Lesezeit: 7 Minuten

Wien: Braune Barden im Anmarsch!

Für den 27.10.2011 hat sich die Nazi-Band Death in June für Wien ange­sagt. Die Pro­mo­ti­on für die Euro­­pa-Tour von Death in June läuft vor­wie­gend über Netz­wer­ke. Das Kon­zert, das Death in June gemein­sam mit Fire & Ice und Vur­g­art geben, wird als Pri­vat­ver­an­stal­tung bewor­ben. So ver­su­chen die Ver­an­stal­ter, das Wie­ner Ver­an­stal­tungs­ge­setz und das NS-Ver­­­bots­­ge­­setz zu […]

25. Okt 2011

Death in June: Hom­mage an SA- Chef Röhm

Die Bezeich­nung Death In June (Tod im Juni) ist eine Hom­mage an Ernst Röhm, den lang­jäh­ri­gen Füh­rer der SA, der Sturm­ab­tei­lung der NSDAP. Zwar strei­tet Dou­glas Pear­ce dies als Grund für die Namens­ge­bung ab, aber ver­schie­de­ne State­ments unter­mau­ern die­se Annahme.

Pear­ce: „Auf der Suche nach einer zukünf­ti­gen poli­ti­schen Per­spek­ti­ve stol­per­ten wir über den Natio­nal­bol­sche­wis­mus, der sich wie ein Leit­fa­den durch die Hier­ar­chie der SA zog. Leu­te wie Gre­gor Stras­ser und Ernst Röhm (…) fie­len uns auf.” (1) Neben der Namens­ge­bung hul­dig­ten Death in June auch mit ihren ers­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen dem SA-Füh­rer Röhm. Die Maxi Hea­ven Street und die Sin­gle Sta­te Laugh­ter erhiel­ten die Kata­log­num­mern SA 290634 bezie­hungs­wei­se SA 300634 auf dem eigens für Death in June gegrün­de­ten Label New Euro­pean Recor­dings (NER). Die Daten ste­hen für die Nacht vom 29. auf den 30. Juni 1934, die als „Röhm­putsch” in die Geschich­te einging.

Das bekann­te­re der bei­den Band­sym­bo­le wur­de mit dem Erschei­nen der ers­ten Sin­gle Sta­te Laugh­ter 1982 ein­ge­führt. Auf dem Cover prang­te ein SS-Toten­kopf, das Sym­bol der sol­da­ti­schen Eli­te des Natio­nal­so­zia­lis­mus. Dass die Wahl die­ses Sym­bols bewusst getrof­fen wor­den ist, hob Pear­ce im Inter­view mit dem rech­ten Sze­ne­ma­ga­zin Sigill her­vor: „Ja, Death in June hat immer alles mit sünd­lo­sem gutem Geschmack getan und mit dem pas­sen­den Ver­ständ­nis zur Ästhe­tik und dem Sym­bo­lis­mus hin­ter den Din­gen.” (2) Laut Pear­ce ver­wen­det sei­ne Band den SS-Toten­schä­del aus den glei­chen Grün­den wie die SS: „Es zeigt den tota­len Ein­satz. Und es zeigt dei­nen Fein­den, dass sie nicht tole­riert wer­den.” (3)

Am Cover des Albums All pigs must die prä­sen­tiert sich Pear­ce im Tarn­fleck der Waf­fen-SS, in der rech­ten Hand hält er einen Dolch der SA mit der Auf­schrift: „Alles für Deutsch­land” Pear­ce ver­wen­det in die­sem Album auch anti­se­mi­ti­sche Codes. So wird im Lied We said des­troy II offen auf das ortho­do­xe Juden­tum ange­spielt, aus Shake­speares Der Kauf­mann von Vene­dig zitiert und indi­rekt die dort han­deln­de Per­son des Shy­lock auf­ge­ru­fen. In einem ande­ren Lied ist von shy­lock pig­gies die Rede, der Titel der gesam­ten Ver­öf­fent­li­chung lau­tet dann auch All pigs must die. (4)

Von Death In June befin­den sich gleich zwei Alben auf dem deut­schen Index. So etwa der Ton­trä­ger mit dem bezeich­nen­den Namen Brown Book. Dass es sich dabei um eine posi­ti­ve Retro­spek­ti­ve auf das Drit­te Reich und die SA han­delt, spie­gelt sich in einer dar­auf befind­li­chen a cap­pel­la Ver­si­on des Horst-Wes­sel-Lie­des, das einem Trau­er­ge­sang ähnelt.

