Martin Sellner weiß, worauf es ankommt: Es gibt kaum eine Aussage von ihm, in der er sich nicht von Gewalt distanziert. Natürlich auch von der in Christchurch. Da wird er sogar ziemlich rabiat: „Alle tweets, in denen behauptet wird ich würde das Attentat in Neuseeland verteidigen oder rechtfertigen, wurden an meinen Anwalt weitergeleitet.“
Die Spende in der Höhe von 1.500 Euro, die der Attentäter von Christchurch schon 2018 getätigt hat, wurde aber brav verheimlicht – bis zur Hausdurchsuchung am 26.3.. Während Sellner sich bislang abmühte, eine möglichst große Distanz zum Attentäter und seinem Manifest „Der große Austausch“ zu markieren („Tatsächlich gibt es kaum jemanden im rechten Lager, der diesen Manifest-Aufrufen folgt“), sind seine Mitstreiter durchaus angetan davon.
Als einen „isolierten lone wolf“ will Sellner den Attentäter darstellen, vergisst dabei aber, dass er selbst in einem seiner Videos ziemlich gut beschrieben hat, wie dermaßen „isolierte“ „einsame Wölfe“ von ihm selbst auf den Weg geschickt wurden.
Nach dem jihadistischen Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 veröffentlichte Sellner ein Video, das er rasch wieder löschte. Nicht schnell genug für manche UserInnen (danke an H.K. für Hinweis und Video!). Am 20.12. 2016 stellte er sein Video („3 Dinge, die wir nie wieder hören wollen“) online, in dem es von Drohungen nur so wimmelt.
„Und ich sag euch allen, wir sehen GANZ GENAU, was ihr sagt. Wir beobachten GANZ GENAU, was ihr tut und was ihr twittert. Alles, was ihr tut und macht, behalten wir in Erinnerung. Wir wissen genau, was ihr letzten Sommer getan habt. Und werden uns merken, wer in dieser Phase – wo eure Multikulti-Ideologie noch tun und machen und lassen kann, was sie will – diese Lügen, diesen Wahnsinn verbreitet hat. (…) Wir werden uns das merken und diese Leute werden – das ist auch meine persönliche Hoffnung – von der Geschichte zur Verantwortung gezogen werden.“
„Diese Leute – und nicht die Einwanderer – sind unsere wahren Feinde. (…) Diese Leute müssen wir loswerden.“
An dieser Stelle folgen dann die üblichen Distanzierungsformeln, die Sellner routiniert einfließen lässt, bevor er seine einsamen Wölfe auf die Reise schickt:
„Unsere Antwort dürfen nicht Gewalt oder Gegenterror sein – obwohl ich befürchte, dass es bald von einigen verzweifelten und wütenden, ohnmächtigen Rechten radikalere und extremistischere Antworten geben wird – sondern unsere Antwort darauf muss der politische Protest sein; diese Politiker austauschen, bevor sie den großen Austausch zu Ende gebracht haben. Denn dessen Ende ist, wie wir sehen, in der Endphase blutig und mörderisch.“
Und hier die Geburt der einsamen Wölfe von Sellners Gnaden:
„Ich rufe alle Patrioten dazu auf, diesen Anschlag (…) zum Anlass zu machen, zum Impuls zu machen, zum Schneidepunkt und Wendepunkt im Leben zu machen: Ihren Beruf, wenn es sein muss, zu kündigen; ihre Beziehung, wenn es sein muss, zu beenden; mit ihrer Familie, wenn es sein muss, zu brechen; ihre Prüfungen, ihre Semester, ihre Studien abzubrechen und sich voll und ganz der Verteidigung Europas zu widmen.“
Ob der Attentäter und Massenmörder von Christchurch Sellners Aufruf mitverfolgt hat? Vermutlich nicht – aber gehandelt hat er ziemlich exakt danach!