“ unter dem Namen „GFM Schör­ner“ enden 2006. Was dafür maß­geb­lich war bzw. ob er unter ande­rem Nick­na­me wei­ter­ge­pos­tet hat, ist unklar. Bei „alter­me­dia“ ist „GFM Schör­ner“ aber noch 2011 aktiv:

„Sie sagen es ja selbst: der Jude tritt für “Mul­ti­kul­ti” aus purem Eigen­nutz als Min­der­heit ein. Dort, wo der Jude als Min­der­heit lebt, tritt er für Völ­ker­mord durch Mas­sen­ein­wan­de­rung und Durch­ras­sung ein“.

Der „Stan­dard schreibt in sei­nem Bericht über den Prozess:

„Links­li­be­ral ist H. noch immer nicht. Von Bei­sit­zer Georg Olschak wird er etwas in die Enge getrie­ben, als es um die Atten­tä­ter vom 20. Juli 1944 geht oder um die Fra­ge, wie vie­le Men­schen im Holo­caust ver­nich­tet wur­den. H. wür­de sich schon mehr Dis­kus­sio­nen über Details wün­schen. Dass es die Shoa eben­so wie Gas­kam­mern gege­ben hat, bejaht er aber, ohne zu zögern“.

Das Geschwo­re­nen­ge­richt erkennt Hel­mut H. der NS-Wie­der­be­tä­ti­gung ein­stim­mig für schul­dig. Die Haft­stra­fe von 16 Mona­ten bedingt ist bereits rechtskräftig.