FPÖ: Die „Sozialschmarotzer“ sind wieder da!

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Der „Kampf gegen Sozi­al­schma­rot­zer“ soll die FPÖ-Poli­tik bis zur nächs­ten Wahl prä­gen, schreibt die APA nach einem Gespräch FPÖ-Chef Stra­che am 17. Jän­ner 2012. Damit gemeint sei­en etwa Men­schen, die „durch die Min­dest­si­che­rung fast genau­so viel ver­die­nen wür­den wie ein flei­ßi­ger Arbeitnehmer”.

Im Inter­view mit dem Stan­dard am glei­chen Tag wur­de Stra­che zwar nicht „kla­rer“, ver­lor aber immer­hin ein paar Wor­te mehr zum The­ma: „Wir haben heu­te in Öster­reich Situa­tio­nen, wo sowohl Öster­rei­cher als auch Zuge­wan­der­te kei­ner Arbeit nach­ge­hen wol­len und dem Sozi­al­staat gezielt auf der Tasche lie­gen. Vie­le leben mit ihrem Part­ner zusam­men, ver­mit­teln jedoch den Ein­druck, als wären sie Allein­er­zie­her, um noch mehr Sozi­al­mit­tel zu bekom­men. Die­se Lücken muss man auch schlie­ßen. Man muss bei öster­rei­chi­schen Sozi­al­schma­rot­zern anset­zen und vor allem auch bei Zuge­wan­der­ten, die glau­ben, dass sie nichts leis­ten müs­sen, und nur kas­sie­ren wollen.“

Bei­de Bei­spie­le sind völ­lig absurd:

  • Selbst der nied­rigs­te Kol­lek­tiv­ver­trag in Öster­reich – und der ist wirk­lich unzu­mut­bar nied­rig – führt zu einem Ein­kom­men, das um 35% über der Min­dest­si­che­rung liegt.
  • Die Fami­li­en­zu­schüs­se im Arbeits­lo­sen­ver­si­che­rungs­recht, auf die Stra­che anspielt, lie­gen bei € 0,97 pro Tag, also nicht ein­mal € 30 im Monat. Die Behaup­tung ist schlicht­weg lachhaft;
  • Mehr als ein Drit­tel der Min­dest­si­che­rungs­be­zie­he­rIn­nen erhal­ten Min­dest­si­che­rung zusätz­lich zu schlecht ent­lohn­ter Erwerbs­ar­beit (ca. 20% davon sogar zu Vollzeiterwerbstätigkeit).
  • Dass Stra­che fak­ten­ba­sier­te Argu­men­ta­ti­on für unnö­tig hält, ist nichts Neu­es. Gera­de die letz­ten Tage mit sei­ner wider­li­chen Het­ze gegen Asyl­wer­ber (für ihn „Asy­lan­ten“) haben das deut­lich gemacht.

    Den­noch erreicht er im Stan­dard-Inter­view eine neue Dimen­si­on an Bös­ar­tig­keit:, indem er Min­dest­si­che­rung­be­zie­he­rIn­nen Sozi­al­be­trug im Aus­maß von 6,5 Mia Euro zuord­net. „Ich habe gesagt, dass es Men­schen gibt, die heu­te gezielt die Min­dest­si­che­rung kas­sie­ren und dane­ben schwarz arbei­ten gehen. Allei­ne der Schwarz­ar­beits­markt macht in Öster­reich 6,5 Mil­li­ar­den Euro aus. Man­che sagen das auch locker in ihrem Bekann­ten­kreis. Sie bezie­hen die Min­dest­si­che­rung, bekom­men Wohn­bei­hil­fe, arbei­ten schwarz, am Ende haben sie dann 1700 Euro im Monat. Das ver­steht ein flei­ßi­ger Arbei­ter oder eine Kas­sie­re­rin beim Bil­la nicht.“

    Mag sein, dass ein Arbei­ter oder eine Bil­la-Ver­käu­fe­rin das nicht ver­steht, aber ein Teil des Unver­ständ­nis­ses liegt wohl dar­in begrün­det, dass die Behaup­tung nicht rich­tig ist. Wür­den tat­säch­lich aller erwerbs­fä­hi­gen Min­dest­si­che­rungs­be­zie­he­rIn­nen ca. € 900,- im Monat an Schwarz­ar­beit ver­die­nen, käme auf die­se Wei­se bes­ten­falls eine Sum­me von ca. 500 Mio. her­aus. Aller­dings ist das aus den bereits beschrie­be­nen Grün­den (etwa 35% der Bezie­he­rIn­nen sind ohne­hin erwerbs­tä­tig) völ­lig unmög­lich. Außer­dem passt der Befund mit der Rea­li­tät der Schwarz­ar­beit nicht zusam­men: Schwarz­ar­beit wird näm­lich zu über 85% von Unter­neh­men orga­ni­siert, die – etwa im Bau, aber auch bei per­sön­li­chen Dienst­leis­tun­gen – einen Teil ihrer Leis­tun­gen eben unver­steu­ert anbie­ten kön­nen, weil die not­wen­di­ge Infra­struk­tur ohne­hin vor­han­den ist.

    FPÖ-Chef Stra­che lie­fert uns einen pla­ka­ti­ven Vor­ge­schmack auf die het­ze­ri­schen Fall­bei­spie­le, mit denen er den nächs­ten Wahl­kampf zu füh­ren gedenkt. Fak­ten spie­len dabei kei­ne Rolle.