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Der Beirat von SdR: Manfred Walter

Wann beginnt man sich als Anti­fa­schist zu füh­len? Wann beginnt anti­fa­schis­ti­sches Enga­ge­ment? Gibt es da ein Schlüs­sel­er­leb­nis? Die Fra­gen sind für man­che leicht zu beant­wor­ten, für ande­re wie­der­um nicht. Ich zäh­le mich zu den Anderen.

30. Okt 2018
Manfred Walter, Sprecher "Heimat ohne Hass"
Manfred Walter, Sprecher "Heimat ohne Hass"

Das „Wer­den“ des Man­fred W. zum akti­ven Anti­fa­schis­ten war ein dyna­mi­scher Pro­zess. Ich habe mich in den letz­ten Tagen sehr inten­siv damit aus­ein­an­der­ge­setzt, um die­sen Zei­len eine gewis­se Quint­essenz zu geben. Das ers­te Mosa­ik­stein­chen war sicher das Erler­nen der Kul­tur­tech­nik „Lesen“. Das klingt jetzt sehr banal. Eines der ers­ten Bücher, die mich als Kind fas­zi­nier­ten, war ein dicker, fet­ter Schmö­ker über den Zwei­ten Welt­krieg mit einer Unmen­ge Fotos. Es war die Fas­zi­na­ti­on des Destruk­ti­ven, des Zer­stö­ren­den, das mich als Volks­schü­ler in den Bann zog.

Ein Satz mei­nes Onkels brach­te mich dann dazu, mich mit der Vor- und auch der Nach­ge­schich­te des Zwei­ten Welt­kriegs näher zu befas­sen. „In einem Krieg ist nie­mand Sie­ger“, ant­wor­te­te er auf mei­ne Fra­ge, wer denn gewon­nen hät­te. Die­ser Moment war viel­leicht die Initi­al­zün­dung, der Beginn einer lan­gen Ent­wick­lung zu dem über­zeug­ten Anti­fa­schis­ten, der ich heu­te bin. Die Bil­der von Zer­stö­rung, die Berich­te über das größ­te Mensch­heits­ver­bre­chen, die ver­het­zen­de Pro­pa­gan­da haben eine nach­hal­ti­ge Wir­kung auf mich gehabt. Schon als Kind, als Teen­ager wuss­te ich, dass ich die­se Höl­le nicht auch erle­ben wollte.

Als 1986 Jörg Hai­der die Macht in der FPÖ erlang­te, war ich bereits poli­tisch sozia­li­siert. Sei­ne Pro­gram­ma­tik, sei­ne Reden, sei­ne Rhe­to­rik erin­ner­ten mich zu sehr an das Drit­te Reich, um die­sen Mann mit einem Schul­ter­zu­cken hin­zu­neh­men, und der jun­ge Man­fred begann sich ganz offen, öffent­lich und aktiv gegen den neu­en Faschis­mus zu stel­len. Und das mach ich aus tiefs­ter Über­zeu­gung bis heute.

Jedoch hat sich in der Ver­brei­tung neo­fa­schis­ti­scher Pro­pa­gan­da vie­les geän­dert. Waren es in mei­ner Jugend noch haupt­säch­lich Hin­ter­zim­mer in Wirts­häu­sern und Woh­nun­gen von Nazi­ak­ti­vis­ten, hat das Inter­net die Ver­brei­tung extrem erleich­tert. Elek­tro­ni­sche Medi­en und hier vor allem die sozia­len Platt­for­men tra­gen die Inhal­te der Neo­fa­schis­ten in jedes Wohn­zim­mer, auf jedes mobi­le Gerät. Hier ent­ge­gen­zu­hal­ten, da bedarf es eines lan­gen Atems und einer noch dicke­ren Haut.

Als ein paar Freun­dIn­nen und ich vor eini­gen Jah­ren die Initia­ti­ve Hei­mat ohne Hassins Leben geru­fen haben, wur­den Din­ge, die heu­te ganz selbst­ver­ständ­lich öffent­lich gesagt wer­den, noch in ver­steck­ten, gehei­men Zir­keln gepos­tet und kom­men­tiert. Und ein Ende die­ser huma­nis­ti­schen Abwärts­spi­ra­le ist noch nicht abzu­se­hen. Daher wird es auch wei­ter­hin wich­tig sein, dage­gen­zu­hal­ten, auf­zu­klä­ren und die Täte­rIn­nen zu benen­nen. Karl Öllin­ger und stopptdierechten.at haben die­sen lan­gen Atem und die­se dicke Haut. Des­halb bin ich sehr ger­ne und sehr geehrt der Bit­te nach­ge­kom­men, mich im Rah­men der Reor­ga­ni­sa­ti­on von „SdR“ im Bei­rat der Platt­form einzubringen.

Man­fred Wal­ter (Jg. 1968) ist im Ursprungs­be­ruf Elek­tri­ker und der­zeit stell­ver­tre­ten­der Betriebs­rats­vor­sit­zen­der für das all­ge­mei­ne Per­so­nal an der Johan­nes Kep­ler Uni­ver­si­tät, Bun­des­vor­sit­zen­der der Unab­hän­gi­gen Gewerk­schaf­te­rIn­nen im öffent­li­chen Dienst (UGÖD) und Spre­cher der Initia­ti­ve gegen Rechts­extre­mis­mus und Frem­den­feind­lich­keit in den Sozia­len Medi­en „Hei­mat ohne Hass“

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