Auf dem Ton­trä­ger befin­det sich auch das Lied Runes and Men, dem es weni­ger um Runen, als vor allem um den Traum von ver­gan­ge­nen Zei­ten geht: „Then my loneli­ne­ss clo­ses in / So, I drink a Ger­man wine / And drift in Dreams of other Lives / And grea­ter Times” Das Lied wird getra­gen von einem Sam­ple aus einer Rede des Gau­lei­ters von Mün­chen-Ober­bay­ern, Adolf Wag­ner, der 1933 bay­ri­scher Innen­mi­nis­ter wur­de. Wag­ner recht­fer­tig­te in ihr die Ermor­dung der SA-Füh­rung im Juni 1934. Ein der­ar­ti­ges Sam­ple ver­deut­licht, von wel­cher Zeit­pe­ri­ode der Sän­ger träum­te und immer noch träumt: „Wäh­rend ich mich in der Unsi­cher­heit des ‚Jetzt’ befin­de, seh­ne ich mich nach einer Zukunft vol­ler Freu­de und den gro­ßen Zei­ten des Ges­tern” (5), erläu­ter­te Pear­ce die Textpassage1997. Brown Book befin­det sich in der Indi­zie­rungs-Kate­go­rie B in Deutsch­land, wonach „abso­lu­tes Ver­brei­tungs­ver­bot” besteht. (6)

1992 reis­te Dou­glas Pear­ce wäh­rend des Krie­ges nach Kroa­ti­en, um ein Kon­zert mit Death In June zu geben. Gemein­sam mit Sini­sa Ocur­s­cak (Tehom), einem kroa­ti­schen Sol­da­ten einer Spe­zi­al­ein­heit, besuch­ten sie zuvor einen Front­ab­schnitt, der von einer Ein­heit der neo­fa­schis­ti­schen HOS-Miliz gehal­ten wur­de. (7) Für das Album The­rio­mor­phic Spi­rits von Ocur­s­cak, die in Koope­ra­ti­on mit Pear­ce ent­stand, ließ sich Ocur­s­cak mar­tia­lisch in einer Uni­form mit dem Emblem der HOS auf dem rech­ten Arm ablich­ten. Auf dem Logo der HOS, befin­det sich der Aus­spruch „Za dom sprem­ni”, der von der faschis­ti­schen Usta­scha- Bewe­gung aus­ge­ge­ben wur­de. (8)

Dar­auf nimmt auch Dou­glas Pear­ce Bezug, indem er auf den Vinyl-Plat­ten des Death In June-Albums Some­thing is Coming den Schrift­zug „Hva­la Din­ko! Za dom sprem­ni?” (9) ein­gra­vie­ren lasst; was soviel heißt wie: „Dan­ke Din­ko! Für das Vater­land, jetzt?” (10) Eine wei­te­re Gra­vur lässt sich eben­falls auf der LP fin­den: „This is the Hosrotorvator.…”.

Vor die­sem Hin­ter­grund ist auch die Soli­da­ri­tät von Pear­ce mit Kroa­ti­en wäh­rend des jugo­sla­wi­schen Bür­ger­kriegs zu sehen, als der Erlös des DIJ-Albums Kapo! – das teil­wei­se auch in Kroa­ti­en auf­ge­nom­men wur­de – an die Bol­ni­ki-Kli­nik in Zagreb gespen­det wur­de: „Das war kei­ne rei­ne huma­ni­tä­re Ges­te. Es war eine kul­tu­rel­le. Es war eine sozio-euro­päi­sche poli­ti­sche Ges­te.” (11)

Für Pear­ce stand in die­sem Krieg Kroa­ti­en „an der Spit­ze der euro­päi­schen Kul­tur und Zivi­li­sa­ti­on. Sym­bo­lisch bedeu­tet die­ser Krieg alles” (12)Ein Kon­flikt, der damals inter­na­tio­nal bei den Neo­na­zis hoch im Kurs stand und vie­le von ihnen bewog an der Sei­te der HOS zu kämp­fen. „Kroa­ti­en könn­te das ers­te natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Land wer­den nach Deutsch­land”, so ein Neo­na­zi bei der HOS-Miliz gegen­über dem Spie­gel 1992. (13)

Um den poten­ti­el­len zukünf­ti­gen „Gruf­ties mit Glat­ze” eine bild­haf­te Vor­stel­lung von Death In June und dem ent­spre­chen­den Seg­ment der Schwar­zen Sze­ne zu geben, griff das rech­te Skin­head-Fan­zine Rock Nord zu fol­gen­dem Ver­gleich: „Will man dem Leser, der Death In June & Co. nicht kennt, einen musi­ka­li­schen Ver­gleich lie­fern, konn­te man da gut und ger­ne einen Frank Ren­ni­cke erwäh­nen, des­sen CDs den neue­ren DIJ doch sehr ähneln. Damit dürf­te wohl auch das Inter­es­se des letz­ten Rock Nord Lesers geweckt sein.” (14) Der Arti­kel wur­de erneut in Volks­treue Zei­ten, Heft für den natio­na­len Wider­stand Sach­sen-Anhalt veröffentlicht.

