Die Argumente der anderen sind wenig überzeugend. Der Verweis der ÖVP auf das Jahr 1933 ist vollkommen unpassend. 1933 sind drei Nationalratspräsidenten zurückgetreten – und nicht abgewählt worden. Sozialdemokraten und Großdeutsche haben dann versucht, das Parlament zu reaktivieren und es waren die Polizisten von Dollfuß, die den Abgeordneten den Zutritt zum Parlament verweigert haben. Auch die Sorge, dass ein Nationalratspräsident mit seiner heiklen Aufgabe nicht tagespolitischen Zwängen ausgesetzt sein soll, überzeugt nicht. Beim Rechnungshofpräsidenten stört das nämlich niemand. Der Rechnungshofpräsident kann sogar mit einfacher Mehrheit – also von der Regierungsmehrheit, die erkontrolliert – abgewählt werden.
Graf darf daher mit Legitimation von SPÖ und ÖVP weiter in seiner Funktion als dritter Nationalratspräsident den Vorsitzenden der Kultusgemeinde beschimpfen, seinen Mitarbeiterstab aus der rechtsextremen Szene rekrutieren oder international geächtete Rechtsextremisten ins Parlament einladen. Solange er sich nicht strafbar macht, ist das für die ÖVP kein Problem. Was in anderen Ländern selbstverständlich ist, dass bestimmte extremistische Positionen mit Staatsfunktionen unvereinbar sind, gilt nicht für Österreich. Beendet ist diese Debatte aber nicht. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Graf mir seinen rechtsextremen Provokationen die Diskussion um seine Abwahl neu befeuert.
Text: Albert Steinhauser