Ren­ni­cke ist ein Lie­der­ma­cher, der vor­wie­gend auf Ver­an­stal­tun­gen der NPD auf­tritt und alte deut­sche Wei­sen, Marsch­lie­der der Bewe­gung und selbst­er­son­ne­nes rech­tes Lied­gut vorträgt.

Fire & Ice: Bru­der im Geist

Fire & Ice ist eine 1991 gegrün­de­te eng­li­sche Neo­folk-Band um den Front­mann Ian Read. Read betei­lig­te sich u.a. an Alben wie Swas­tikas for Nod­dy 1996 von Cur­rent 93 und Brown Book von Death In June. Wenig spä­ter wirk­te er bei Sol Invic­tus mit und grün­de­te die Band Fire & Ice.

In einem Inter­view mit dem Dark Wave-Fan­zine Sigill (Nr. 8 ) erklärt Read, als er auf „faschis­ti­sche und ras­sis­ti­sche Ideen“ ange­spro­chen wird:

Kei­ne Idee ist völ­lig wert­los. Die Deut­schen hat­ten einen rie­si­gen Kom­plex, der ihnen, ehr­lich gesagt, von einer Nach­kriegs­ge­hirn­wä­sche ein­ge­impft wor­den war. (…) Deut­sche Magi­er soll­ten sich wirk­lich von den Mei­nun­gen dar­über was „kor­rekt“ ist und was nicht (…), die ihnen die Leu­te auf­ge­drängt haben, befreien.

Das Fan­zine „Sigill“ wur­de von Ste­phan Pock­randt herausgegeben.

Vur­g­art

Ist ein ver­mut­lich aus dem Saar­land kom­men­der Folk-Bän­kel­sän­ger. Wir haben sonst nichts Bedenk­li­ches gefun­den – bisher!

Fuß­no­ten

1 Richards, Derek B.: Death in June. In: Zil­lo, Heft 5, 1992
2 Sexy Uni­forms. In: Sigill, Nr. 6, 1994
3 Dou­glas Pear­ce in einem Selbst­por­trait, in: The Feve­rish, Nr. 5
4 http://www.turnitdown.de/91.htm
5 Vgl.: Death In June. Das Inter­view (20.4.1997). In: Die Pest, Nr. 6, 1997
6 http://de.wikipedia.org/wiki/Bundespr%C3%BCfstelle_f%C3%BCr_jugendgef%C3%A4hrdende_Medien 
7 „Nach dem Aus­flug zur Front folg­te ein Besuch des HOS-Haupt­quar­tiers in Zagreb. Hier mach­te Pear­ce einig Fotos von der ‚Todes­mau­er’, die für die Gestal­tung des Ton­trä­gers Death In June pres­ents KAPO! ver­wandt wur­den.” In: Ästhe­ti­sche Mobil­ma­chung, Unrast Ver­lag 2002, S. 150
8 http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/1564506/Nazi-salutes-to-Croatian-rock-star-Thompson.html  
9 http://www.deathinjune.net/disco/dij-somethingiscoming.htm
10 Ver­mut­lich wird hier auf Din­ko Šakić Bezug genom­men: Din­ko Šakić (Sep­tem­ber 8, 1921 – July 20, 2008) was a con­vic­ted Croa­ti­an war cri­mi­nal, an army lea­der of the fascist Inde­pen­dent Sta­te of Croa­tia (NDH), estab­lished under Third Reich and Ita­li­an tutela­ge, and com­man­der of the Jasen­o­vac con­cen­tra­ti­on camp during World War II.
11 Phil­lip: Death In June
12 Thiel Mar­co: Death In June. In: Euro­pa­kreuz, Nr. 2, 1996
13 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d‑13682359.html
14 Thiel, Mar­co [Her­aus­ge­ber des neo­fa­schis­ti­schen Dark-Wave und Indus­tri­al-Maga­zins Euro­pa­kreuz]: Rose clouds of holo­caust — die eng­li­sche Band Death In June. In: Rock Nord, Nr. 26, 1997

Verwandte Beiträge

Keine Beiträge mehr verpassen: Email-Benachrichtigung aktivieren
abgelegt unter: Dokumentation